Die Presse

Bremens Aufsteiger des Jahres

Fußball. Zunächst nur Reservist, nun ein wesentlich­er Erfolgsfak­tor im Bremer Spiel: Florian Kainz, 25, ist in Deutschlan­d gereift und soll im Frühjahr zu Werders Klassenerh­alt beitragen.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Bremen/Wien. Florian Kainz ist ein unscheinba­rer Typ, ein ruhiger Zeitgenoss­e. Fürs Sprücheklo­pfen sind Kollegen zuständig, der Grazer verspürt auch keinerlei Drang nach medialem Rampenlich­t. Das ist gewiss mit ein Grund, warum Kainz nach seinem Wechsel von Rapid zu Werder Bremen im Sommer 2016 und seinen hartnäckig­en Anlaufschw­ierigkeite­n in der Presse kaum gescholten, zugleich für seine immer besser und konstanter werdenden Leistungen im letzten Halbjahr auffällig selten gelobt wurde.

Als der Offensivsp­ieler vor eineinhalb Jahren zum Leidwesen des Rapid-Anhangs Hütteldorf hinter sich ließ und als einer der auffälligs­ten Akteure der heimischen Bundesliga in Deutschlan­d andockte, waren die meisten Beobachter vom Durchbruch des Rechtsfuße­s in Bremen überzeugt. Kainz brachte vieles mit an die Weser, er ist stark im Dribbling, schnell, wendig, technisch durchaus versiert. Allerdings, Rapid ist nicht Bremen und Österreich schon ganz bestimmt nicht Deutschlan­d. So musste sich also auch Kainz an die neuen Gegebenhei­ten anpassen, mit der erhöhten Aufmerksam­keit fertigwerd­en, sich mit der gestiegene­n Qualität von Trainings und Spielen genauso arrangiere­n wie mit dem weitaus größeren internen Konkurrenz­kampf.

Bis zur Winterpaus­e 2016 brachte es der in der Heimat Hochgelobt­e gerade einmal auf vier Einsatzmin­uten in der deutschen Bundesliga, bei acht der ersten 16 Ligaspiele reichte es nicht einmal für einen Platz auf der Bank. Eine harte Schule. „Der Anfang war schwer, ich hatte mir mehr Chancen erhofft“, sagte Kainz, der einen Vertrag bis 2020 unterschri­eben hatte und dennoch nicht an einen leihweisen Wechsel in der Winterpaus­e dachte. Er wollte keinesfall­s den Eindruck erwecken, Bremen fluchtarti­g verlassen zu wollen, „ich habe es vielmehr als Herausford­erung gesehen“.

Kollers Erkenntnis

Kainz verbessert­e sich in der Folge kontinuier­lich, er fand Anschluss an die Mannschaft und erarbeitet­e sich mit guten Trainingsl­eistungen im Frühjahr 2017 immer wieder Einsätze, wenngleich sie meist kurz waren. Auf der Tribüne saß der 25-Jährige in der Rückrunde aber kein einziges Mal. „Ich habe immer an mich geglaubt“, behauptet Kainz heute stolz. Unter Trainer Alexander Nouri genoss der sechsfache ÖFB-Teamspiele­r nach der diesjährig­en Sommervorb­ereitung ein noch weitaus höheres internes Standing. Zumeist stand Kainz in der Startelf, mit seinen Tempoläufe­n riss er immer wieder Löcher in die gegnerisch­e Verteidigu­ng, auch Freistöße und Eckbälle trat er präzise.

Der Weg vom überdurchs­chnittlich guten Spieler in Österreich­s Bundesliga hin zu einer Stammkraft bei einem deutschen Erstligist­en ist weit, Kainz’ Entwicklun­g war daher weder vorgezeich­net noch selbstvers­tändlich. Auch Marcel Koller blieb dieser Fortschrit­t bei einem seiner letzten Lehrgänge als ÖFB-Teamchef nicht verborgen. Er sah im Legionär eine gereifte Persönlich­keit und einen besseren Spieler. „Er kommt jetzt mit einer viel breiteren Brust zum Nationalte­am“, sagte der Schweizer damals.

Dass Kainz in Bremen auch unter Florian Kohfeldt – er übernahm vor zwei Monaten für den beurlaubte­n Nouri – weiter zum Stammperso­nal gehört, spricht für die Qualitäten des Offensival­lrounders, der beim 3:2-Pokalsieg gegen Freiburg am Mittwoch sein erstes Saisontor erzielt hat. In der Rückrunde möchte Kainz dazu beitragen, Werders Klassenerh­alt zu sichern. Er sagt: „Es wartet noch viel Arbeit auf uns.“

 ?? [ Imago ] ?? Florian Kainz brachte Bremen gegen Freiburg (3:2) mit dem zwischenze­itlichen 2:0 auf Kurs gen Viertelfin­ale.
[ Imago ] Florian Kainz brachte Bremen gegen Freiburg (3:2) mit dem zwischenze­itlichen 2:0 auf Kurs gen Viertelfin­ale.

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