Bremens Aufsteiger des Jahres
Fußball. Zunächst nur Reservist, nun ein wesentlicher Erfolgsfaktor im Bremer Spiel: Florian Kainz, 25, ist in Deutschland gereift und soll im Frühjahr zu Werders Klassenerhalt beitragen.
Bremen/Wien. Florian Kainz ist ein unscheinbarer Typ, ein ruhiger Zeitgenosse. Fürs Sprücheklopfen sind Kollegen zuständig, der Grazer verspürt auch keinerlei Drang nach medialem Rampenlicht. Das ist gewiss mit ein Grund, warum Kainz nach seinem Wechsel von Rapid zu Werder Bremen im Sommer 2016 und seinen hartnäckigen Anlaufschwierigkeiten in der Presse kaum gescholten, zugleich für seine immer besser und konstanter werdenden Leistungen im letzten Halbjahr auffällig selten gelobt wurde.
Als der Offensivspieler vor eineinhalb Jahren zum Leidwesen des Rapid-Anhangs Hütteldorf hinter sich ließ und als einer der auffälligsten Akteure der heimischen Bundesliga in Deutschland andockte, waren die meisten Beobachter vom Durchbruch des Rechtsfußes in Bremen überzeugt. Kainz brachte vieles mit an die Weser, er ist stark im Dribbling, schnell, wendig, technisch durchaus versiert. Allerdings, Rapid ist nicht Bremen und Österreich schon ganz bestimmt nicht Deutschland. So musste sich also auch Kainz an die neuen Gegebenheiten anpassen, mit der erhöhten Aufmerksamkeit fertigwerden, sich mit der gestiegenen Qualität von Trainings und Spielen genauso arrangieren wie mit dem weitaus größeren internen Konkurrenzkampf.
Bis zur Winterpause 2016 brachte es der in der Heimat Hochgelobte gerade einmal auf vier Einsatzminuten in der deutschen Bundesliga, bei acht der ersten 16 Ligaspiele reichte es nicht einmal für einen Platz auf der Bank. Eine harte Schule. „Der Anfang war schwer, ich hatte mir mehr Chancen erhofft“, sagte Kainz, der einen Vertrag bis 2020 unterschrieben hatte und dennoch nicht an einen leihweisen Wechsel in der Winterpause dachte. Er wollte keinesfalls den Eindruck erwecken, Bremen fluchtartig verlassen zu wollen, „ich habe es vielmehr als Herausforderung gesehen“.
Kollers Erkenntnis
Kainz verbesserte sich in der Folge kontinuierlich, er fand Anschluss an die Mannschaft und erarbeitete sich mit guten Trainingsleistungen im Frühjahr 2017 immer wieder Einsätze, wenngleich sie meist kurz waren. Auf der Tribüne saß der 25-Jährige in der Rückrunde aber kein einziges Mal. „Ich habe immer an mich geglaubt“, behauptet Kainz heute stolz. Unter Trainer Alexander Nouri genoss der sechsfache ÖFB-Teamspieler nach der diesjährigen Sommervorbereitung ein noch weitaus höheres internes Standing. Zumeist stand Kainz in der Startelf, mit seinen Tempoläufen riss er immer wieder Löcher in die gegnerische Verteidigung, auch Freistöße und Eckbälle trat er präzise.
Der Weg vom überdurchschnittlich guten Spieler in Österreichs Bundesliga hin zu einer Stammkraft bei einem deutschen Erstligisten ist weit, Kainz’ Entwicklung war daher weder vorgezeichnet noch selbstverständlich. Auch Marcel Koller blieb dieser Fortschritt bei einem seiner letzten Lehrgänge als ÖFB-Teamchef nicht verborgen. Er sah im Legionär eine gereifte Persönlichkeit und einen besseren Spieler. „Er kommt jetzt mit einer viel breiteren Brust zum Nationalteam“, sagte der Schweizer damals.
Dass Kainz in Bremen auch unter Florian Kohfeldt – er übernahm vor zwei Monaten für den beurlaubten Nouri – weiter zum Stammpersonal gehört, spricht für die Qualitäten des Offensivallrounders, der beim 3:2-Pokalsieg gegen Freiburg am Mittwoch sein erstes Saisontor erzielt hat. In der Rückrunde möchte Kainz dazu beitragen, Werders Klassenerhalt zu sichern. Er sagt: „Es wartet noch viel Arbeit auf uns.“