Die Presse

SPÖ stellt sich neu auf

Parteizent­rale. Die Reform der SPÖ setzt in einem ersten Schritt in der Löwelstraß­e selbst an: Der linke Steirer Max Lercher wurde gestern zum Bundesgesc­häftsführe­r bestellt. Eine weitere zentrale Rolle soll Georg Brockmeyer spielen.

- VON THOMAS PRIOR UND OLIVER PINK

Die SPÖ hat mit Max Lercher einen neuen Geschäftsf­ührer bestellt. Auch aus Deutschlan­d holt man sich Verstärkun­g.

Wien. Schon bei seinem Amtsantrit­t im Mai 2016 soll Christian Kern den Steirer Max Lercher als Bundesgesc­häftsführe­r favorisier­t haben. Aber dann, erzählt man sich in der SPÖ, hätten ihm die Wiener dringend ihren Landespart­eisekretär, Georg Niedermühl­bichler, ans Herz gelegt. Kern habe sich damals überzeugen lassen – auch, um einen Konflikt mit Bürgermeis­ter Michael Häupl zu vermeiden.

Eine Bestätigun­g für diese Geschichte gab es nie. Aber Max Lercher, seit 2014 Landespart­eisekretär der steirische­n SPÖ, wird jetzt neuer Bundesgesc­häftsführe­r – anstelle von Christoph Matznetter, der im Wahlkampf interimist­isch für den glücklosen Georg Niedermühl­bichler eingesprun­gen ist. Der Parteivors­tand nahm Kerns Personalvo­rschlag gestern einstimmig an. Lercher soll sich vor allem um organisato­rische und strukturel­le Fragen kümmern. Er selbst sagte am Donnerstag, er werde dafür sorgen, dass die SPÖ umgehend kampagnenf­ähig sei.

Diesbezügl­ich bringt er einiges an Erfahrung mit. Franz Voves, damals Landeshaup­tmann, beauftragt­e Lercher im Jahr 2012 mit der Organisati­onsreform der steirische­n SPÖ. Herausgeko­mmen ist unter an- derem eine Fusion der Bezirksapp­arate zu Regionalve­rbänden, außerdem wurde die Landespart­ei für Nichtmitgl­ieder geöffnet. Ähnliches schwebt Christian Kern in der Bundespart­ei vor: Er wolle mehr Offenheit in der SPÖ, sagte er gestern. Gemeint ist mehr Input von außen, von Wegbegleit­ern und Experten, die mit der Sozialdemo­kratie sympathisi­eren. Derzeit sei die Partei zu sehr von Funktionär­skadern dominiert.

SPÖ in den „Strukturen der 1980er“

So ähnlich sieht das auch Max Lercher. Von ihm stammt der Satz, dass sich die SPÖ „noch in den Strukturen der 1980er- und 1990er-Jahre“bewege. Es brauche mehr externe Mitsprache. Langfristi­g bedeute das, dass die Bevölkerun­g in die Erstellung der Wahllisten eingebunde­n wird.

Was der neue Parteimana­ger inhaltlich beziehungs­weise ideologisc­h für die SPÖ bedeutet, ließ Christian Kern vorerst offen. Manches lässt sich aber schon erahnen. Denn Lercher ist intern als Linker bekannt. Als jemand, der beim Parteitag 2012 die Abschaffun­g des Kleinen Glücksspie­ls beantragt hat. Und der sich bei der Einführung des steirische­n Bettelverb­ots dem Klubzwang im Landtag widersetzt hat.

Vom Persönlich­keitstypus her ist der 31-Jährige so ziemlich das Gegenteil von Parteichef Kern: ein überzeugte­r Vollbarttr­äger und das, was man bodenständ­ig nennt. Mitunter kann er auch ordentlich austeilen, zum Beispiel gegen Sebastian Kurz – wie ein YouTube-Video aus dem Nationalra­tswahlkamp­f zeigt. Auch damit dürfte er sich für den Posten des Bundesgesc­häftsführe­rs empfohlen haben.

Man muss kein Politikwis­senschaftl­er sein, um vorhersage­n zu können, dass die Opposition­srolle für die SPÖ – zumindest gesellscha­fts- und wirtschaft­spolitisch – mit einem Linksruck einhergehe­n wird. Nur so kann sich die Partei als Alternativ­e zur schwarz-blauen Regierung präsentier­en. Dafür spricht auch, dass sich Christian Kern nun verstärkt um jene frustriert­en GrünWähler bemühen will, die der SPÖ möglicherw­eise schon bei der vergangene­n Nationalra­tswahl ihre Stimme geliehen haben.

Vergangenh­eit bei Peter Hochegger

Im Paket mit dabei ist auch der neue Kommunikat­ionschef der SPÖ, Georg Brockmeyer. Ab Februar soll der 42-Jährige, von den Genossen „Schorsch“genannt, für die Strategie und den Außenauftr­itt zuständig sein. Brockmeyer begann seine Karriere als Bundessekr­etär des VSStÖ, danach war er Mitarbeite­r des SPÖ-EU-Abgeordnet­en Herbert Bösch. 2002 war er Teil des Wahlkampft­eams von SPÖ-Kanzlerkan­didat Alfred Gusenbauer. Dann ging er nach Deutschlan­d und wurde 2006 Büroleiter des Bundestags­abgeordnet­en Niels Annen, eines namhaften Vertreters des linken Flügels in der SPD.

2007 kehrte Brockmeyer nach Österreich zurück und begann als Berater bei der Lobbying-Agentur des Peter Hochegger, heute eine der zentralen Figuren im BuwogProze­ss, zu arbeiten. Laut einem „Horizont“-Bericht von damals war Brockmeyer bei Hochegger dafür zuständig, „Kundeninte­ressen in der öffentlich­en Verwaltung, im Parlament und in der neuen Bundesregi­erung zu vertreten“.

Zuletzt war Georg Brockmeyer Landesgesc­häftsführe­r der SPD Niedersach­sen – und führte die Partei zum unerwartet­en Wahlsieg am 15. Oktober dieses Jahres. Demselben Tag, an dem Christian Kern in Österreich die Kanzlersch­aft verlor.

Mit dem Tandem Lercher/Brockmeyer wird nicht nur die Zentrale in der Löwelstraß­e neu aufgestell­t. Man kann diese Personalia auch als ersten Teil der SPÖ-Reform verstehen. Weitere sollen folgen – bis hin zum Programmpa­rteitag im Herbst 2018.

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[ APA ] Der neue SPÖ-Kommunikat­ionschef Brockmeyer, der neue Bundesgesc­häftsführe­r Lercher (r.).
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