Juliane Bogner-Strauß: „Versuche, Frau zu sein, Frau zu le\en2
Regierung. Die neue Familien- und Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß sieht die Zusammenlegung der beiden Ressorts positiv. Sie definiert sich als pragmatische Feministin – mit den FPÖ-Ministern will sie über die Hymne reden.
Die Presse: Ihre Vorgängerin Sophie Karmasin sagte kürzlich im „Profil“: „Ich habe vier Facetten mitgebracht, die nicht förderlich waren: Frau. Parteifrei. Quereinsteigerin. Wollte nur eine Periode bleiben.“Fürchten Sie sich? Juliane Bogner-Strauß: Ich werde meine Aufgabe mit viel Freude angehen und sehe keine negativen Facetten. Als Quereinsteigerin hat man den Vorteil, dass man keine Lasten mitbringt und flexibel ist. Das kenne ich schon von meinem alten Job an der TU Graz.
Gleichzeitig hat man weniger Hausmacht und Allianzen. Die werde ich mir schnell aufbauen. Die fünf Wochen im Nationalrat haben mir schon geholfen, um ein kleines Netzwerk aufzubauen.
Man könnte schließen, dass Sie als Biochemikerin die Ressorts Wissenschaft und Forschung reizen würden. Warum sind es Frauen und Familien geworden? Es wäre beides spannend gewesen, aber mich reizen meine Agenden unglaublich. Seitdem ich meine drei Kinder habe, versuche ich Vereinbarkeit zu leben und weiß, wie es Frauen geht. An der Uni habe ich auch Familien und Frauen in diese Richtung unterstützt.
Dass Familien und Frauen erstmals in einem Ministerium vereint sind, wird kritisch gesehen: Man laufe Gefahr, Frauenpolitik nur als Familienpolitik zu sehen. Es ist mir ein großes Anliegen, die drei Sparten Frauen, Familien und Jugend zu vertreten. Es gibt Überschneidungen, daher sehe ich die Zusammenlegung positiv.
Im Frauen-Kapitel des Regierungspakts ist bei vielen Maßnahmen von Müttern die Rede. Das sehe ich nicht so. Es gibt viele Punkte für Frauen allgemein: Chancengleichheit, Gehaltstransparenz oder Gendermedizin.
Es wird auch gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit gefordert. Wie wollen Sie das umsetzen? Durch Gehaltstransparenz.
Was soll sich hier ändern? Das müssen wir uns im Detail ansehen. Sobald ich weiß, was ein Kollege in meinem Umfeld ver- dient, kann ich leichter verhandeln.
Einkommensberichte gibt es schon länger, eine merkbare Verbesserung gibt es nicht. Wir haben noch immer den großen Gap in den Einkommen, ja.
. . . aber? Ich sehe, dass wir es verbessern müssen – und vielleicht auch lauter nach außen tragen müssen.
Was bedeutet Frauenpolitik im Jahr 2017 allgemein für Sie? Dass es nach wie vor noch viel zu tun gibt.
Fühlen Sie sich als Feministin? Ich packe die Dinge an. Ich versuche Frau zu sein, Frau zu leben.
Also nein. Sonst würden Sie es ja sagen. Ich bin pragmatisch.
Es gibt einige Frauen, die sich nicht so definieren wollen. Warum glauben Sie, dass es so ist? Ich bin mit meinen zwei Brüdern auf einem Bauernhof aufgewachsen. Wir mussten alle mitanpacken, da wurden keine Unterschiede gemacht. So gehe ich die Dinge auch an.
Aber warum sind Sie dann keine Feministin? Sagen wir es so: Ich bin eine pragmatische Feministin.
Im Programm findet sich die Passage: „Die Verschiedenheit von Mann und Frau zu kennen ist ein Bestandteil menschlichen Lebens und damit unantastbar mit der Würde des Menschen verbunden.“Was bedeutet das? Im Frauenministerium geht es eben um die Agenden der Frauen. Und die Männer sind im Sozialministerium gut verankert. Ich glaube das sollte man nicht vermischen.
Wie meinen Sie das? Es kommt sicher die Frage auf mich zu: Werden sie die Männer auch noch hören? Man muss es ganz genau definieren: Männer, Frauen, da gibt es eben Unter- schiede. Frauen sollen nicht 100 Kilo heben müssen.
Naja. Wieso nicht. Es ist ganz klar, es gibt einfach Unterschiede.
Aber wenn es klar ist, wieso schreibt man es eigens in das ohnehin recht kurze Frauenkapitel? Ich finde nicht, dass es kurz gehalten ist. Und es geht ja um Qualität, nicht Quantität.
In Ihrer Amtsperiode wird auch das Frauenvolksbegehren Thema sein. Werden Sie es unterschreiben? Nein. Aber ich werde den Dialog mit den Initiatorinnen suchen und sehr viele Punkte unterstützen.
Welche Punkte? Einige.
Eine Forderung der neuen Regierung ist der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze. Was schwebt Ihnen vor? Flexible Öffnungszeiten sind sehr wichtig und haben auch mir schon sehr geholfen. Aber es geht natürlich auch um die Quantität.
Gibt es dafür schon ein Budget? Das muss mit dem Ressort von Kollegen Hartwig Löger im Finanzministerium abgestimmt werden.
Auch die Arbeitszeiten werden flexibilisiert – auch ein zwölfStunden-Tag wird möglich. Gerade deswegen sind flexible Kinderbetreuungsplätze wichtig. Es wird aber nicht immer leicht sein.
Auch ein Familienbonus von 1500 Euro geplant – allerdings als Absetzungsbetrag. Wer Lohnsteuer zahlt, kann es nutzen. Für Niedrigverdiener gibt es andere Möglichkeiten der Entlastung – wie die Verringerung der Arbeitslosenversicherung.
Singen Sie die Hymne mit Töchter? Natürlich.
Manche Regierungskollegen von der FPÖ tun dies nicht. Werden Sie sie ermahnen? Ich werde es Ihnen höflich und bestimmt vorschlagen.