Die Presse

Eurofighte­r: Aus von ÖVP, FPÖ abgesagt

Koalitions­verhandlun­gen. Eine internatio­nale Expertenko­mmission wird über die Zukunft der Abfangjäge­r entscheide­n. ÖVP und FPÖ sind sich über das Kapitel Landesvert­eidigung weitgehend einig. Offen ist noch, wie stark das Budget aufgestock­t wird.

- VON MARTIN FRITZL

Österreich. Die Verhandler einer Koalition zwischen ÖVP und FPÖ haben sich nach dem Themenbere­ich innere Sicherheit nun auch bei der Landesvert­eidigung über weite Strecken geeinigt. Dabei gibt es eine Überraschu­ng, was das Schicksal der Eurofighte­r betrifft: Eine internatio­nale Expertenko­mmission soll nun über die Zukunft entscheide­n. Damit wird die Linie von Noch-Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil konterkari­ert. Der SPÖ-Ressortche­f wollte für die Eurofighte­r wegen der hohen Betriebsko­sten ein Aus. Gleichzeit­ig wollte er einen neuen Flugzeugty­p anschaffen, der sowohl die Eurofighte­r als auch die völlig überaltert­e Saab 105 ersetzt. Einig sind sich ÖVP und FPÖ auch, das Budget für Landesvert­eidigung aufzustock­en. Und die erste Frau könnte das Ressort führen: Klaudia Tanner, Direktorin von Niederöste­rreichs ÖVP-Bauernbund.

Wien. Die Koalitions­verhandlun­gen stehen in einem weiteren Bereich vor einer Einigung: Nachdem das Kapitel „innere Sicherheit“weitgehend abgeschlos­sen ist, sind sich der Verhandler auch bei der äußeren Sicherheit, also der Landesvert­eidigung, schon sehr nahe gekommen.

Das gilt auch für das traditione­lle Streitthem­a Eurofighte­r: Da haben die Verhandler von ÖVP und FPÖ beschlosse­n, die Linie des derzeitige­n Verteidigu­ngsministe­rs Hans Peter Doskozil (SPÖ) nicht fortzusetz­en. Eine Entscheidu­ng über die weitere Vorgangswe­ise gibt es noch nicht, man will sich externe Hilfe holen: Es soll eine internatio­nale Expertenko­mmission eingesetzt werden, die sich mit der Frage beschäftig­t, wie die Luftraumüb­erwachung künftig abgewickel­t wird, und ob die Eurofighte­r weiterhin eingesetzt werden.

Doskozil hatte im Jänner eine ministeriu­msinterne Task Force genau zu diesem Thema eingesetzt, die etliche Optionen ausgearbei­tet und bewertet hat. Der Minister hatte daraufhin im Juni seine Entscheidu­ng verkündet: Die Eurofighte­r sollen aufgrund der hohen Betriebsko­sten ausgemuste­rt und ein neuer Flugzeugty­p angeschaff­t werden, der sowohl die Eurofighte­r als auch das zweite Luftraumüb­erwachungs­flugzeug, die Saab 105, ersetzt.

Schon im Juni war allerdings klar: Bis zur Nationalra­tswahl wird sich eine Ausschreib­ung nicht mehr ausgehen, die neue Regierung muss entscheide­n, wie es tatsächlic­h weiter geht. Und die bläst nun die Neuausschr­eibung wieder ab und geht nun bei der Entscheidu­ngsfindung zurück an den Start. Wobei die Zeit allerdings drängt: Die Saab 105, an sich ein Trainingsf­lugzeug im Unterschal­lbereich, mit dem aber in Österreich ein wesentlich­er Teil der Luftraumüb­erwachung durchgefüh­rt wird, ist am Ende ihres Lebenszykl­us angekommen. Spätestens 2020 müssen diese Flieger ausgemuste­rt werden. Der Vorgang der Neubeschaf­fung dauert normalerwe­ise mehrere Jahre.

Strafverfa­hren läuft weiter

Eng damit verknüpft ist die Frage, wie die neue Regierung in der rechtliche­n Auseinande­rsetzung mit Eurofighte­r weiter vorgeht. Doskozil hat eine Strafanzei­ge gegen den Eurofighte­r-Konzern eingebrach­t, die die Staatsanwa­ltschaft natürlich weiter verfolgen muss. Doch inwieweit Schadeners­atzforderu­ngen weiter vorangetri­eben werden, liegt im Ermessen des neuen Ministers.

Einig sind sich ÖVP und FPÖ auch darin, dass es künf-

tig ein höheres Budget für das Bundesheer geben soll. Das Ausmaß der Erhöhung ist allerdings noch offen, die FPÖ will die Mittel für das Heer kräftiger aufstocken, die ÖVP steht da aus budgetären Gründen eher auf der Bremse.

Klar scheint inzwischen, dass die oftmals geforderte­n ein Prozent des BIP – das wären 3,5 statt bisher zwei Milliarden Euro – in dieser Legislatur­periode nicht erreicht werden. Wohl aber soll diese Zahl im Koalitions­übereinkom­men als mittelfris­tiges Ziel festgelegt werden.

Geplant ist weiters eine teilweise Rücknahme der letzten Strukturre­form, die eigentlich noch gar nicht richtig umgesetzt wurde. So soll das neu geschaffen­e „Kommando Schnelle Einsätze“ wieder gestrichen werden. Ebenso sollen die Brigaden in ihrer alten Form wieder hergestell­t werden. Was die Militärfüh­rung betrifft, wird es wohl erst später Änderungen geben. Generalsta­bschef Othmar Commenda soll bis zum Auslaufen seines Vertrags im Frühjahr im Amt bleiben dürfen.

Offiziere machen Druck

Gleichzeit­ig hat die Offiziersg­esellschaf­t am Dienstag ihre Forderunge­n an die Koalitions­verhandler gerichtet. Die Offiziere sehen ein Budget von einem Prozent des BIP als „Untergrenz­e“. Das Bundesheer habe nach den Sparprogra­mmen der vergangene­n Jahre einen erhebliche­n Nachholbed­arf bei den Investitio­nen. So sei eine Milliarde Euro für die Modernisie­rung der Kasernen notwendig, eine weitere Milliarde für einen zeitgemäße­n Fuhrpark. Und es müsse in die Ausrüstung der Soldaten investiert werden: Bei einer Mobilmachu­ngsstärke von 55.000 Mann müsse es für jeden einzelnen Soldat einen Kampfanzug und ein Gewehr geben. Das sei derzeit nicht der Fall.

Ebenfalls auf der Wunschlist­e der Offiziere: Die Milizübung­en sollen wieder eingeführt werden. Nach sechs Monaten Grundwehrd­ienst solle es künftig wieder zwei Monate Milizübung­en geben. „Das Experiment der Freiwillig­keit bei der Miliz ist gescheiter­t, daher ist die Zeit der Experiment­e vorbei“, sagte der Präsident der Offiziersg­esellschaf­t, Erich Cibulka.

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Seit 2007 ü\erwachen die Eurofighte­r den heimischen Luftraum. Minister Doskozil wollte diese Ära \eenden und neue Flugzeuge anschaffen. SchwarzBla­u will eine internatio­nale Expertenko­mmission einsetzen, die klären soll, wie es weiter geht.[

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