Eurofighter: Aus von ÖVP, FPÖ abgesagt
Koalitionsverhandlungen. Eine internationale Expertenkommission wird über die Zukunft der Abfangjäger entscheiden. ÖVP und FPÖ sind sich über das Kapitel Landesverteidigung weitgehend einig. Offen ist noch, wie stark das Budget aufgestockt wird.
Österreich. Die Verhandler einer Koalition zwischen ÖVP und FPÖ haben sich nach dem Themenbereich innere Sicherheit nun auch bei der Landesverteidigung über weite Strecken geeinigt. Dabei gibt es eine Überraschung, was das Schicksal der Eurofighter betrifft: Eine internationale Expertenkommission soll nun über die Zukunft entscheiden. Damit wird die Linie von Noch-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil konterkariert. Der SPÖ-Ressortchef wollte für die Eurofighter wegen der hohen Betriebskosten ein Aus. Gleichzeitig wollte er einen neuen Flugzeugtyp anschaffen, der sowohl die Eurofighter als auch die völlig überalterte Saab 105 ersetzt. Einig sind sich ÖVP und FPÖ auch, das Budget für Landesverteidigung aufzustocken. Und die erste Frau könnte das Ressort führen: Klaudia Tanner, Direktorin von Niederösterreichs ÖVP-Bauernbund.
Wien. Die Koalitionsverhandlungen stehen in einem weiteren Bereich vor einer Einigung: Nachdem das Kapitel „innere Sicherheit“weitgehend abgeschlossen ist, sind sich der Verhandler auch bei der äußeren Sicherheit, also der Landesverteidigung, schon sehr nahe gekommen.
Das gilt auch für das traditionelle Streitthema Eurofighter: Da haben die Verhandler von ÖVP und FPÖ beschlossen, die Linie des derzeitigen Verteidigungsministers Hans Peter Doskozil (SPÖ) nicht fortzusetzen. Eine Entscheidung über die weitere Vorgangsweise gibt es noch nicht, man will sich externe Hilfe holen: Es soll eine internationale Expertenkommission eingesetzt werden, die sich mit der Frage beschäftigt, wie die Luftraumüberwachung künftig abgewickelt wird, und ob die Eurofighter weiterhin eingesetzt werden.
Doskozil hatte im Jänner eine ministeriumsinterne Task Force genau zu diesem Thema eingesetzt, die etliche Optionen ausgearbeitet und bewertet hat. Der Minister hatte daraufhin im Juni seine Entscheidung verkündet: Die Eurofighter sollen aufgrund der hohen Betriebskosten ausgemustert und ein neuer Flugzeugtyp angeschafft werden, der sowohl die Eurofighter als auch das zweite Luftraumüberwachungsflugzeug, die Saab 105, ersetzt.
Schon im Juni war allerdings klar: Bis zur Nationalratswahl wird sich eine Ausschreibung nicht mehr ausgehen, die neue Regierung muss entscheiden, wie es tatsächlich weiter geht. Und die bläst nun die Neuausschreibung wieder ab und geht nun bei der Entscheidungsfindung zurück an den Start. Wobei die Zeit allerdings drängt: Die Saab 105, an sich ein Trainingsflugzeug im Unterschallbereich, mit dem aber in Österreich ein wesentlicher Teil der Luftraumüberwachung durchgeführt wird, ist am Ende ihres Lebenszyklus angekommen. Spätestens 2020 müssen diese Flieger ausgemustert werden. Der Vorgang der Neubeschaffung dauert normalerweise mehrere Jahre.
Strafverfahren läuft weiter
Eng damit verknüpft ist die Frage, wie die neue Regierung in der rechtlichen Auseinandersetzung mit Eurofighter weiter vorgeht. Doskozil hat eine Strafanzeige gegen den Eurofighter-Konzern eingebracht, die die Staatsanwaltschaft natürlich weiter verfolgen muss. Doch inwieweit Schadenersatzforderungen weiter vorangetrieben werden, liegt im Ermessen des neuen Ministers.
Einig sind sich ÖVP und FPÖ auch darin, dass es künf-
tig ein höheres Budget für das Bundesheer geben soll. Das Ausmaß der Erhöhung ist allerdings noch offen, die FPÖ will die Mittel für das Heer kräftiger aufstocken, die ÖVP steht da aus budgetären Gründen eher auf der Bremse.
Klar scheint inzwischen, dass die oftmals geforderten ein Prozent des BIP – das wären 3,5 statt bisher zwei Milliarden Euro – in dieser Legislaturperiode nicht erreicht werden. Wohl aber soll diese Zahl im Koalitionsübereinkommen als mittelfristiges Ziel festgelegt werden.
Geplant ist weiters eine teilweise Rücknahme der letzten Strukturreform, die eigentlich noch gar nicht richtig umgesetzt wurde. So soll das neu geschaffene „Kommando Schnelle Einsätze“ wieder gestrichen werden. Ebenso sollen die Brigaden in ihrer alten Form wieder hergestellt werden. Was die Militärführung betrifft, wird es wohl erst später Änderungen geben. Generalstabschef Othmar Commenda soll bis zum Auslaufen seines Vertrags im Frühjahr im Amt bleiben dürfen.
Offiziere machen Druck
Gleichzeitig hat die Offiziersgesellschaft am Dienstag ihre Forderungen an die Koalitionsverhandler gerichtet. Die Offiziere sehen ein Budget von einem Prozent des BIP als „Untergrenze“. Das Bundesheer habe nach den Sparprogrammen der vergangenen Jahre einen erheblichen Nachholbedarf bei den Investitionen. So sei eine Milliarde Euro für die Modernisierung der Kasernen notwendig, eine weitere Milliarde für einen zeitgemäßen Fuhrpark. Und es müsse in die Ausrüstung der Soldaten investiert werden: Bei einer Mobilmachungsstärke von 55.000 Mann müsse es für jeden einzelnen Soldat einen Kampfanzug und ein Gewehr geben. Das sei derzeit nicht der Fall.
Ebenfalls auf der Wunschliste der Offiziere: Die Milizübungen sollen wieder eingeführt werden. Nach sechs Monaten Grundwehrdienst solle es künftig wieder zwei Monate Milizübungen geben. „Das Experiment der Freiwilligkeit bei der Miliz ist gescheitert, daher ist die Zeit der Experimente vorbei“, sagte der Präsident der Offiziersgesellschaft, Erich Cibulka.