„Der Aufholprozess ist voll im Gang“
Interview. Fondsmanager Morten Lund Ligaard erklärt, weshalb er in der CEE-Region vor allem auf Bankaktien setzt. Und wieso ihn das kräftige Minus bei Do & Co als Investor nicht abschreckt.
Die Presse: Herr Ligaard, die Finanzkrise liegt gut zehn Jahre zurück. Aus der CEE-Region gibt es verstärkt positive Nachrichten. Teilen Sie den Optimismus? Morten Lund Ligaard: Der Aufholprozess gegenüber Westeuropa ist voll in Gang. Allein Slowenien ist inzwischen reicher als einige der ärmsten Länder in der südlichen Peripherie, etwa Portugal oder Griechenland. Das nominelle BIP pro Kopf hat in Slowenien bereits 60 Prozent von jenem der EU-15 erreicht. In Portugal sind es knapp mehr als 50 Prozent.
Worauf führen Sie die Aufholjagd zurück? Viele Länder profitieren von ihren Exporten nach Westeuropa, und das bei niedrigen Arbeitskosten. Der EU-Durchschnitt liegt bei rund 30 Euro pro Stunde. In Slowenien sind es 16 Euro, in Bulgarien sind die Kosten mit vier Euro pro Stunde am niedrigsten. Obendrein haben die meisten Länder ihr Leistungsbilanzdefizit stark verringert oder weisen sogar schon einen Überschuss aus.
Im Eastern Europe ex Russia Fonds haben Sie gut 45 Prozent in Finanzwerte investiert, eine sehr große Gewichtung. Haben sich die Banken seit der Krise stabilisiert? Finanzwerte umfassen nicht nur Banken, sondern auch Versicherungen und Immobilienaktien. Allerdings hat der Bankensektor mit rund 28 Prozent die größte Gewichtung. In vielen CEE-Ländern ist die Marktdurchdringung noch sehr niedrig, vor allem in Polen und in Ungarn. In diesen Ländern sind wir etwa in die OTP Bank und in die Bank Pekao investiert. Auch die Kreditqualität ist generell hoch, die Problematik rund um Schweizer-Franken-Kredite ist großteils gelöst.
Sie sind auch in die Erste Group Bank investiert, sie wurde ebenfalls hart von der Krise getroffen. Worin liegt der Reiz? Hier gibt es Spielraum für weitere Kostensenkungen, auch bei der Zahl der Mitarbeiter. In der Vergangenheit hat der Konzern relativ teure, breit angelegte Expansionspläne etwa in Rumänien umgesetzt. Inzwischen agiert die Erste Group Bank fokussierter, etwa in Tschechien, und hat 2013 das Ukraine-Geschäft verkauft. Anders beim Mitbewerber Raiffeisen Bank International: Hier warten wir die weitere Entwicklung nach der Fusion mit der RZB erst einmal ab.
Der polnische Finanzkonzern Kruk, in dem Sie auch investiert sind, verlor hingegen zuletzt kräftig an Wert. Was steckt dahinter? Das Unternehmen ist ein Schuldeneintreiber, und der Aktienkurs hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt. Kruk kauft hauptsächlich in Polen und in Rumänien den Banken faule Kredite ab und treibt die offenen Forderungen ein. Allerdings hat Kruk jetzt nach Italien expandiert. Der Schritt hat Potenzial, wird aber von Marktteilnehmern eher skeptisch gesehen. Obendrein ist in Polen ein neuer Schuldeneintreiber gestartet. Der Wettbewerb lastet auf der Gewinnspanne.
Polens Politik hat zuletzt immer wieder für negative Schlagzeilen gesorgt. Wie sehen Sie das als Investor? Der Wirtschaft und zahlreichen Unternehmen geht es gut, wir sind nicht sonderlich besorgt. Zwar wurde Anfang 2016 eine Bankensteuer eingeführt. Aber die Banken reichen die höheren Kosten allmählich an die Kunden weiter. In Polen gibt es noch alte Schweizer-Franken-Kredite. Allerdings hat etwa die Bank PKO, in die wir ebenfalls investiert sind, kaum welche im Portfolio. Mit Ihrer Portfolioerweiterung nach Serbien sind Sie der EU zuvorgekommen. Wo gibt es da interessante Entwicklungen? Wir sind zum Beispiel in die Aktien des Flughafens Aerodrom Nikola Tesla investiert. Mit dem steigenden Wohlstand verreisen die Leute zunehmend. Außerdem zeigen immer mehr Fluglinien Interesse, auch nach Serbien zu fliegen. Und die Regierung überlegt gerade die Privatisierung. Die zweite Position ist die Komercijalna Banka. Die Aktie ist sehr günstig. Zudem hält die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung als stabiler Anker einen Anteil daran.
Weniger erfreulich verlief es für Do & Co. Die Aktie litt an der Ankündigung durch Turkish Airlines, einen neuen Caterer aus Singapur verpflichten zu wollen. Wir hatten sicherheitshalber die Position schon vor einiger Zeit reduziert, zumal auch die sinkende Lira belastete. Allerdings expandiert der Konzern zum Beispiel im Nahen Osten und in Asien. Es ändert sich also auch einiges.