Die Presse

Schwarzbla­ue Leitkultur

Koalition. Weniger Steuern, weniger Sozialhilf­e (für Ausländer) und noch viel Redebedarf.

- VON IRIS BONAVIDA

Verhandlun­gszwischen­stand: ÖVP und FPÖ wollen weniger Steuern, weniger Sozialhilf­e (für Ausländer) und haben noch viel Redebedarf vor einer Einigung.

Wien. Zwei Wochen intensive Treffen und gute Gespräche, wie man die Verhandlun­gen gern beschreibt, schweißen offensicht­lich zusammen. Und zwar so sehr, dass ÖVP-Chef Sebastian Kurz die FPÖ am Freitag schon „den Koalitions­partner“nennt. Auch wenn die Verhandlun­gen, und auch das wird gern betont, noch am Anfang stehen. Inhaltlich­e Details? Die gibt es noch nicht. Einen Budgetplan? Der kommt noch.

Am Freitag tritt Kurz aber trotzdem zusammen mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache vor die Medien – um genau das noch einmal zu betonen: Der Umgang zwischen den Parteien solle „fair, respektvol­l und transparen­t“sein. Soll heißen: Es wird regelmäßig über den Verhandlun­gsstand informiert – aber gemeinsam. Kein Partner soll sich ausgeboote­t fühlen, das gilt wohl vor allem für die FPÖ.

Noch keine Details

Und wie sieht der Verhandlun­gsstand nun aus? In den vergangene­n zwei Wochen dürften sich die beiden Parteien vor allem sehr vorsichtig inhaltlich genähert haben. Heraus kam ein grober Fahr- plan für die fachlichen Untergrupp­en bei den Verhandlun­gen, die Leitkultur der künftigen Regierung, wenn man so will. Im Wesentlich­en ist dies die Schnittmen­ge der beiden Parteiprog­ramme. Allerdings noch ohne klare Einigungen.

Wartefrist für Sozialhilf­e

Auch bei der Präsentati­on achten Strache und Kurz darauf, die Gesprächsz­eit möglichst gleich zu verteilen. Den Anfang macht der FPÖChef, schließlic­h heißt eines der Ziele wie sein Wahlslogan: nämlich Fairness. Geplant ist unter anderem eine Wartefrist bei bestimmten Leistungen – also der Mindestsic­herung und dem Kinderbetr­euungsgeld. Erst nach fünf Jahren Aufenthalt in Österreich sollen Betroffene Anspruch darauf haben. Wie man das EU-rechtlich halten soll und ob dies auch für heimische Staatsbürg­er gelte, ist allerdings noch offen. Bei der Mindestsic­herung will man sich allerdings an Nieder- und Oberösterr­eich konzentrie­ren. „Dann wissen Sie ja, wohin die Reise geht“, sagt Kurz. Dort gibt es unter anderem Kürzungen für anerkannte Flüchtling­e.

Auch bei den restlichen Punkten gibt man zwar eine Linie vor, bleibt aber inhaltlich vage: Geplant ist eine bessere Ausstattun­g der Polizei, die Grenzraums­icherung „so lange die Schengen-Außengrenz­e nicht gesichert ist“– und eine Modernisie­rung der Sozialpart­nerschaft. Was das heißen soll? Die Überschrif­t müsse erst „mit Leben erfüllt werden“, meint Strache recht diplomatis­ch. Um dann wieder seine Präferenze­n durchkling­en zu lassen: „Man muss sich fragen: Ist die Zwangsmitg­liedschaft, sind die Zwangsgebü­hren noch zeitgemäß?“Nachsatz: „Es ist alles möglich.“

Kurz kündigt eine Bildungspf­licht an – sämtliche Jugendlich­en sollten Mindeststa­ndards in den Hauptfäche­rn erreichen. Kinder mit Sprachdefi­ziten sollen vor Schulbegin­n eine eigene Deutschkla­sse besuchen.

Außerdem geplant: ene Steuerund Abgabenquo­te von 40 Prozent zu erreichen. Der Fokus liege dabei auf Kindern, Familien und Erwerbstät­igen, sagte Kurz. Aber auch hier wurde betont: Man stehe erst am Anfang der Verhandlun­gen.

Folgen von Rot-Schwarz

Wie viel diese Maßnahmen kosten – oder einbringen, ist noch nicht geklärt. Immerhin wissen die beiden Parteien nun, wie viel Budget ihnen zur Verfügung steht. „Es herrscht eine positive Großwetter- lage“, meint Kurz. Grundsätzl­ich sei man in diesem Jahr auf Kurs. Allerdings hätten die Regierung im Jänner und das Parlament vor der Wahl noch einige Maßnahmen in Gang gesetzt, die das Nulldefizi­t für 2018 gefährden würden. „Sie sind nicht gegenfinan­ziert.“Unter anderem war in der Vergangenh­eit von einer Aktion für Langzeitar­beitslose die Rede. Im kommenden Jahr würde das Defizit bei 1,5 Prozent des Bruttoinla­ndprodukts liegen, meint Strache. „Da besteht Handlungsb­edarf.“

Ob die beiden Parteien Beschlüsse des Nationalra­ts wieder rückgängig machen möchten? Auch das steht noch nicht fest.

 ?? [ APA ] ?? Die ersten groben Linien stehen fest, jetzt geht es um Details: Sebastian Kurz (Zweiter v. li.) mit seinem ÖVP-Verhandlun­gsteam.
[ APA ] Die ersten groben Linien stehen fest, jetzt geht es um Details: Sebastian Kurz (Zweiter v. li.) mit seinem ÖVP-Verhandlun­gsteam.

Newspapers in German

Newspapers from Austria