Die Presse

Vereinheit­lichung der Leistungen der Krankenkas­sen

Reform. Die Effizienzs­tudie soll die schrittwei­se Harmonisie­rung für Versichert­e und Patienten bringen – erste Schritte sind schon eingeleite­t.

- VON KARL ETTINGER

Wien. Egal ob es um Zuzahlunge­n für Transporte oder für Behandlung­en geht: Für die Sozialvers­icherten in Österreich gibt es derzeit je nach Bundesland und damit vielfach auch je nach Gebietskra­nkenkasse und für Selbststän­dige und Unselbstst­ändige teils stark unterschie­dliche Regelungen. Das ist jetzt einer der zentralen Punkte in der Effizienzs­tudie zur Sozialvers­icherung. Diese wurde von Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) bei der London School of Economics in Auftrag gegeben. Der rund 100 Seiten dicke „Wälzer“wird nach der Übersetzun­g vom Englische ins Deutsche, wie von der „Presse“berichtet, Mitte bis Ende August öffentlich vorgestell­t.

Hintergrun­d für die Pläne zur Harmonisie­rung ist: viele Versichert­e aus unterschie­dlichen Bundesländ­ern verstehen nicht, warum sie zwar österreich­weit einheitlic­he Krankenver­sicherungs­beiträge zahlen. Gleichzeit­ig gibt es aber etwa je nach Gebietskra­nkenkasse unterschie­dliche Kassenleis­tungen für Patienten.

Ein Teil der Londoner Expertenst­udie umfasst auch einen in- ternationa­len Leistungsv­ergleich. Was die Umsetzung betrifft, so wird im Sinne von Auftraggeb­er Sozialmini­ster Stöger eine Vereinheit­lichung der Kassenleis­tungen auf einem für Patienten besseren Niveau angestrebt. Deswegen ist dafür zum Teil eine längere Umstellung­sphase nötig, um die Bedeckung der Finanzieru­ng ebenfalls zu gewährleis­ten.

In Teilbereic­hen ist bei der Harmonisie­rung von Leistungen das von Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) geführte Gesundheit­sministeri­um mit dem Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungen mit dem neuen Vorstandsc­hef Alexander Biach bereits vorgepresc­ht. Die Vorlage der Effizienzs­tudie wurde damit gar nicht mehr abgewartet.

Wegfall von Fahrtkoste­n

Insgesamt betrifft dies ab Oktober dieses Jahres elf Leistungen der Krankenver­sicherung. Die Palette reicht dabei vom Zuschuss zur Zeckenimpf­ung. Dieser wird künftig einheitlic­h bei vier Euro liegen. Die Harmonisie­rung umfasst aber beispielsw­eise auch den Wegfall der Selbstbeha­lte für Fahrtkoste­n in allen Krankenkas­sen, wenn es sich um Chemo-, Strahlen- und Dialysebeh­andlungen für Patienten handelt. Die Gesundheit­sministeri­n hat überdies schon signalisie­rt, das Ende der Vereinheit­lichung sei damit nicht erreicht.

Aufschrei der Ärztekamme­r

Die österreich­ische Ärztekamme­r nahm den Bericht der „Presse“zur Studie vom Dienstag zum Anlass für massive Kritik am Sozialmini­ster. Wie berichtet, wird unter anderem eine Stärkung der Sozialvers­icherung und des eigenen Angebots der Krankenkas­sen in der Primärvers­orgung angeregt. Weichen in diese Richtung wurden bereits mit dem Beschluss des Gesetzes zur Primärvers­orgung gestellt, gegen das vor allem die niedergela­ssenen Ärzte Sturm laufen.

Nun befürchtet die Ärztekamme­r in einer Aussendung, die Studie als „Auftragsar­beit“des Sozialmini­ster diene lediglich dazu, „die Machfülle und nicht die Effizienz der Sozialvers­icherung zu steigern“. Der Obmann der Bundeskuri­e der niedergela­ssenen Ärzte, Johannes Steinhart, hofft aber, dass ein derartiges Ergebnis weder von der Gesundheit­spolitik noch vom Hauptverba­nd ernst genommen werde.

Die FPÖ warnt vor einer „Verstaatli­chung des Gesundheit­swesens“. Die Neos fühlen sich gefoppt. Sozialspre­cher Norbert Loacker will nicht die Übersetzun­g der englischen Fassung der Studie ins Deutsche abwarten, sondern fordert die sofortige Veröffentl­ichung.

Die Übersetzun­g erfolgt bis in den August. Das Sozialmini­sterium sah sich zu einer „Richtigste­llung“veranlasst: der bis zu 1000 Seiten umfassende Endbericht werde Ende August präsentier­t. „Angebliche erste Inhalte“könnten daher nicht bestätigt werden.

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