Vereinheitlichung der Leistungen der Krankenkassen
Reform. Die Effizienzstudie soll die schrittweise Harmonisierung für Versicherte und Patienten bringen – erste Schritte sind schon eingeleitet.
Wien. Egal ob es um Zuzahlungen für Transporte oder für Behandlungen geht: Für die Sozialversicherten in Österreich gibt es derzeit je nach Bundesland und damit vielfach auch je nach Gebietskrankenkasse und für Selbstständige und Unselbstständige teils stark unterschiedliche Regelungen. Das ist jetzt einer der zentralen Punkte in der Effizienzstudie zur Sozialversicherung. Diese wurde von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) bei der London School of Economics in Auftrag gegeben. Der rund 100 Seiten dicke „Wälzer“wird nach der Übersetzung vom Englische ins Deutsche, wie von der „Presse“berichtet, Mitte bis Ende August öffentlich vorgestellt.
Hintergrund für die Pläne zur Harmonisierung ist: viele Versicherte aus unterschiedlichen Bundesländern verstehen nicht, warum sie zwar österreichweit einheitliche Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Gleichzeitig gibt es aber etwa je nach Gebietskrankenkasse unterschiedliche Kassenleistungen für Patienten.
Ein Teil der Londoner Expertenstudie umfasst auch einen in- ternationalen Leistungsvergleich. Was die Umsetzung betrifft, so wird im Sinne von Auftraggeber Sozialminister Stöger eine Vereinheitlichung der Kassenleistungen auf einem für Patienten besseren Niveau angestrebt. Deswegen ist dafür zum Teil eine längere Umstellungsphase nötig, um die Bedeckung der Finanzierung ebenfalls zu gewährleisten.
In Teilbereichen ist bei der Harmonisierung von Leistungen das von Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) geführte Gesundheitsministerium mit dem Hauptverband der Sozialversicherungen mit dem neuen Vorstandschef Alexander Biach bereits vorgeprescht. Die Vorlage der Effizienzstudie wurde damit gar nicht mehr abgewartet.
Wegfall von Fahrtkosten
Insgesamt betrifft dies ab Oktober dieses Jahres elf Leistungen der Krankenversicherung. Die Palette reicht dabei vom Zuschuss zur Zeckenimpfung. Dieser wird künftig einheitlich bei vier Euro liegen. Die Harmonisierung umfasst aber beispielsweise auch den Wegfall der Selbstbehalte für Fahrtkosten in allen Krankenkassen, wenn es sich um Chemo-, Strahlen- und Dialysebehandlungen für Patienten handelt. Die Gesundheitsministerin hat überdies schon signalisiert, das Ende der Vereinheitlichung sei damit nicht erreicht.
Aufschrei der Ärztekammer
Die österreichische Ärztekammer nahm den Bericht der „Presse“zur Studie vom Dienstag zum Anlass für massive Kritik am Sozialminister. Wie berichtet, wird unter anderem eine Stärkung der Sozialversicherung und des eigenen Angebots der Krankenkassen in der Primärversorgung angeregt. Weichen in diese Richtung wurden bereits mit dem Beschluss des Gesetzes zur Primärversorgung gestellt, gegen das vor allem die niedergelassenen Ärzte Sturm laufen.
Nun befürchtet die Ärztekammer in einer Aussendung, die Studie als „Auftragsarbeit“des Sozialminister diene lediglich dazu, „die Machfülle und nicht die Effizienz der Sozialversicherung zu steigern“. Der Obmann der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte, Johannes Steinhart, hofft aber, dass ein derartiges Ergebnis weder von der Gesundheitspolitik noch vom Hauptverband ernst genommen werde.
Die FPÖ warnt vor einer „Verstaatlichung des Gesundheitswesens“. Die Neos fühlen sich gefoppt. Sozialsprecher Norbert Loacker will nicht die Übersetzung der englischen Fassung der Studie ins Deutsche abwarten, sondern fordert die sofortige Veröffentlichung.
Die Übersetzung erfolgt bis in den August. Das Sozialministerium sah sich zu einer „Richtigstellung“veranlasst: der bis zu 1000 Seiten umfassende Endbericht werde Ende August präsentiert. „Angebliche erste Inhalte“könnten daher nicht bestätigt werden.