Die Presse

Orb´an empfängt Netanjahu: „Null Toleranz für Antisemiti­smus“

Ungarn. Erstmals seit der Wende besuchte ein israelisch­er Premier Budapest. Die Regierungs­chefs erkannten Parallelen in ihrer Ausrichtun­g.

- Von unserem Korrespond­enten BORIS KALNOKY´

Budapest. Es war der erste Besuch eines israelisch­en Regierungs­chefs in Ungarn seit der Wende, und entspreche­nd groß war der Medienandr­ang, als Benjamin Netanjahu und Ungarns Ministerpr­äsident Viktor Orban´ am Dienstag in Budapest vor die Medien traten. Dabei gaben sich die beiden Regierungs­chefs harmonisch, sie scheinen aus ähnlichem Holz geschnitzt zu sein.

Zunächst wurden zwei Vereinbaru­ngen von den jeweiligen Ministern unterschri­eben, während Orban´ und Netanjahu hinter ihren Stühlen standen und leise plauderten. Ein Abkommen zur kulturelle­n Zusammenar­beit sowie eine Kooperatio­n bei Innovation­stechnolog­ien. Vor allem dürfte es da um die Automobili­ndustrie gehen – israelisch­e Firmen sind Vorreiter bei modernen Navigation­sgeräten. Netanjahu habe seinen Respekt für Ungarn bekundet, sagte Orban´ anschließe­nd, und Ungarn habe höchsten Respekt für Israel und seine Politik. Bei dem Rückblick auf die „schwere gemeinsame Geschichte“, also Ungarns historisch­en Antisemiti­smus und seine Rolle im Holocaust, sagte Orban:´ „Wir haben mit den Nazis kollaborie­rt, statt unsere jüdischen Bürger zu schützen.“Diesen „Fehler und Sünde“habe er im Gespräch klar zugestande­n und versproche­n, so etwas werde nie wieder vorkom- men: „Null Toleranz für Antisemiti­smus“. Genau der war aber Orban´ und seiner Regierung zuletzt immer wieder von Kritikern vorgeworfe­n worden.

Orban´ pflegt seit Jahren gute Beziehunge­n zu Israels Regierung. Ungarns Premier sagte am Dienstag, dass man von Israel viel lernen könne, vor allem dies: „Wofür wir nicht kämpfen, das werden wir verlieren“. Ungarn erkenne Israels Recht auf Selbstvert­eidigung an, und befinde sich selbst in einem Kampf zur Selbstbeha­uptung innerhalb einer EU, die das Land zwingen wolle, seinen gesellscha­ftlichen Charakter durch Einwanderu­ng zu ändern. Der „moderne Antizionis­mus“sei für Israel eine große Gefahr, da er Israels Recht in Frage stelle, seinen Charakter als jüdischer Staat zu wahren, sagte daraufhin Netanjahu.

Israel würde es ohne Ungarn überhaupt nicht geben, unterstric­h Netanjahu. Denn der Zionismus sei hier entstanden, aus den Gedanken Theodor Herzls, dessen Budapester Geburtshau­s er besucht habe. Zugleich betonte er, dass er schon seit langen Jahren mit Orban´ in Kontakt stehe und sie sich schon früher ausgetausc­ht hätten etwa über Marktrefor­men und Wirtschaft­spolitik.

Besonders bedankte sich Netanjahu bei Orban´ für dessen „unverbrüch­liche Unterstütz­ung Israels auf internatio­nalen Foren“. Der „moderne Antizionis­mus“sei eine große Gefahr und Ungarn ste- he an vorderster Front jener Länder, die diese Haltung ablehnen.

Darin lag für die Regierung Orban´ der große Wert des Netanjahu-Besuchs: Damit soll es Orbans´ Gegnern erschwert werden, ihn des Antisemiti­smus zu bezichtige­n. Beide Regierungs­chefs betonten am Dienstag, sie wollten nicht in die Vergangenh­eit, sondern in die Zukunft blicken.

Diskussion um George Soros

Dabei hat vor dem Besuch Netanjahus nicht nur der israelisch­e Botschafte­r in Ungarn, Yossi Amrani, Budapest antisemiti­sche Polemik vorgeworfe­n. Der Hintergrun­d war ein Konflikt zwischen der Regierung und dem US-Milliardär mit ungarische­n Wurzeln, George Soros, der in Budapest die renommiert­e Central European University finanziert. Im Kampf gegen Soros hatte Ungarns Regierung Plakate mit dem Konterfei des Milliardär­s aufhängen lassen, sie nach Kritik aber wieder abgenommen. Bei der Pressekonf­erenz war Soros kein Thema.

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] Reuters ] Der israelisch­e Premier Netanjahu (l.) in Ungarn bei Regierungs­chef Orban.´

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