Mehr Privatambulanzen für Notfälle
Gesundheit. Seit Anfang 2017 bietet die Privatklinik Döbling in Wien eine „akutmedizinische Versorgung“für Zusatzversicherte an. Das Modell soll nun auf andere Städte ausgeweitet werden.
Wien. Vor sechs Monaten erreichte die Zweiklassenmedizin in Österreich den Notfallbereich – die Privatklinik Döbling bietet seither rund um die Uhr eine sogenannte akutmedizinische Versorgung mit Fach- und Notärzten sowie Pflegepersonal an, die einer klassischen Notaufnahme in öffentlichen Spitälern gleichkommt („Die Presse“berichtete).
„Akut versorgt“heißt das Paket der Uniqa, dem größten Anbieter von privaten Krankenversicherungen in Österreich. Im ersten Jahr dürfen Sonderklassepatienten dieses Angebot kostenlos in Anspruch nehmen – wie hoch die Prämie dann sein wird, stehe noch nicht fest. Die Auslastung ist jedenfalls so stark, dass Uniqa plant, den Service in weiteren Landeshauptstädten wie Graz, Salzburg und Innsbruck anzubieten. Wann? „Wir sprechen von Monaten, nicht von Jahren. Die Verhandlungen sind bereits im Gange“, sagt Uniqa-Vorstand Peter Eichler. „Die Zahl der Patienten entspricht unseren Erwartungen, auch von der Logistik her hat bisher alles geklappt.“
Herzschmerz und Unfälle
In den ersten Monaten haben die Ambulanz pro Woche rund 20 bis 30 Menschen aufgesucht. Mit Notfällen wie etwa Brust- oder Bauchschmerzen, hohem Fieber, Nierenkoliken, Harnwegsinfektionen, Kreislaufproblemen, Schwangerschaftskomplikationen, Rückenschmerzen, Schwindel, aber auch bei Verstauchungen, Brüchen und Schnittwunden nach Unfällen. Bis Jahresende hofft man bei Uniqa auf 100.000 Kunden, die die Ambulanz in Anspruch nehmen könnten.
Auch Untersuchungen wie eine Magnetresonanztomografie (MRT) und Labortests sind in Döbling möglich. Lediglich in akut lebensbedrohlichen Situationen wie etwa bei einem Schädelhirntrauma wird empfohlen, die Notruf- nummer 144 zu wählen. Eichler: „Wir wollen keinen parallelen Rettungsdienst etablieren, uns geht es um die mittlere Fallschicht. Also Fälle, die zwar nicht lebensbedrohlich sind, aber doch einer sofortigen Behandlung bedürfen.“
Die Kontaktaufnahme mit der Klinik erfolgt in solchen Situationen telefonisch über eine UniqaHotline. Einen Rettungsdienst gibt es nicht, die Patienten müssen das Spital selbst aufsuchen. Verrechnet wird dann direkt zwischen Klinik und Versicherung – die Patienten müssen ihre Behandlung also nicht bezahlen und später zur Verrechnung einreichen.
Der Hauptgrund, in ein Privatspital zu gehen, sind die langen Wartezeiten in den Ambulanzen der öffentlichen Krankenhäuser. Das geht auch aus Aufzeichnungen in Döbling hervor, wo damit geworben wird, dass es praktisch keine Wartezeiten gibt. Laut Uniqa-Broschüre wird sogar „schnelle Erstversorgung durch einen Arzt“statt „stundenlangen Wartens“in der Notfallambulanz eines öffentli- chen Krankenhauses „garantiert“. Damit trägt man Uniqa zufolge „dem wachsenden Bedürfnis der Kunden Rechnung, auch außerhalb der stationären Versorgung rasch privatärztliche Hilfe in Anspruch nehmen zu können“.
Eigener Rettungsdienst?
Dieses Angebot ist ein Novum in Österreich. Selbst Patienten mit einer Sonderklasseversicherung konnten sich bisher nicht selbst in eine Privatklinik einweisen, sondern mussten einen sogenannten Belegarzt kontaktieren, der mit der Klinik zusammenarbeitet und Privatpatienten aufnehmen lassen kann.
Die logische Weiterentwicklung eines Service wie „Akut versorgt“wäre auch ein eigener Rettungsdienst für Sonderklassepatienten, wie es ihn in anderen europäischen Ländern bereits gibt.
Für Uniqa ist dieser Vorstoß jedenfalls ein weiterer Schritt bei der Aufstockung von privaten Krankenversicherungen, die zumeist in Uniqa-eigenen Häusern zum Ein- satz kommen. Was immer wieder für Kritik sorgte – unter anderem von der Ärztekammer, die von einer „marktbeherrschenden Stellung“sprach. Denn von den fünf großen Privatkliniken in Wien werden derzeit bereits zwei – die Privatklinik Döbling sowie die Confraternität-Privatklinik Josefstadt – von der Uniqa (bzw. von ihrer 100-Prozent-Tochter, der PremiQaMed-Gruppe) geführt.
Auch die Übernahme der Privatklinik Goldenes Kreuz (genau genommen eine 75-Prozent-Beteiligung durch PremiQaMed) ist durch. Gegen diesen Deal hatte die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) „massive wettbewerbsrechtliche Bedenken“geäußert, woraufhin sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit der Causa befasste und eine „strategische Partnerschaft“unter Auflagen genehmigte.