Wenig Mut, viel Potential
Ihnen liegt das Thema „Entbürokratisierung“sehr am Herzen. Welche Maßnahmen erscheinen Ihnen dabei am wichtigsten?
Bürokratie – das ist ein ganz breites Thema, über das man viel diskutieren kann. Über viele Jahrzehnte hat sich in Österreich und auch in anderen Ländern ein ganzer Wust an Gesetzesvorschriften gebildet, die sich oft widersprechen oder auch doppelt vorhanden sind. Ein kürzlich beschlossenes Gesetz sieht jetzt positiverweise vor, dass bei einer neuen Bestimmung eine alte, bereits bestehende Bestimmung gestrichen wird. Man nennt das den One-in-one-out-Ansatz. Ein belastendes Beispiel für Bürokratie: Wenn Unternehmen etwa erweitern möchten, ist das oft sehr schwer, weil sie eine ganze Reihe von komplizierten Auflagen erfüllen müssen. Vor allem kleinere Unternehmen tun sich dabei schwer, weil sie dafür nicht die Mittel und Ressourcen haben.
Was halten Sie von der Gewerbeordnung, die eigentlich schon fertig beschlossen war und jetzt nochmals neu ausgehandelt werden soll? Die Gewerbeordnung ist eine ziemlich alte Gesetzesmaterie. Aus unserer Sicht geht die nun beschlossene Reform der Gewerbeordnung nicht weit genug. Da hätte man sehr viel mehr tun können. Aber es gibt auch einige positive Punkte, etwa im Betriebsanlagenrecht. Hier wurden Erleichterungen für die Unternehmen geschaffen. Der geplante One-Stop-Shop ist allerdings nicht beschlossen worden.
Was wäre für Sie momentan sinnvoller, ein Abbau der Bürokratie oder eine Steuererleichterung? Ich glaube, beides hängt miteinander zusammen. Ein ganz großer Teil der Steuern, die wir zahlen, wird dafür verwendet, die Bürokratie am Laufen zu halten. Mit weniger Bürokratie kann man Abläufe effizienter und effektiver machen. Da Österreich ein Hochsteuerland ist, müssen wir uns auch überlegen, wo wir ansetzen können, um mit anderen Ländern gleichauf zu sein. Der Schwerpunkt liegt auf jeden Fall darauf, Arbeit zu entlasten, und damit das möglich ist, muss man danach trachten, die Verwaltung zu verbessern, um Geld freizubekommen und sinnvoll investieren zu können.
Welche Forderungen haben Sie an die Regierung, und finden Sie hinreichend Beachtung? Einerseits gibt es die Hauptforderung zum Thema Arbeit, also die Belastung des Faktors Arbeit zu senken, flexibler zu werden. 2014/2015 gab es ein Arbeitsmarktpaket, das die IV mitverhandelt hat, und darin war bereits eine Senkung der Lohnnebenkosten verankert. Aber hier ist noch viel mehr mög- lich. Auch beim Thema Bürokratie werden viele kleine Schritte gesetzt, aber ein wirklich großer Wurf gelingt nicht. Ein weiterer Punkt ist die Forschungsprämie. Wenn man in Forschung investiert, kann man das von der Steuer absetzen; dieser Betrag wird jetzt von 12 auf 14 Prozent erhöht, was für uns ein besonders wichtiges Thema war.
Wer finanziert dann die zwei Prozent mehr bei der Forschungsprämie? Hier wird es weniger Steuereinnahmen geben. Aber durch Unternehmensinvestitionen kommt viel wieder zurück. Dass es hier um mehrere Millionen Euro geht, ist uns bewusst. Im 12. Bezirk gibt es zum Beispiel das Pharmaunternehmen Boehringer, das in den nächsten zwei Jahren 700 Millionen Euro in diesen Standort investiert und mehrere hundert Arbeitsplätze schafft. Das bringt neue Steuereinnahmen. Im Wettbewerb um den Standort hat sich gezeigt, dass die Forschungsprämie, die es in anderen Ländern nicht gibt, von großem Vorteil ist.
Welche Vorteile bringt der One-inone-out-Ansatz? Ist er sinnvoll? Mit der Einführung des One-inone-out-Prinzips in Österreich soll der Anstieg von Belastungen für Industrie und Wirtschaft zunächst einmal eingedämmt werden. Für die Zukunft könnte es, nach einer entsprechenden Evaluierung, auch Überlegungen in Richtung Reduktion des Erfüllungsaufwandes geben – one in, two out. In anderen Ländern gibt es das schon.
Wann ist es frühestens zu erwarten, dass alle Verfahren wie zum Beispiel die Genehmigung von Betriebsanlagen über eine Stelle abgewickelt werden? Da gibt es das Bekenntnis dazu, das zu tun. Diese One-Stop-Shops sollen bei den Bezirkshauptmannschaften eingerichtet werden. Wir setzen uns dafür ein, dass das in nächster Zeit umgesetzt wird. Leider wurde die Chance nicht genutzt, bei der Reform der Gewerbeordnung eine entsprechende Regelung zu beschließen.
Sind die Kontrolltätigkeiten der Arbeitsinspektoren noch zeitgemäß? Die Unternehmen wünschen sich mehr Beratung und weniger Bestrafung. Die Arbeitsinspektoren müssen sich natürlich ans Gesetz halten. Wenn die Gesetze klar sind, wird es relativ einfach sein, miteinander richtig umzugehen. Früher hat man zusammen mit den Arbeitsinspektoren Lösungen gefunden, wenn gewisse Forderungen im Unternehmen nicht umsetzbar waren. Heute hat sich das etwas geändert. Oft wird zu schnell gestraft, und es gibt keine Toleranzgrenzen mehr.
Wurden in den verschiedenen Sparten, wie etwa im Gesundheitswesen oder im Pensionsbereich, in denen Reformen nötig wären, Schritte in die richtige Richtung gemacht oder herrscht hier noch Stillstand? Da herrscht wirklich Stillstand, und zwar bei beiden Themen. Es wurden viele Studien durchgeführt, die auf Veränderungen gedrängt haben. Da wir jetzt aber im Herbst wählen werden, wird das nunmehr wahrscheinlich nicht passieren.
Inwiefern soll und kann eine unabhängige Monitoring-Stelle den Fortschritt der Reformen überwachen? Das wäre sehr gut. Wichtig ist, dass sie wirklich unabhängig ist. Monitoring-Stellen können zusammen mit den Medien Druck ausüben und damit Reformen einfordern.