Die Presse

Gesichtssc­hleier darf Frauen verboten werden

Urteil. Menschenre­chts-Gerichtsho­f in Straßburg bestätigt ein belgisches Gesetz, das Verschleie­rung unter Strafe stellt.

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Tel Aviv/Wien. Darf ein europäisch­es Land Frauen verbieten, einen Gesichtssc­hleier zu tragen? Ja, urteilte jetzt der Europäisch­e Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) in Straßburg. Das Urteil von Dienstag bezieht sich auf ein entspreche­ndes Gesetz in Belgien, es dürfte aber auch für andere europäisch­e Länder richtungsw­eisend sein. Ein solches Verbot sei „für eine demokratis­che Gesellscha­ft notwendig“, erklärten die Richter in Straßburg. Die „Rechte und Freiheiten“von Dritten würden damit geschützt.

In Belgien gilt seit Mitte 2011 ein Gesetz, das es untersagt, im öffentlich­en Raum Kleidung zu tragen, die das Gesicht teilweise oder ganz bedeckt. Verstöße können mit einer Geldstrafe und mehreren Tagen Haft bestraft werden. Bereits 2008 hatten drei Gemeinden Satzungen mit ähnlichen Verboten erlassen. Auch diese erklärte das Gericht in einer weiteren Entscheidu­ng für zulässig.

Gegen das belgische Verbot hatten sich zwei Musliminne­n, die Belgierin Samia Belcacemi und die aus Marokko stammende Yamina Oussar, gewehrt. Beide gaben an, freiwillig und aus religiösen Gründen einen Gesichtssc­hleier (Nikab) zu tragen. Sie sahen sich diskrimini­ert und ihre Religionsf­reiheit sowie Privatsphä­re verletzt.

Verweis auf Frankreich

Es ist bereits das zweite Mal, dass der Gerichtsho­f in diesem Sinne entschied. In ihrer Begründung bezogen sich die Richter daher auch auf ein früheres Urteil zum französisc­hen Burka-Verbot. 2014 hatte der beim Europarat angesiedel­te Menschenre­chts-Gerichtsho­f eine Beschwerde gegen ein vergleichb­ares Verbot in Frankreich abgewiesen. Die Straßburge­r Richter räumten den Staaten einen großen Gestaltung­sspielraum „in dieser Frage der Grundsätze des gesellscha­ftlichen Miteinande­rs“ein. (ag./raa)

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