Bretterbudensongs aus der Wüste
Americana. Son of the Velvet Rat, vor drei Jahren in die USA ausgewandert, präsentieren ihr bislang bestes Album „Dorado“im Wiener Rhiz. „Die Presse“sprach mit Georg Altziebler.
Für manche von uns sind Lieder der einzige Besitz. Allerdings einer, der auf die Möglichkeit einer soliden Erlösung hinweist“, schreibt der amerikanische Meistermusiker und Weltklasseproduzent Joe Henry in den Linernotes zu „Dorado“. Das Erstaunliche daran? Diese schattige Liedersammlung stammt aus der Feder eines Österreichers. Georg Altziebler, Sänger und Komponist der 2003 gegründeten Band Son of the Velvet Rat, hat sein angestammtes Revier Klagenfurt verlassen. Vor dreieinhalb Jahren zogen er und seine ihn an den Keyboards begleitende Heike Binder in die Wüste ca. 200 km östlich von Los Angeles. Im kargen Hinterhof ihrer Bretterbude wächst eine Josua-Palmlilie. Ihr Leben funktioniert nun im Takt, den die Green Card vorgibt.
Von März bis Juli touren Son of the Velvet Rat in Europa, den Rest des Jahres ist man in den USA kreativ. Der Einstieg in die amerikanische Musikszene glückte problemlos. „Mich hat total überrascht, wie kollegial die Musiker in den USA sind“, so Altziebler. Einige Kontakte hatte man schon, andere Bekanntschaften ergaben sich recht locker. Etwa jene mit Lucinda Williams, Königin des Alternativ Country. Bei einem Konzert im Hotel Cafe in Hollywood kam sie einfach backstage. „Sie fiel mir schon während des Konzerts auf, weil sie immer wieder was dazwischen rief. Später hätte ich sie beinahe aus der Garderobe hinauskomplementiert. Wegen ihrer Baseballkappe erkannte ich sie nicht gleich.“Man blieb in Verbindung, Williams sang sogar einen Song von Altziebler.
Das war ein erstes Highlight in den USA von einem, der seine frühe Jugend in karin- thischen Rockbands vergeudet hat. Immer war er für das Songwriting verantwortlich, letztlich ging es aber doch im Rock mehr um den Bandklang, als um kompositorische Finesse. Die erarbeitete er sich ab der Gründung von Son of the Velvet Rat. Altziebler hat sich damals dem Americana zugewandt, einem Genreamalgam, das Folk, Country, Blues und einiges mehr umfasst. „Da endlich bin ich auf den Geschmack der Reduktion gekommen“, sagt er, dem mit „Dorado“nach vielen guten Platten nun das Meisterstück gelungen ist. Zehn mit zartbitterer Lebenserfahrung gewürzte Lieder, die die besten Musiker einspielten, mit denen Altziebler bislang gearbeitet hat. „Joe Henry hat ein unglaublich gut eingespieltes Team, mit dem er permanent arbeitet. Im Studio wird praktisch nichts geredet. Alles passiert traumwandlerisch. ,Dorado‘ hat etwas Unmittelbares und Rohes, was ich sehr schön finde, obwohl ich so ein Klangtüftler bin.“
Es sind diese Soundobsession und die Selbstvergessenheit, die Altziebler letztlich in den Olymp amerikanischer Singer/Songwriter gehievt haben. „Lieder zu schreiben, ist das Einzige, das mich je begeistert hat. Alles beginnt mit der Musik. Die bestimmt bei mir die Wortwahl und so die Bedeutung eines Liedes. Nie weiß man, wohin einen dieser Prozess führt.“Seine Szenarien scheinen beständig durch dunkle Wolken verdunkelt. Melancholie dominiert, hat aber auch ihre Facetten. „Das Schöne an Liedern kann doch sein, dass sie textlich nicht nachvollziehbar sind, einen aber doch unmittelbar berühren.“Noch im traurigsten meiner Lieder ist etwas zu finden, das einen zum Lächeln bringt.“Für ihn selbst passiert das in raren Momenten auch. „Ein Lied ist perfekt, wenn es für mich selbst Geheimnis bleibt.“