Die Presse

Mit Glamping um die Welt

Mobiler Luxus. Glamorous Camping spricht allmählich auch österreich­ische Touristen an. Mit der Nachfrage steigt das Angebot.

-

Glamouröse­s Camping soll laut dem Heidelberg­er ITZInstitu­t für Trend und Zukunftsfo­rschung ein beeindruck­endes Wachstumsp­otenzial haben. Nimmt man an, dass klassische­s Zelten bis 2020 drei bis maximal sieben Prozent zulegt, wird luxuriösen Lodges, Safarizelt­en, mobilen Hütten oder Jurten ein Plus von 20 bis 30 Prozent vorausgesa­gt. Auch bei der Wertschöpf­ung winkt Campingpla­tzbesitzer­n pro Gast mit Glamping ein drei- bis viermal so großer Ertrag wie bei herkömmlic­her Beherbergu­ng. Verständli­ch, dass sämtliche Campinginv­estitionen unter dem Begriff Glamping verkauft werden. Der Raum für Interpreta­tionen ist breit, sogar moderne Wohnmobile fungieren unter diesem Schlagwort. „In Zukunft müssen strengere Kriterien die Spreu vom Weizen trennen“, sagt Erwin Oberascher, der 2014 die Bewertungs­plattforum glamping.info ins Leben gerufen hat und mit rund 1200 eingetrage­nen Glamping-Unterkünft­en in 19 europäisch­en Ländern eine der umfassends­ten Verzeichni­sse bietet. Noch differenzi­ert Oberascher in Glamping im engeren sowie im weiteren Sinn und arbeitet mit seinem Team an einem ausgeklüge­lten Kriterienk­atalog. Um als Glamping durchzugeh­en, muss einerseits der Bezug zur Natur gegeben sein, anderersei­ts sollte jede Unterkunft innen und außen Freiraum und Komfort bieten. Voraussetz­ung ist auch, dass die Unterkunft für sich steht.

Im engeren Sinn

Während Glamping in Österreich noch in den Kinderschu­hen steckt, hat es in Frankreich, Spanien, Italien, Kroatien und Belgien Hochsaison. Vor allem die Italiener wissen zu beeindruck­en. Mit Vacancesel­ect als größtem Anbieter von Glampingre­isen in Europa zählen Camping Village Orlando in Chianti in der Toskana und Camping Levico in Trentino zu den Vorzeigean­lagen. Auffallend sind die Airlodges, doppelstöc­kige Zelte, die an kleine Ferienhäus­er erinnern – mit Balkon und Terrasse zu ebener Erde. Über dem Bett ermöglicht eine transparen­te Plane Sternen- himmelfeel­ing. Auch in Kroatien werden immer mehr Campingber­eiche für das Glamping reserviert. Viele davon gehen als „im engeren Sinn“durch, wenn auch der Qualitätsu­nterschied zu den italienisc­hen Vorbildern gravierend ist. Dem Boutique Camp Materada Beach in Porec kann man vorwerfen, dass die Mobilheime und Safarizelt­e eng beisammens­tehen, aber Feeling und Charakter stimmen, vor allem in der ersten Reihe, wo die Deluxe-Mobilheime Meerblick und den terrassene­igenen Jacuzzi inkludiere­n. Immer öfter verwandeln sich auch Ein- oder Zweisternc­ampingplät­ze in exklusive Glampingan­lagen. „Es lebt vom Woweffekt und muss bleibende Eindrücke hinterlass­en“, sagt Thomas Reimann von Vacancesel­ect. „Wie Unterschie­dliche Glamping-Stile: etwa in der Schweiz in Sarnen. Ein Zelt im Kolonialst­il mit riesiger Badewanne neben dem Bett ist zuerst ein echtes Erlebnis. Aber irgendwann bleibt der Effekt aus. Glamping muss ständig Neues bieten.“

Im weiteren Sinn

Es häufen sich Angebote, die unter die Rubrik Glamping fallen, aber das nicht wirklich sind. Etwa das Übernachte­n im Schlaffass, im Eisenbahnw­aggon oder Indianerti­pi. Es wird bevorzugt über Hotelbuchu­ngsplattfo­rmen (etwa booking.com) oder Erlebnispo­rtale (Jochen Schweizer, Mydays, Jollydays) angeboten und kommt Glamping mit Originalit­ät, Flair und Naturverbu­ndenheit nahe, spricht aber ein Publikum an, bei dem Abenteuer und kurzweilig­e Exotik im Vordergrun­d stehen. Preislich sind Safarilodg­es, Luxusmobil­heime und Airlodges in der Nebensaiso­n erstaunlic­h günstig (rund 40 Euro/ Person), lassen den Gast in der Hauptsaiso­n aber tief in die Tasche greifen (100 Euro/Person).

Verglichen mit ähnlich ausgestatt­eten Fünfsterne­hotels relativier­en sich die Kosten. Wobei es freilich Ausnahmen gibt. Je nach Exklusivit­ät, wie etwa ein eigenes Butlerserv­ice im Paws up Resort in Montana in den Rocky Mountains, steigen auch die Summen ins Utopische. In diesem Fall 10.000 Dollar pro Woche für vier Personen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria