Trumps diplomatische Feuertaufe
US/China-Gipfel. Donald Trump steht vor seinem bisher wichtigsten Treffen als Präsident. Gemeinsam mit Xi Jinping muss er ein Entgleiten des Machtkampfs zwischen Washington und Peking vermeiden.
Washington. In Floridas schwüler Hitze muss sich US-Präsident Donald Trump am Donnerstag und Freitag noch mehr darum bemühen, einen kühlen Kopf zu bewahren, als das in den bisher zweieinhalb Monaten seiner Amtszeit der Fall gewesen ist. Sein Gipfeltreffen mit Chinas Präsident, Xi Jinping, im Trump-Millionärsklub in Mar-a-Lago wird entscheidend für die Art und Weise sein, wie die beiden weltgrößten Wirtschaftsmächte in den nächsten vier oder acht Jahren miteinander umgehen.
Die Liste der Konfliktherde ist, ungeachtet der handelnden Personen, lang genug: von Nordkoreas Atomwaffenprogramm über Chinas Territorialstreit mit so gut wie jedem seiner Nachbarstaaten bis zur Frage, nach welchen Regeln der Welthandel künftig funktionieren soll. Die charakterlichen Eigenheiten der beiden Staatsführer erhöhen die Schwierigkeit, ein Einvernehmen zwischen Washington und Peking zu schaffen. Xi konzentriert so viel Macht in seiner Hand, wie es seit Mao Zedong nicht der Fall war, und schafft mit nationalistischer Staatspropaganda ein Ventil für die wachsende soziale Unrast im Volk. Trump wiederum hat China der „Vergewaltigung“Amerikas beschuldigt und als Ursache aller wirtschaftlichen Probleme seines Landes gebrandmarkt. Doch ungeachtet ihrer Gegensätze werden Trump und Xi in vier großen Fragen eine gemeinsame Linie finden müssen.
1 Nordkorea: Ein Konflikt, der Trump und Xi massiv beschäftigt
„Die Vereinigten Staaten haben genug über Nordkorea gesprochen. Wir haben keinen weiteren Kommentar“, teilte das US-Außenministerium im Namen von Minister Rex Tillerson am Dienstag nach dem Start einer neuen nordkoreanischen Rakete mit. Die atomaren Absichten der Diktatur in Pjöngjang beschäftigen Trump mindestens seit Ende der 1990er-Jahre, seine Lösungsidee war stets dieselbe: ein US-Angriff auf Nordkoreas Atomwaffenprogramm. Doch das würde ein apokalyptisches Szenario entzünden. Pjöngjang würde sofort einen massiven Artillerieangriff auf Südkorea starten, dessen Hauptstadt, Seoul, nur wenige Kilometer von der Waffenstillstandslinie entfernt ist.
Zudem sind die nordkoreanischen Nuklearanlagen tief in Bunkern vergraben, während mobile Abschusseinrichten dezentral über das Land verteilt sind. Ohne China ist Nordkoreas atomare Bedrohung nicht zu lindern; das hat Trump mittlerweile erkannt. „Wenn China Nordkorea nicht löst, werden wird es tun“, drohte er allerdings neulich. Wie, ließ er offen. Eine militärische Lösung jedenfalls gibt es, wie dargestellt, nicht.
2 Das Südchinesische Meer: Chinas neuer alter Anspruch als Asiens Hegemon
Gerade erst war Außenminister Rex Tillerson aus Peking abgereist, als der Pilot eines amerikanischen B-1-Bombers über dem Südchinesischen Meer, rund 100 Kilometer südlich einer südkoreanischen Insel, die strenge Warnung von Chinas militärischer Luftraumüberwachung erhielt, sich schleunigst zurückzuziehen. Trumps laute Töne gegenüber Peking finden bisher keine Entsprechung in seinem Handeln als Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte.
So wartet die US-Marine seit Wochen auf das grüne Licht aus dem Weißen Haus, wie bisher bis auf zwölf Seemeilen an Chinas Hoheitsgewässern patrouillieren zu dürfen. Die Symbolik amerikanischer Kriegsschiffe in Gewässern, die von Peking unter Heranziehung alter Seekarten und eines Rückgriffs auf Jahrhunderte ostasiatischer Geschichte sozusagen als Chinas Hausteich anzuerkennen seien, hat schon bisher nicht verhindern können, dass unbewohnte Riffe und Felsinseln von der chinesischen Marine militarisiert wurden. Es wird mit Spannung erwartet, wie Trump Xi davon abbringen will, die fragile Balance auf dieser für den Welthandel wichtigen Transportroute zu erhalten.
3 Globalisierung: Der kapitalistische Protektionist trifft den maoistischen Freihandelsfan
Während Trump in seiner Amtsantrittsrede im Jänner kundtat, dass es von nun an nur mehr „Amerika zuerst“heißen solle, versuchte Xi auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos, die Rolle als Schützer des globalen Freihandels einzunehmen. Das ist angesichts der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in China, der strengen Regulierung ausländischer Investitionen und der Flutung der Weltmärkte mit künstlich billigem Stahl und anderen Massenprodukten eine zweifelhafte Darstellung. Zudem profitiert Amerika wie keine andere Nation von der Weltwirtschaftsordnung, welche Washington nach 1945 schuf. Doch die Optik ist bemerkenswert: Erstmals muss sich ein amerikanischer Präsident über den Nutzen des möglichst unbehinderten grenzüberschreitenden Wirtschaftswesens belehren lassen.
4 Währung und Staatsschuld: Der Dollar schweißt Trump und Xi zusammen
Die Chinesen sind „Großmeister der Währungsmanipulation“, klagte Trump Ende Februar im Interview mit Reuters. Am 15. April wird sein Finanzminister den halbjährlichen Bericht über jene Staaten veröffentlichen, die nach Washingtons Ansicht Währungsmanipulatoren sind. Gewiss hat Peking den Yuan jahrelang künstlich billig gehalten, um seinen Exporten einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Doch seit mehr als einem Jahr tut Chinas Zentralbank das genaue Gegenteil und verkauft Fremdwährungen in Milliardenhöhe, um den Yuan-Kurs nach oben zu drücken. Das soll den Kapitalabfluss aus China bremsen. Zudem schweißt der Dollar die USA und China zusammen.
Per Ende Oktober 2016 hielt China rund 1,12 Billionen Dollar amerikanischer Staatsschulden. Damit ist es hinter Japan der zweitgrößte US-Gläubiger. Es ist weder im Interesse der Amerikaner noch der Chinesen, dieses Verhältnis durch unbedachten Aktionismus zu erschüttern.