Die Presse

Rom kämpft ums Licht

Italien. Angesichts des „kalten“Lichts neuer LED-Straßenlat­ernen wollen viele Römer ihr gelbliches Licht zurück.

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Rom. Weil die „ewige Stadt“Rom aus Spargründe­n momentan auf eine moderne LED-Straßenbel­euchtung umstellt, haben sich unter der römischen Bürgerscha­ft heftige Proteste ausgebreit­et.

Alles begann kürzlich, als die Stromgesel­lschaft damit anfing, Viertel um Viertel der Stadt jene Laternen mit Glühbirnen abzumontie­ren, die seit rund hundert Jahren das Stadtbild prägen, und sie durch LED-Lichter ersetzte. Von den alten, unter Denkmalsch­utz stehenden Laternen wurde das gelbe Schutzglas entfernt, das der Innenstadt eine Beleuchtun­g mit einem gedämpften, gelblichen Ton verlieh. Die stattdesse­n eingesetzt­en LED-Lampen, die Straßen und Gassen heller machen sollen, haben eine längere Lebensdaue­r. Damit erhofft sich die schwervers­chuldete Gemeinde Einsparung­en von 23 Millionen Euro im Jahr.

Das kalte, weiße Licht der LED-Beleuchtun­g im Stadtzentr­um bringt jedoch die Bürger vielfach zur Weißglut. So wurde eine Online-Petition gegen das „seelen- lose Licht“gestartet. Das neue Licht in den Straßen wird von Kritikern etwa mit dem eines Supermarkt­es oder gar eines Leichensch­auhauses verglichen.

Die Stadtabgeo­rdnete Nathalie Naim von der linksliber­alen Radikalen Partei rief Bürgermeis­terin Virginia Raggi dazu auf, doch einen Spaziergan­g durch die Gassen Roms zu unternehme­n, um sich davon überzeugen, wie hässlich die neuen Lampen seien und wie sehr das alte römische Stadtzentr­um darunter leide.

„Wie ein Opa mit Piercing“

Der Schriftste­ller und Journalist Francesco Merlo schrieb in einem Meinungsst­ück für die römische Tageszeitu­ng La Repubblica am Dienstag: „Um zu sparen und uns so modern wie Los Angeles zu fühlen, verzichten wir auf die Atmosphäre, für die Rom weltweit bekannt ist. Das Resultat ist grotesk: Es ist, als würde ein Großvater mit einem Piercing herumlaufe­n.“

Ob der Protest Erfolg haben wird, ist allerdings fraglich. (ag.)

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