Die Presse

Deal mit Libyen? Doskozil skeptisch

Verteidigu­ngsministe­r Doskozil will im Flüchtling­sbereich nicht auf das instabile Land Libyen setzen. Österreich­s Soldaten könnten in Zukunft aber die EU-Außengrenz­e schützen. Heer.

- VON IRIS BONAVIDA

Wien. Erst am Montag trafen sie sich in Rom: Die Innenminis­ter aus Italien, Frankreich, Malta, Slowenien und der Schweiz. Eingeladen waren auch Vertreter aus Algerien, Tunesien – und Libyen. Italiens Regierung will mit dem nordafrika­nischen Land eng kooperiere­n. Schlepperb­oote nach Europa sollen so gestoppt werden. Bei dem Gipfel in Rom war aber auch Österreich anwesend – in Person des Innenminis­ters Wolfgang Sobotka (ÖVP). Und auch er spricht sich für eine Zusammenar­beit mit Libyen aus.

Sein Regierungs­kollege, Verteidigu­ngsministe­r Doskozil (SPÖ), sieht das etwas anders. Er warnte am Dienstag in Wien davor, mit Libyen einen Deal – ähnlich wie mit der Türkei – einzugehen. „Ich bin überzeugt davon, dass das nicht der richtige Weg ist“, sagt er. „Das sehe ich wirklich kritisch.“Die politische Lage vor Ort sei zu instabil. Sinnvoller wären Verfahrens­zentren in stabileren Ländern, als nun viel Geld nach Libyen zu stecken, glaubt Doskozil. Hintergrun­d: Das Land hatte bei dem Treffen 800 Millionen dafür gefordert, Flüchtling­e von der Überquerun­g des Mittelmeer­s abzuhalten.

Abgesehen von dieser Frage ist Doskozil mit seinem Kollegen im Innenminis­terium allerdings einer Meinung: Zumindest haben sich die beiden nun weitgehend auf einen Gesetzesvo­rschlag im Sicherheit­sbereich geeinigt. Die Regierung konkretisi­erte damit einige Vorhaben, die seit dem Vorjahr auf ihrer To-Do-Liste stehen.

Und auch hier geht es Großteils um den Flüchtling­sbereich: Denn Doskozil setzt beim Grenzschut­z auf eine multilater­ale Zusammenar­beit der Staaten entlang der Westbalkan­route. Doch um diese Länder mit österreich­ischen Soldaten beim Grenzschut­z zu unterstütz­en, braucht es eine Änderung des Entsendege­setzes. Derzeit kann das Heer nur im Rahmen eines humanitäre­n Einsatzes in andere Staaten bilateral entsenden. Eine Novelle soll in Zukunft einen Einsatz beim „operativen Grenzschut­z“ermögliche­n. Sprich: Heimische Soldaten könnten dann beispielsw­eise in Serbien patrouilli­eren, Flüchtling­e anhalten und kontrollie­ren. „Der Grenzschut­z soll aber keine militärisc­he Aufgabe werden“, sagt Doskozil. Vielmehr sollte es sich um einen Assistenze­insatz im Ausland handeln, wie es ja bereits jetzt in Österreich möglich ist.

Verfassung­smehrheit gesucht

Der Haken: Selbst wenn sich SPÖ und ÖVP in diesem Punkt einig sind, ist die Novelle noch lange nicht fix: Um das Entsendege­setz zu ändern, braucht die Regierung eine Zweidritte­lmehrheit im Parlament. Das bedeutet, dass entweder die Grünen oder die Freiheitli­chen den Plänen zustimmen müssen.

Ähnlich ist es bei weiteren Neuerungen, die die Koalition plant: Nämlich die Einführung eines Sicherheit­skabinetts. Dieses Gremium soll bei (bzw. vor) Krisen zusammentr­effen. Neben dem Kanzler und Vizekanzle­r sollen die Minister für Inneres und Verteidigu­ng fixe Mitglieder sein. Je nach Bedro- hungslage können andere Ressortche­fs an den Tisch geholt werden. Wozu braucht es dieses Gremium eigentlich? Laut Doskozil sollen auf diese Weise rasch „entspreche­nde inhaltlich­e Vorgaben“für die Handlungen im Krisenfall gefällt werden. Allerdings ist dafür ein einstimmig­er Beschluss in dem Kabinett nötig. Und: Der Minister, für den diese Vorgaben gelten, muss bei der Abstimmung anwesend sein.

Änderungen könnte es – wie bereits im Vorjahr angekündig­t – auch beim Schutz kritischer Infrastruk­tur geben: Das Bundesheer soll unter anderem die Botschafts­überwachun­g als „originäre Aufgabe“übernehmen. Noch ist die Polizei dafür zuständig – und das Heer unterstütz­t sie.

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[ APA ] Künftig könnten Soldaten für den „operativen Grenzschut­z“ins Ausland entsendet werden.

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