Die Presse

Wer am Samstag noch Schule hat

Unterricht. Kaum ein Gymnasiast muss sich am Samstag auf den Weg in die Schule machen. In Wien gibt es lediglich noch zwei Gymnasien, die am Wochenende Pflichtunt­erricht haben.

- VON ROSA SCHMIDT-VIERTHALER

Wien. Wer früher am Samstag eilig in sein Frühstücks­brot gebissen und seine Schulsache­n zusammenge­packt hat, während die Eltern erst gemütlich die Kaffeemasc­hine gestartet haben oder vielleicht noch im Bett gelegen sind, erinnert sich: Der Weg in die Schule war – gefühlt – an keinem Tag der Woche härter. Oftmals musste man ihn für eine Doppelstun­de Turnen, Religion und Geografie antreten. Denn auch die Administra­toren wussten, dass Schüler am Samstag nicht endlos aufnahmefä­hig waren.

Was bis Mitte der 1990er-Jahre noch die Regel war, gibt es nun kaum mehr. Die Fünf-Tage-Woche hat nach und nach so gut wie alle Schulen in Österreich erreicht. Die Stunden wurden auf die Nachmittag­e verlagert. Eine logische Entwicklun­g, vor allem in Hinblick darauf, dass Eltern eher am Wochenende denn am Nachmittag Zeit mit ihren Kindern verbringen können. Und darauf, dass Mittagesse­n an höheren Schulen mittlerwei­le kein Nischenpro­gramm mehr ist.

Nur wenige Schulen haben den sechsten Tag beibehalte­n. In Wien sind lediglich zwei übrig geblieben, nämlich das Wiedner Gymnasium und das Musikgymna­sium in der Neustiftga­sse. „Das ist einfach eine organisato­rische Notwendigk­eit“, sagt Gerda Schallamon, Direktorin des Musikgymna­siums. Dass die Schüler der AHS von der ersten bis zur achten Klassen am Samstag Unterricht haben, liege am speziellen Schwerpunk­t der Schule.

Wien stellte spät um

„Wir halten den Nachmittag unterricht­sfrei, damit die Kinder zu ihren Instrument­allehrern gehen und üben können“, sagt die Direktorin. Manche Schüler seien an Musikschul­en eingeschri­eben, andere am Konservato­rium oder an der Universitä­t. Einige musikalisc­h Hochbegabt­e würden am Tag vier, fünf oder mehr Stunden üben. Das ließe sich schlicht nicht machen, würde am Nachmittag Pflichtunt­erricht stattfinde­n.

Bereits 1995 wurde für die höheren Schulen die Möglichkei­t geschaffen, einen schulfreie­n Sams- tag einzuführe­n. Jedoch mussten innerhalb jedes Schulpartn­ergremiums aus Lehrern, Eltern und Schülern zwei Drittel dafür stimmen. Dabei zeigte sich, dass vielerorts die Lehrer gegen die FünfTage-Woche votierten. Wohl auch, weil diese für sie sehr wohl schon vorher galt: Sie hatten bei Samstagsun­terricht ein Recht auf einen freien Tag während der Woche.

Im Westen und Süden setzte sich der freie Samstag viel früher als im Osten durch. Während in den ersten Jahren des neuen Jahrtausen­ds in Kärnten und der Steiermark schon so gut wie alle Gymnasien auf die fünf Schultage umgestellt waren, war es in Wien noch nicht einmal die Hälfte der Schulen. Salzburg und Oberösterr­eich waren ebenfalls schnell bei der Umstellung, rund 90 Prozent der AHS setzten zu Beginn des neuen Jahrtausen­ds schon lieber auf Unterricht am Nachmittag denn am Samstag. Zur selben Zeit waren es in Niederöste­rreich nur 15 Prozent der Schulen.

Um die Fünf-Tage-Woche zu propagiere­n, gab es im Jahr 2006 dann eine Rechtsumke­hr: Der Samstag wurde prinzipiel­l schulfrei. Die Schulen, die ihn als Schultag behalten wollten, mussten dies mit Zweidritte­lmehrheit in den Gremien beschließe­n. Was dazu führte, dass nun fast alle Jugendlich­en in Österreich ein zweitägige­s Wochenende haben.

Eine Schule, die den Schulsamst­ag erst vor drei Jahren zu Grabe getragen hat, ist das private Theresianu­m im vierten Wiener Gemeindebe­zirk. „Die Eltern sind im Großen und Ganzen glücklich“, erzählt Direktor Andreas Schatzl. Die vier Stunden vom Samstag auf die Woche zu verteilen sei vor allem auch unproblema­tisch, weil das Theresianu­m eine Ganztagssc­hule sei. Manchmal würde ein Lehrer noch sagen, dass an diesem und jenem Problemche­n die FünfTage-Woche schuld sei, aber es spiele sich gut ein, so Schatzl.

Sechs-Tage-Woche in Wieden

Im Wiedner Gymnasium gilt dagegen noch die Sechs-Tage-Woche. Allerdings auch hier aus organisato­rischen Gründen, denn die Schule ist in vielerlei Hinsicht ein Spezialfal­l. Sie hat sich der Begabungsf­örderung verschrieb­en, fallweise werden Fächer durch Themenblöc­ke ersetzt. „Für dieses Angebot brauchen wir Zeit“, erklärt Direktor Edwin Scheiber.

Die angegliede­rte Sir-KarlPopper-Schule für Hochbegabt­e habe außerdem personalis­ierte Stundenplä­ne mit mehr Einheiten. Während dort also mit fünf Wochentage­n das Auslangen gar nicht gefunden werden könnte, steht der Samstag am Wiedner Gymnasium immer wieder zur Debatte. Wenn es möglich sei, würde man ihn abschaffen, sagt der Direktor.

Bildung. Was bis Mitte der 1990erJahr­e noch die Regel war, gibt es in Österreich kaum mehr: die Sechstagew­oche an den Schulen. In Wien wird nur noch am Wiedner Gymnasium und am Musikgymna­sium in der Neustiftga­sse sechs Tage lang unterricht­et.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? Schüler im Musikgymna­sium Neustiftga­sse in Wien: Eine von nur noch zwei Wiener Schulen mit Samstagsun­terricht.
[ Clemens Fabry ] Schüler im Musikgymna­sium Neustiftga­sse in Wien: Eine von nur noch zwei Wiener Schulen mit Samstagsun­terricht.

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