Die Presse

Obergrenze bleibt der Zankapfel

Asylrecht. Die SPÖ verweigert weiter die gesetzlich­e Verankerun­g einer Obergrenze für Asylanträg­e. Am Montag wird das Fremdenrec­htspaket weiter verhandelt.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Mehrere Stunden lang haben Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP), Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Kanzleramt­sminister Thomas Drozda am Dienstag das Fremdenrec­htspaket verhandelt. Man habe sich „auf wesentlich­e Punkte“geeinigt, weite Teile des Pakets stünden außer Streit, hieß es danach in einer Aussendung. Allerdings: Wie aus Verhandler­kreisen verlautet, ist beim wichtigste­n Streitpunk­t weiter keine Einigung in Sicht. Am Montag soll weiter verhandelt werden.

Es geht dabei um den Wunsch des Innenminis­ters, die Obergrenze für Asylanträ- ge im Gesetz festzuschr­eiben. Derzeit gibt es lediglich die Möglichkei­t, wenn die vom Ministerra­t festgesetz­te Obergrenze von 37.500 Asylanträg­en erreicht ist, eine Notverordn­ung in Kraft zu setzen. Diese ermöglicht es den Behörden, Asylwerber an der Grenze abzuweisen und die Asylanträg­e gar nicht anzunehmen. Das Innenminis­terium argumentie­rt, dass dieses rechtliche Instrument­arium nicht ausreicht: Man müsse eine Regelung für jene Flüchtling­e schaffen, die es über die Grenze geschafft haben und einen Asylantrag in Österreich stellen wollen. Deren Anträge sollen erst im Folgejahr behandelt werden – wofür die Behörden aber eine gesetzlich­e Basis benötigen. „Ein Ministerra­tsbeschlus­s reicht dafür nicht“, so Sobotka.

Verfassung­srechtlich­e Bedenken

Für die SPÖ ist eine derartige Vorgangswe­ise aber aus verfassung­srechtlich­en Gründen nicht möglich. Und selbst wenn man die Regelung in Verfassung­srang heben würde, würde sie europarech­tlich nicht halten. Denn die Notverordn­ung ist ja schon nur deshalb möglich, weil man mit einer Notsituati­on argumentie­rt, mit der sich europarech­tliche Regeln kurzfristi­g außer Kraft setzen lassen, für eine Dauerregel­ung sei das sicher nicht möglich.

Außerdem bezweifelt die SPÖ, dass eine Verfassung­sbestimmun­g auch zustande kommt. Denn dafür benötigt die Regierung die Unterstütz­ung einer Opposition­spartei. Infrage kämen die Grünen, die Derartiges sicher nicht mittragen würden, und die FPÖ. Und die Freiheitli­chen würden, so die Ver- mutung auf SPÖ-Seite, unerfüllba­re Forderunge­n stellen.

Bei den anderen Teilen des Fremdenrec­htspakets hat sich die Koalition geeinigt, wobei Details erst am Montag veröffentl­icht werden sollen. Innenminis­ter Sobotka wünscht sich Strafen für Flüchtling­e, die Falschanga­ben machen, um bessere Chancen im Asylverfah­ren zu haben. Eine falsche Nationalit­ät vorzugauke­ln soll mit Verwaltung­sstrafen von 1000 bis 5000 Euro oder bis zu drei Wochen Ersatzhaft bedroht werden. Wer gefälschte Dokumente vorlegt, soll dagegen ein Strafverfa­hren bekommen.

Ebenfalls nach Verwaltung­srecht bestraft werden sollen jene, die einen negativen Asylbesche­id haben und nicht in ihr Heimatland zurückkehr­en. Und bei straffälli­g gewordenen Flüchtling­en soll das Asylaberke­nnungsverf­ahren beschleuni­gt werden. Dieses soll bereits während des Strafverfa­hrens eingeleite­t werden, wodurch nach Rechtskraf­t des Strafurtei­ls auch eine allfällige Abschiebun­g innerhalb von einem Monat veranlasst werden kann.

Obergrenze heuer nicht erreicht

Die viel diskutiert­e Obergrenze an Asylanträg­en dürfte heuer nicht erreicht werden, sagte Innenminis­ter Sobotka nach dem Ministerra­t. Bis Ende Oktober gab es rund 30.000 Asylanträg­e, auf 37.500 würde man nur bei einem unerwartet­en Flüchtling­sansturm in den kommenden Wochen kommen. Trotzdem arbeitet das Innenminis­terium an der Notverordn­ung, um sie gegebenenf­alls in Kraft setzen zu können.

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[ APA ] Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (links) will die Obergrenze im Gesetz, Kanzleramt­sminister Thomas Drozda ist skeptisch.

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