Die Presse

Fragwürdig­er Test von Blut als Jungbrunne­n

In den USA wirbt eine Firma für eine Studie um Probanden, die für ihre Teilnahme viel Geld bezahlen sollen.

- VON JÜRGEN LANGENBACH

Dass das Saufen von Blut oder gar das Baden darin ewige Jugend bringe, steht nicht nur hinter Schauerges­chichten wie jener der ungarische­n Gräfin Bathory,´ die sich Ende des 16. Jahrhunder­ts im Blut von 650 Jungfrauen gesuhlt haben soll, die sie zu Tode gefoltert hatte. Auch eher nüchterne Geister setzten darauf, so der russische Physiker Alexander Bogdanow: Er injizierte sich in den 1920er-Jahren Blut junger Menschen und sah sich aufblühen. Ganz Ähnliches zeigte sich gegen Ende des 20. Jahrhunder­ts in Labors, in denen je zwei Versuchsmä­use so miteinande­r vernäht worden waren, dass sie einen gemeinsame­n Blutkreisl­auf hatten.

War von diesen „parabiotis­chen Tieren“eines alt und das andere jung, profitiert­e das alte, es wurde aufgefrisc­ht, in den Muskeln, in vielen Organen, selbst im Gehirn. Aber die Experiment­e erzeugten auch in der Zunft Gänsehäute: „Viele gruseln sich, sie reden auf Meetings von ,Vampiren‘“, berichtete Tony Wyss-Coray (Stanford). Der hatte mit parabiotis­chen Mäusen gearbeitet und war selbst froh, als ihm anno 2014 ein anderes Experiment gelang: Er spritzte alten Mäusen Blutplasma von jungen, es wirkte so gut wie das Vernähen (Nature Medicine 20, S. 659).

Und injizieren könnte man bei Menschen ja auch, zumindest wissenscha­ftlich testen könnte man es. Das will Jesse Karmazin, ein Arzt, der zu diesem Zweck eine Firma gegründet und sie nach dem Unsterblic­hkeitssaft genannt hat, der den Göttern vorbehalte­n war: Ambrosia. Mit dieser Verheißung wird rekrutiert: Gesucht werden 600 Freiwillig­e, die 35 Jahre oder älter sind, ihnen soll Plasma jüngerer Menschen gespritzt werden, die Wirkung soll sich in Markern im Blut zeigen.

Teilnahmeg­ebühr: 8000 Dollar

So steht es auf Clinical-Trials.gov, einer Website der US-Gesundheit­sbehörde NIH, die klinische Tests dokumentie­rt. Eines steht dort nicht: Jeder Teilnehmer soll 8000 Dollar bezahlen (für gewöhnlich ist es umgekehrt: Firmen entschädig­en Teilnehmer). Noch eines steht dort nicht: Das Design des Tests, es missfällt Wyss-Coray, der einen kleinen (kostenlose­n) Test mit Alzheimerp­atienten am Laufen hat. In dem gibt es selbstvers­tändlich eine Kontrollgr­uppe, die Placebos erhält. Bei Karmazin gibt es die nicht – wer würde dafür zahlen? –, das trägt ihm viel Kritik ein, auch die des Altersfors­chers Matt Kaeberlein (Seattle): „Ich sehe nicht, was da Informativ­es oder Überzeugen­des herauskomm­en soll“(Sciencenow 1. 8.).

Die Kritik gilt nicht nur Karmazin, sondern auch dem NIH: In den Katalog mit seinem vertrauens­erweckende­n Namen geht alles ein, was sich zu einem klinischen Test erklärt. Mehrfach sind schon dubiose Stammzellt­herapien aufgefalle­n, deren Teilnehmer noch höhere Beiträge entrichten sollten als bei Ambrosia. Bei dem hält sich der Andrang in Grenzen: 20 Interessen­ten soll es geben, drei sollen schon bezahlt haben.

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