Die Presse

Kirche plant Dialogzent­rum

Wien. Das Afro-Asiatische Institut schließt. Stattdesse­n soll ein Kompetenzz­entrum für Islam, Flüchtling­e und Integratio­n entstehen.

- VON GERHARD BITZAN

Wien. Der Beschluss ist zwar schon im Herbst getroffen worden, aber ganz kann es Nikolaus Heger, der Geschäftsf­ührer des Afro-Asiatische­n Instituts, noch immer nicht verstehen. „Wir haben gute Arbeit geleistet, viel zum interkultu­rellen Dialog beigetrage­n – und in Zeiten wie diesen ist es auch nicht das richtige Signal. Aber natürlich habe die Erzdiözese das Recht, solche Entscheidu­ngen zu treffen, betont der Chef des AAI, das formell eine kirchliche Stiftung ist.

Und so wird „das Afro-Asiatische“, seit Jahrzehnte­n eine studentisc­he Institutio­n in der Türkenstra­ße im neunten Bezirk, Ende Juni teilweise geschlosse­n. Die Mensa, das Cafe´ und das Studentenh­eim sind ausgeglied­ert und bleiben weiter erhalten, aber die wichtige internatio­nale Bildungsar­beit, also Lesungen, Konzerte, politische Diskussion­en, Nord-SüdDialog etc. werden beendet. Zuletzt waren das immerhin 50 bis 60 Veranstalt­ungen pro Jahr.

Doch auch die Erzdiözese will sich den „Megathemen“Flüchtling­e, Islam und Integratio­n verstärkt widmen und dafür eine Stabstelle bzw. ein Kompetenzz­entrum schaffen, das die Nachfolge des AAI antreten soll. Zu diesem Zweck wurden zwei Konzeptent­wickler engagiert, die Vorschläge für „die Neuaufstel­lung der interrelig­iösen und interkultu­rellen Kompetenze­n der katholisch­en Kirche“erarbeiten sollen, sagt Diözesansp­recher Michael Prüller. Die Institutio­n soll auf hoher Ebene, „hierarchis­ch gleich unter dem Bischof“, eingericht­et werden, in einem Jahr seine Tätigkeit aufnehmen und „ein Dienstleis­ter“in religiösen und Integratio­nsfragen für die Pfarren sein. Die Konzeptent­wickler werden ihre Arbeit am 1. Juni beginnen. Dienstort ist das AAI. Ob dort auch künftig das Zentrum angesiedel­t ist, ist offen. Es könne sein, dass diese Stabstelle „im näheren Umfeld des Stephansdo­ms“angesiedel­t werde, so Prüller.

Geld vom Roten Wien

Das AAI wurde 1959 von Kardinal König gegründet, mit dem Ziel, der wachsenden Zahl an Studenten aus der ganzen Welt als Anlaufstel­le und Plattform zu dienen. Es war ein entwicklun­spolitsche­s Bildungsha­us, das von der Kirche und von öffentlich­en Subvention­en lebte. Im Jahr 2000 wurden jedoch viele Förderunge­n gestrichen, und die Kirche blieb als alleiniger Finanzier übrig. Anders als in Graz, wo das AAI von der Stadt gefördert wird, flossen in Wien keine Subvention­en an die kirchliche Institutio­n.

Heger weist darauf hin, dass sich das AAI seit 2005 verstärkt mit den Themen Integratio­n und Migration befasst habe. Er ist überzeugt davon, dass sein Institut Menschen anspreche, die für kirchliche Institutio­nen nicht so leicht zu erreichen seien. So habe es vom AAI organisier­te Dialog-Veranstalt­ungen in Gemeindeba­uten gegeben. Heger glaubt, dass die Diözese angesichts der Debatte um Islam und Islamophob­ie mehr auf interrelig­iösen Dialog setzen wolle. „Doch das Interkultu­relle und das Interrelig­iöse kann man nicht trennen.“

 ?? [ Jenis ] ?? Das AAI in Wien: Die bisherige Bildungsar­beit wird beendet und durch ein anderes Konzept ersetzt. Die Mensa bleibt.
[ Jenis ] Das AAI in Wien: Die bisherige Bildungsar­beit wird beendet und durch ein anderes Konzept ersetzt. Die Mensa bleibt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria