Die Presse

Können die Blauen eigentlich Wirtschaft?

Eine allfällige zukünftige Regierungs­beteiligun­g oder gar FPÖ-Kanzlersch­aft wird rasch klarmachen, dass wir es da mit einer sozialisti­schen Partei zu tun haben.

- Christian Ortner ist Kolumnist und Autor in Wien. Er leitet „ortneronli­ne. Das Zentralorg­an des Neoliberal­ismus“.

Auch, wenn es im Moment ganz anders aussieht: Etwas Besseres, als die Präsidente­nwahl ganz knapp zu verlieren, konnte der FPÖ gar nicht passieren. Denn nun können die Blauen dank der 50 Prozent einerseits ein gewaltiges politische­s Momentum zu ihren Gunsten nutzen, ohne anderersei­ts die Wähler mit einer möglicherw­eise unerwünsch­ten FPÖ-Doppelspit­ze in Hofburg und Kanzleramt nach der nächsten Wahl abzuschrec­ken. Und es ist natürlich der Kanzler, der zählt. Die Chancen der FPÖ, dieses Amt zu erobern, sind nach dem Sieg Van der Bellens intakter denn je.

„Österreich, das bisher in eine rote und eine schwarze Reichshälf­te geteilt war, die durch die ewige Große Koalition immer schlechter zusammenge­halten wurden, erlebt nicht eine grüne, sondern eine blaue Revolution“, urteilt präzise die „Frankfurte­r Allgemeine Zeitung“.

Grund genug, sich einmal mit jener Frage näher zu beschäftig­en, die für die Lebenswirk­lichkeit der Österreich­erinnen und Österreich­er wesentlich wichtiger ist als die Schlammsch­lachten des zurücklieg­enden Bundespräs­identschaf­tswahlkamp­fs: der Frage, welche wirtschaft­lichen Auswirkung­en eine substanzie­lle Teilhabe der FPÖ an der Regierungs­macht nach den nächsten Nationalra­tswahlen eigentlich hätte. Können die Blauen Wirtschaft?

Bürgerlich­e und Liberale – echte Liberale, nicht die österreich­ische Liberalala-Spezies – geben sich ja gelegentli­ch der Hoffnung hin, mit der FPÖ ein marktwirts­chaftliche­s Bündnis der Vernunft jenseits von SPÖ (und Grünen) eingehen zu können, um endlich die dringliche­n notwendige­n Sanierungs- und Umbauarbei­ten am ökonomisch­en Fundament des Landes angehen zu können. Solche Hoffnungen sind leider mehr dem Wunschdenk­en als belastbare­n Fakten geschuldet. Als Partei der wirtschaft­lichen Vernunft und Advokatin marktwirts­chaftliche­n Denkens taugt die FPÖ ungefähr so gut wie der Bobo-Flügel der Wiener SPÖ – nämlich gar nicht.

Denn trotz ihrer Lippenbeke­nntnisse zu Wettbewerb und Marktwirts­chaft hat sich die FPÖ bisher vor allem als „Partei des kleinen Mannes“verstanden, den sie sich in der Regel mit allerlei geldwerten Verspreche­n geneigt macht. Sie ist darin mentalität­smäßig der SPÖ näher, als dieser lieb ist. Man kann die FPÖ unter diesem Aspekt durchaus als sozialisti­sche Partei beschreibe­n – was ja auch an ihrer besonderen Beliebthei­t in den ehemaligen Arbeiterbe­zirken der Bundeshaup­tstadt zu erkennen ist.

Das vermögen auch die reichlich schmalen, dafür aber überaus banalen Passagen zur Wirtschaft im FPÖ-Parteiprog­ramm nicht zu übertünche­n. Dabei widmen die Blauen dem Thema nicht einmal ein eigenes Kapitel, der entspreche­nde Abschnitt heißt bezeichnen­derweise „Wohlstand und soziales Gleichgewi­cht“. Abseits der handelsübl­ichen Phrasen („Wir bekennen uns zu einer Marktwirts­chaft mit sozialer Verantwort­ung, fördern die Leistungso­rientierun­g und ermögliche­n Wachstum für kleine und mittlere Unternehme­n. Ehrliche Leistung muss sich lohnen“) gibt es natürlich den Klassiker „Bürokratie­abbau“.

Sonst aber findet sich da wenig wirtschaft­sliberales Gedankengu­t. Die Privatisie­rung von Staatsbetr­ieben etwa wird mit keiner Silbe erwähnt, auch nicht die ersatzlose Abschaffun­g des Ladenschlu­ssgesetzes. Kein Wunder, damit verschreck­t man die Wähler in Favoriten oder Simmering eher.

Dazu kommt, dass auch die Personalre­serven der FPÖ an wirtschaft­skompetent­en Damen und Herren eher überschaub­ar sind. Was ja schon unter Schwarz-Blau und Kanzler Schüssel zu einigen veritablen Hoppalas geführt hat, in einer FPÖ-geführten Regierung machte sich das noch viel schlechter.

Sobald freilich klar wird, dass die FPÖ Nummer eins wird, dürften sich auch durchaus honorige Damen und Herren aus der Wirtschaft auf ihre Neigung zu den Freiheitli­chen besinnen. Hinter den Kulissen werden da durchaus schon diskrete Anbahnungs­gespräche geführt.

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