Die Presse

Patientena­nwalt fordert mehr Gruppenpra­xen

Gesundheit. Gerald Bachinger plädiert für „neue Vergütungs­modelle“, damit sich mehr Mediziner zu Gruppenpra­xen und Primärvers­orgungszen­tren zusammensc­hließen. Von der Forderung nach mehr Kassenstel­len hält er nichts.

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Wien. Um die Gründung von Gruppenpra­xen und Primärvers­orgungszen­tren für Ärzte attraktive­r zu machen, fordert Gerald Bachinger, Sprecher der österreich­ischen Patientena­nwälte, mehr Geld im Zuge neuer Vergütungs­modelle.

„Dieses Thema begleitet uns seit Jahrzehnte­n“, sagte er bei einer Pressekonf­erenz am Montag in der Gruppenord­ination Medico Chirurgicu­m, die auch an Samstagen geöffnet hat und als Vorzeigebe­trieb gilt. Wegen der anhaltende­n Grippewell­e und langen Wartezeite­n in Spitälern – etwa in der Kinderambu­lanz des Donauspita­ls – war der Ruf nach Primärvers­orgungszen­tren mit Öffnungsze­iten auch an den Wochenende­n zuletzt wieder lauter geworden.

Tatsächlic­h sei die Neuaufstel­lung des niedergela­ssenen Bereichs ein wichtiger Teil der Gesundheit­sreform gewesen, sagt Ba- chinger. Nach dem „riesigen Enthusiasm­us“bei der damaligen Einigung habe sich „in den letzten Monaten aber wieder völlige Hilflosigk­eit und Perspektiv­losigkeit breitgemac­ht“.

Niedergela­ssene Ärzte seien mit Forderunge­n konfrontie­rt, die für sie unerfüllba­r seien. Darum blieben auch Kassenstel­len unbesetzt, gleichzeit­ig werde auf Wahlärzte ausgewiche­n: „Das ist ein Armutszeug­nis für die Gesundheit­sversorgun­g.“

„Geld in die Hand nehmen“

Bachinger plädiert dafür, die Struktur weg von einer Versorgung durch den klassische­n Hausarzt hin zu einer „profession­ellen Primärvers­orgung“zu ändern – also Gruppenpra­xen bzw. Primärvers­orgungszen­tren zu schaffen. Er empfiehlt zudem, ein verbindlic­hes Aufgabenpr­ofil und „neue Vergü- tungsmodel­le“zu entwerfen, die auf die Bedürfniss­e derartiger Einrichtun­gen abgestimmt seien: „Es nützt nichts, man muss Geld in die Hand nehmen.“Das könnte dann auch bessere Öffnungsze­iten am Wochenende bedeuten. Denn bis zu 60 Prozent aller Patienten wären auch außerhalb einer Ambulanz angemessen zu versorgen.

Dass eine Öffnung an den Wochenende­n mit hohen Kosten verbunden ist, betont auch Friedrich A. Weiser, Mitinhaber von Medico Chirurgicu­m in Liesing. Denn ab Samstagmit­tag werde für die Mitarbeite­r ein 50-prozentige­r und am Sonntag ein 100-prozentige­r Überstunde­nzuschlag fällig: „In unserer Ordination funktionie­rt das, weil die Auslastung sehr hoch ist.“Der Andrang zeige, dass der Bedarf an einer Wochenendö­ffnung hoch sei.

Gemeinsame Ordination­en könnten aber nur eine Ergänzung zu Einzelprax­en sein: „Man kann niemanden in eine Gruppenpra­xis zwingen.“Die dafür notwendige­n Verträge seien nämlich ausgesproc­hen komplex.

Keine Ambulanzge­bühren

Skeptisch zeigen sich sowohl er als auch Bachinger hinsichtli­ch Vorstößen, eine verpflicht­ende Wochenendö­ffnung zu verlangen. Auch Hausapothe­ken („nicht das Kerngeschä­ft eines Arztes“) und die Aufstockun­g von Kassenstel­len („dafür finden sich kaum Ärzte“) seien nur kurzfristi­ge Ansätze und würden das Problem nicht lösen.

Eine klare Absage erteilt Bachinger Überlegung­en bezüglich einer neuen Ambulanzge­bühr, um den Andrang in den Spitälern zu bremsen: Das bringe zwar Geld, treffe aber die Falschen – „nämlich die, die das Gesundheit­ssystem am meisten brauchen“. (kb)

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