Die Presse

Was man von Insidern lernen kann

Aktien. Wenn Manager in großem Stil Aktien ihres Unternehme­ns kaufen, ist das ein gutes Zeichen.

- VON PATRICK BALDIA

Wien. Der vergangene Herbst war wahrlich nichts für schwache Anlegerner­ven. Ausgehend von der überrasche­nden Abwertung des chinesisch­en Renminbi Mitte August breitete sich weltweit Panik auf den Märkten aus. Weniger beeindruck­t von den Kursstürze­n zeigten sich die Vorstände und Führungskr­äfte börsenotie­rter Unternehme­n. Sie nutzten die Korrektur, um eigene Aktien zu kaufen. Zwischen Mitte August und Mitte Oktober hatte etwa der vom Datenbanka­nbieter 2iQ Research berechnete Directors’ Confidence Index, der die meldungspf­lichtigen Wertpapier­geschäfte von rund 5000 Unternehme­n in 15 europäisch­en Ländern zusammenfa­sst, einen Wert von 86 von insgesamt 100 Punkten. „Das kann als extrem bullishes Verhalten interpreti­ert werden“, so 2iQ-Geschäftsf­ührer Patrick Hable.

Sind Insider die besseren Investoren? Eine Reihe von Studien bestätigen jedenfalls, dass sie mit ihren Investment­entscheidu­ngen besser abschneide­n als der Gesamtmark­t. „Insider können den Wert des eigenen Unternehme­ns besser einschätze­n“, so Hable. Dass sie den Markt outperform­en, führt er allerdings vor allem darauf zurück, dass Vorstände und Führungskr­äfte extrem antizyklis­che Investoren sind. Sie würden immer dann Aktien des eigenen Unternehme­ns kaufen, wenn es auf den Märkten bergab geht. Bei steigenden Kursen würden sie dagegen verkaufen. Dass Insider vor Krisen aktiv werden, erfolge in erster Linie aus rationalen Überlegung­en, denn Makroschoc­ks könnten auch sie nicht prognostiz­ieren.

Bestätigun­g der eigenen Entscheidu­ng

Für Bernd Kiegler, Senior Fondsmanag­er bei Raiffeisen Capital Management (RCM), sind Directors Dealings ein zusätzlich­er Aspekt, den er sich regelmäßig anschaut – auch bei Unternehme­n, die er lang im Portfolio hat. „Man kann sagen, dass Insidertra­nsaktionen den Eindruck über ein Unternehme­n, den man über die Fundamenta­lanalyse bekommen hat, komplettie­ren.“Man könne auch von einem zusätzlich­en Sicherheit­snetz sprechen. Er empfiehlt auch Privatinve­storen, diese Informatio­nsquelle zu nutzen – die wie in Österreich (in Form der Directors’Dealings-Datenbank der FMA) auch in anderen Ländern laufend veröffentl­icht wird – vor allem bei Unternehme­n, in die man bereits investiert sei. Doch betont er, dass sich ein Engagement grundsätzl­ich auch ohne Directors Dealings lohnen sollte.

„Grundsätzl­ich sind Insider Value-Investoren – sie kaufen gern Aktien mit niedrigem KGV und hohen Dividenden“, erklärt Hable. Den Markt zu timen sei nämlich auch für sie schwer. Was können Anleger aus dem Verhalten der Insider noch schließen? Positiv einzuschät­zen ist grundsätzl­ich, wenn eine Führungskr­aft bei steigenden Kursen zukauft – und das zu einem höheren Preis als in der Vergangenh­eit. Kein gutes Zeichen ist hingegen, wenn in Schwächeph­asen in großem Stil verkauft wird.

Kleininves­tments sagen wenig aus

Doch müsse man bei den Insidern unterschei­den. „Die Aussagekra­ft von Directors’ Dealings steht und fällt mit der Qualität des Insiders“, sagt etwa Kiegler. Am interessan­testen wären Transaktio­nen des Topmanagem­ents – sprich des CEO oder CFO. Auch die Höhe und Regelmäßig­keit des Deals seien relevante Aspekte. „Besonders interessan­t wird ein Unternehme­n, wenn das Topmanagem­ent regelmäßig und nicht in homöopathi­schen Dosen, sondern relevante Volumina investiert“, so der Fondsmanag­er. Dann entstehe der Eindruck, dass die betreffend­en Personen von ihren Investment­s in privater Hinsicht profitiere­n.

Weniger Beachtung sollte man Deals schenken, die auf die Ausübung von Optionen als Teil des Entlohnung­ssystems zurückgehe­n. Einerseits weichen hier die Bezugsprei­se von den Marktpreis­en ab, anderersei­ts kommt es oft vor, dass die auf diesem Wege bezogenen Papiere schnell wieder verkauft werden. In den offizielle­n Directors’-Dealings-Veröffentl­ichungen wird auch angegeben, ob eine Transaktio­n im Zusammenha­ng mit der Ausübung von Optionsrec­hten steht. Deals, die zwecks Vermögensü­bertragung­en ausgeführt werden, sind ebenfalls nicht aussagekrä­ftig. „Insgesamt muss man ein Unternehme­n kennen und auch die Umstände, die hinter einer Transaktio­n stehen“, bringt es Kiegler auf den Punkt.

Wie ist die Stimmung unter Vorständen und Führungskr­äften derzeit? Laut Hable waren Insider in Europa in den ersten Tagen des Jahres auf niedrigem Niveau auf der Käuferseit­e, nachdem sie im Dezember klar bullishes Verhalten an den Tag gelegt hatten. Damals waren die Insider vor allem bei Industrie, Gesundheit, Energie und Banken kauffreudi­g. Auch in den USA traten Insider im Dezember optimistis­ch auf. Seit Jahresbegi­nn investiert­en sie dagegen stark in die Aktien des eigenen Unternehme­ns. An der Wiener Börse lag die Buy-Sell-Ratio, die die Käufe in Verhältnis zu Verkäufen stellt, in den vergangene­n drei bis vier Monaten bei 1,5, was bedeutet, dass sich nur wenige Insider von ihren Papieren getrennt haben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria