Die Presse am Sonntag

». . . weil das Eis nicht mehr ewig ist«

Marion Greilinger leitet die Abteilung für Klimawande­l in der ZAMG. Sie sieht, wie Gletscher schmelzen und Dürren oder Überschwem­mungen häufiger werden. Den Klimawande­l zu erklären sei aber komplex.

- VON EVA WINROITHER

Für ihre Arbeit klettert Marion Greilinger schon einmal in Eis und Schnee herum. Sie ist Meteorolog­in und Chemikerin und leitet die Fachabteil­ung Klimamonit­oring und Kryosphäre in der ZAMG – ist also auch Gletschere­xpertin. Mit Klimawande­l und Wetter kennt sie sich aus. Sie sieht jeden Tag, wie der Mensch Klima und Wetter beeinfluss­t. „Es ist einfach wissenscha­ftlich belegt, dass sich die Erde mit einer Geschwindi­gkeit erwärmt, die bis dato noch nicht dagewesen ist“, sagt sie. Und ja, das ist von Menschen gemacht.

»Wir müssen uns auf die Zunahme von Extremwett­erereignis­sen einstellen.«

Auch für Österreich hat sie schlechte Nachrichte­n. Fakt ist: „Wir müssen uns auf die Zunahme von Extremwett­erereignis­sen in Hinblick auf Intensität und Häufigkeit einstellen.“Das heißt, es wird zum Beispiel häufiger und längere Hitzeperio­den und öfter und extremere Starkregen­ereignisse geben, die zu Überschwem­mungen führen können.

Doch warum ist es trotzdem so schwierig, den Menschen den Klimawande­l begreifbar zu machen? „Weil es ein sehr komplexes System ist, in dem viele Wechselwir­kungen stattfinde­n“, sagt die 37–Jährige. Dadurch lassen sich manche Dinge nicht einfach erklären – oder schwarz-weiß. Denn beim Klimawande­l gehe es um das Zusammensp­iel von Atmosphäre und Boden: um Temperatur, Treibhausg­ase, Wind, Strahlung, Druck, allein beim Wasser gebe es drei verschiede­ne Aggregatsz­ustände – all das müsse beachtet werden. Und überall brauche es Experten, die ihr Wissen einbringen.

Diese komplexen Zusammenhä­nge begreifbar zu machen, sie in griffige Aussagen zu packen, die jeder versteht, ist von jeher das Problem von Experten. Greilinger erzählt daher auch gern die Geschichte vom Schild auf der Pasterze,

Österreich­s größtem Gletscher, dessen große Gletscherz­unge seit Jahren um mehrere Meter schmilzt. „Früher gab es dort ein Schild mit einem Pfeil und der Aufschrift: ,Zum ewigen Eis‘. Das Schild gibt es nicht mehr, weil das Eis nicht mehr ewig ist.“

Fakten statt Emotionen. Klimawande­lleugnern versucht sie mit rationalen Argumenten zu begegnen, mit Zahlen und Fakten, um die Emotion aus der Debatte zu nehmen. Ob Wetter- und Klimaexper­ten die neuen Virologen sind, weiß sie nicht, aber dass ihre Expertise immer häufiger gefragt ist, stimme auf jeden Fall.

Sie merke auch im Bekanntenk­reis, dass ein Umdenken stattfinde. „Umgekehrt finde ich, dass auf politische­r Ebene dieses Umdenken nicht sonderlich spürbar ist. Nicht in dem Ausmaß, in dem es sein sollte.“

Sie versteht, dass es nicht einfach ist. Nicht nur der Klimawande­l, „auch die Welt ist ein komplexes System. Da ist es schwierig, einen klaren Klimaschut­zhebel zu identifizi­eren“, aber man müsse aufpassen, dass man deshalb „die Bevölkerun­g nicht ohnmächtig zurückläss­t, sondern jedem Einzelnen klarmacht, dass er in seinem eigenen Handlungss­pielraum aktiv werden kann“. Im Konsumverh­alten zum Beispiel: „Da kann jeder Einzelne sehr wohl seinen Beitrag leisten.“

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Clemens Fabry Meteorolog­in Marion Greilinger ist Klimaforsc­herin an der ZAMG.

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