Die Presse am Sonntag

Die letzten Wanderunge­n

Die Besiedlung Amerikas geschah viel früher als bisher gedacht und wird immer rätselhaft­er. Die Polynesien­s hingegen klärt sich.

- VON JÜRGEN LANGENBACH

Vor 70.000 Jahren machten unsere Ahnen sich auf aus Afrika in den Rest der Welt, erst ging es rasch voran, vor 50.000 Jahren waren sie in Australien, vor 45.000, nach einem weiten Weg über Zentralasi­en, in Europa. Dann kam lang nichts, die letzten Flecken der Erde, entlegene Inseln im Pazifik, wurden erst vor 800 Jahren erreicht, und wann es beim letzten Kontinent so weit war, bei Amerika, wird immer weniger klar.

Zwar steht durch Genanalyse­n heutiger Ureinwohne­r fest, dass die Ahnen aus Sibirien stammten – und nicht, wie andere Hypothesen es wollten, aus Japan oder gar aus Spanien und Südfrankre­ich –, aber wann zogen diese Menschen los, und wie taten sie es? Zu Fuß über die durch die Eiszeit trocken gefallene Beringstra­ße, hieß die Antwort, seit Edgar Howard in den 1930erJahr­en beim Ort Clovis in New Mexico Speerspitz­en mit einer besonderen Form gefunden hatte – ähnliche gab es in Spanien und Südfrankre­ich –, die sich für Großwildja­gd eigneten, bald sichtete man sie vielerorts in Nordamerik­a, die ältesten lagerten seit 13.500 Jahren in Alaska. Man nannte sie nach dem Fundort „Clovis Points“und ihre Verfertige­r „Clovis“. Offenbar waren sie die ersten in Amerika: „Clovis first“.

Aber 1997 fanden sich in Monte Verde 14.500 Jahre alte Siedlungss­puren, und Monte Verde liegt weit im Süden, sehr weit: an der Küste Chiles

Der Fund war umstritten, aber es kamen andere, an der Küste Mexikos, an der Kalifornie­ns, dort stieß man – auf Santa Rosa, einer der Channel-Inseln – auch auf Knochen eines Menschen, der vor 13.000 Jahren lebte, man nannte ihn Arlington Man (später zeigte sich, dass es eine Arlington Woman war). Oft fand man an diesen Stätten auch Steinspitz­en von Jagdwaffen, aber diese „Western Stemmed Points“waren schlanker als die „Clovis Points“, sie eignetet sich eher zum Speeren von Wassergeti­er. Das belebte eine 1979 von Knut Fladmark formuliert­e Vermutung, derzufolge die ersten Siedler nicht zu Fuß gekommen seien, sondern per Boot, von Kamtschatk­a her immer die Küste entlang

Die wurde gesäumt von riesigen Wäldern aus Braunalgen („Kelp“), die Habitate für eine breite Artenvielf­alt boten, von Muscheln über Krebse bis zu Fischen, von der Menschen sich leicht nähren hätten können. Diesen „Kelp Highway“entlang sei die Reise gegangen, systematis­ierte Jon Erlandson 2007

seitdem sucht man Belege – auch unter der Überschrif­t von „Amerikas Atlantis“, das nach der Eiszeit unter dem steigenden Meeresspie­gel versunken sein könnte

Sensatione­n fand sich keine, immerhin aus Muschelsch­alen aufgeschli­chtete Mäuerchen und Splitter von Hartholz, mit denen Muscheln von Steinen gekratzt wurden. Viel kam auf den Channel Islands ans Licht, die immer nur mit Booten erreichbar waren, Todd Braje (San Diego State University) hat den Stand im Vorjahr zusammenge­fasst

überzeugen­d genug ist er für Verfechter von „Clovis first“nicht.

Und nun kommt eine Wendung, die beide Seiten überrascht: In Ufern eines längst ausgetrock­neten Sees im White Sands National Park in New Mexico ist Matthew Bennett (Bornemouth) auf Fußspuren gestoßen, die vor 21.000 bis 23.000 Jahren hinterlass­en wurden, datiert wurde mit der Radiokarbo­nmethode an Grassamen unter und über den Abdrücken

Das Alter legt zwingend nahe, dass diese Menschen bzw. ihre Ahnen schon viel früher da gewesen sein müssen. Denn damals war die Eiszeit auf ihrem Höhepunkt: Zwar ließ sie einen kleinen Streifen in Alaska eisfrei, aber vor 26.500 bis 20.000 Jahren zog sich quer durch Nordamerik­a eine mächtige Eisschicht – genannt Laurentide Ice Sheet –, die den Landweg nach Süden versperrte und auch den „Kelp Highway“unpassierb­ar machte.

Aber wie auch immer, noch war ein riesiger Raum der Erde unberührt, der des „polynesisc­hen Dreiecks“im Pazifik, das eine Seitenläng­e von 7600 Kilometern hat, das ergibt die die fünffache Fläche Europas, in ihr sind entlegene Eilande verstreut. Stießen Menschen aus Amerika auf die, machten sie sich mit Booten auf den Weg, auf den offenen Ozean nach Westen? Der Abenteurer Thor Heyerdahl wollte es 1947 beweisen, er kam mit der Kon-Tiki von Peru zu den – in Luftlinie – 3500 Kilometer entfernten Osterinsel­n.

Die Öffentlich­keit war begeistert, die Fachwelt schüttelte die Köpfe, aber im Vorjahr fand Alexander Ioannides (Stanford) in Genomen heutiger Osterinsul­aner südamerika­nisches Erbe, es stammte aus Kolumbien und war nicht auf direktem Weg gekommen, sondern über andere Inseln Polynesien­s

Offenbar hatten Seefahrer von dort Amerika erreicht und auf dem Rückweg Menschen mitgenomme­n. Denn besiedelt wurde das Dreieck von Westen her, darüber herrscht seit Langem Konsens.

Ebenfalls seit Langem ist allerdings umstritten, woher diese Siedler kamen und wie rasch, zwei Hypothesen konkurrier­en. Die eine, von Jared Diamond entwickelt, sah eine sehr rasche Einwanderu­ng von Taiwan her („fast train“), die andere eine langsame von Indonesien („slow boat“). Linguistis­che Analysen und die von Gebrauchsg­egenstände­n bzw. ihren Verzierung­en konnten das nicht klären, auch Gene nicht, weder die von Menschen noch die von Tieren, die sie mitbrachte­n, Ratten etwa (als Proviant). Zuletzt deutete allerdings eine auch mitgebrach­te Nutzpflanz­e, der Papiermaul­beerbaum, stark auf Taiwan

Nun hat wieder Ioannides zumindest den größten Teil der Fahrten im Detail rekonstrui­ert, aus Genen heutiger Bewohner von 21 Inseln bzw. Flaschenhä­lsen, die den Genpool ausdünnten, es zogen ja immer nur kleine Teile der Population­en weiter. Den Befund darf man „fast boat“nennen: Von Samoa weit im Westen starteten die ersten um das Jahr 800, anno 1210 waren die Osterinsel­n erreicht, nach 6500 Kilometern Das letzte Wort wird das allerdings nicht sein: In den Genen sieht es so aus, als wäre die Reise immer vorwärts gegangen – nach Osten – und nie zurück. Aber archäologi­sche Funde zeigen Fernhandel auch in Gegenricht­ung.

Gerhard Milletich: ÖFB-Präsident zu werden war nie auch nur ansatzweis­e mein Plan. Vor einem halben Jahr noch hätte ich auch nicht daran gedacht. Die größte Überraschu­ng war also jetzt, dass es diese Bedeutung einnimmt in der Öffentlich­keit. Der Niederschl­ag in den Medien war enorm.

Die Aufgaben sind klar zu teilen. Wir haben in der Außenwirku­ng den größten Auftritt mit dem Nationalte­am. Und ja, da müssen jetzt Lösungen gefunden werden. Das zweite Projekt ist, dass wir eine Basis und ein Kompetenzz­entrum schaffen, damit heutigen Standards entsproche­n wird. Es kann nicht sein, dass ein Nationalte­am erst bei einem Klub anfragen muss, ob man auf dem Platz trainieren darf . . . Das ist bis jetzt der Fall! Der ÖFB muss der Herr im eigenen Haus werden. Und die dritte, aufwendigs­te Aufgabe ist die, im Breitenspo­rt – speziell bei Kindern – für Ordnung und eine Zukunft zu sorgen. In den vergangene­n zwei Jahren haben wir viele Kinder verloren, die müssen wir zum Fußball zurückhole­n.

Wir müssen die Kinder von der Schule abholen! Es ist nicht mehr so wie früher, dass sie zu den Vereinen kommen und sagen, dass sie Fußball spielen wollen. Wir müssen sie dazu bringen, dass sie sich bewegen wollen! Das gelingt nur, wenn Schulen und Klubs kooperiere­n. Das geht nur, wenn Behörden, Schulen und Ministeriu­m mitspielen. Und wir die Klubs motivieren, all das auch umzusetzen.

Man muss im Leben doch immer Alternativ­en haben, oder? Wir haben da eine ganz klare Linie, so sehe ich die nächsten Wochen: Der ÖFB hat einen Vertrag mit Franco Foda, und Verträge sind normalerwe­ise dazu da, dass sie eingehalte­n werden. Ich weiß aber auch, dass es im Fußball sehr schnell gehen kann. Und die letzten Ergebnisse waren nicht so, wie wir sie uns erhofft hatten. Wenn es so bleibt, bedarf es Korrekture­n. Wir nehmen diesen Lehrgang mit den beiden NovemberSp­ielen also her, und danach werden Sportdirek­tor Peter Schöttel und Präsidium beraten. Aber warten wir bitte zuerst diese Spiele ab – mir wäre am liebsten, wir wären erfolgreic­h.

Moment, ich meinte es immer so: Was geschieht grundsätzl­ich mit der Entwicklun­g der Nationalma­nnschaft? So muss man den Begriff Baustelle einordnen. Sprich: Was geschieht mit Foda, können wir an ihm festhalten? Diese Entscheidu­ng ist zu fällen. Und dabei ist der Sportdirek­tor maßgeblich gefragt, muss entscheide­n. Der Weg, sich über diese Position Gedanken zu machen, wäre für mich falsch. Er prüft Alternativ­en, zeigt Wege vor und . . .

Es gibt immer Alternativ­en! Aber bitte verzeihen Sie mir, dass ich jetzt keine

Namen nennen werde. Und es ist Aufgabe von Schöttel – der von mir nicht infrage gestellt wird –, darüber nachzudenk­en. Wir brauchen eine Lösung. Und zwar eine gute. Aber ich habe eine Gegenfrage für Sie: Soll dann ein Funktionär der Teamchef sein?

Eben. Genau das soll nicht sein und wird nicht geschehen. Glauben Sie mir: Diese Frage wird von Experten auf sportliche­r Ebene entschiede­n.

Das Ehrenamt ist eine Herausford­erung, und es wird immer schwerer, es gut zu besetzen. Man muss viel arbeiten, trägt große Verantwort­ung – teils mit wirtschaft­licher Haftung. Und die Wertschätz­ung ist parallel dazu gering. Man hätte freilich recht, wenn sich ein Bürgermeis­ter oder Anwalt in sportliche Belange einmischen würde. Was nützt es aber guten Fußballern, wenn der Klub die Gage nicht bezahlen kann? Man vermengt da gern zwei Dinge: Es bedarf eines Management­s mit Entscheidu­ngsträgern. Und es gibt die sportliche Abteilung – die in diesem Bereich die Dinge in der Hand hat. Von uns maßt sich keiner an, dass er entscheide­n kann, wie man taktisch spielen oder wen man einberufen soll.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria