T7: Wenn’s um den Bus geht, wird’s persönlich
Es ist eine lange Reise, die der VW-Bus bereits hinter sich hat. Was in den 1950er-Jahren mit einem Blechkasten auf vier Rädern begann, hat heute drei Generationen überlebt. Die siebte Version ist ab sofort lieferbar. Doch, ist der T7 noch ein echter VW-Bus? – So viel vorweg, es gab eine Menge an optischen, aber auch technischen Veränderungen. Es war an der Zeit für eine Revolution.
Für viele Autoliebhaber ist es eine sehr persönliche Sache, wenn der bevorzugte fahrbare Untersatz einer radikalen Erneuerung unterzogen wird. Vor allem VW-Bus-Anhänger scheinen dies sehr persönlich zu nehmen. Der Aufschrei, als im Sommer die ersten Fotos des neuen VW T7 auftauchten, war groß. Sofort wurde dem neuen Design der typische Charakter der T-Reihe abgesprochen. „Das hat mit VW-Bus nichts mehr zu tun.“
Vor allem die neu gestaltete Heckansicht mit erstmals geteilten Rückleuchten geriet unter Beschuss. Genau die waren auch Zankapfel innerhalb des Wolfsburger Entwicklerteams. Soll der bekannte seitliche Glasbaustein eines Hecklichtes bleiben oder abgelöst werden? Das Team entschied sich für die Veränderung. Was nicht einfach war, denn auch die Ingenieure nahmen es persönlich – genau wie ihre langjährigen Kunden.
Bus auf Golfplatte. Sechs Jahre wurde getüftelt, angefangen beim neuen Modularen Querbaukasten (MQB) über eine ganz neue Optik bis zur aktuellsten Technik, die beim T6 bisher noch fehlte. 25 verschiedene Fahrassistenzsysteme helfen beim Abbremsen, Spurhalten, Radlerausweichen und Einreihen. Beziehungsweise ist erstmals teilautomatisiertes Fahren möglich. Die Zeiten, in denen man am Steuer noch selbst arbeiten musste, sind auch beim Bus endgültig vorbei.
Die Wolfsburger Allzweckwaffe MQB bildet etwa die Basis für VW Golf, Audi A3, sowie Skoda Octavia. Und für den neuen T7 – geht das denn? Einen Kleinbus auf dieselbe Grundplatte wie einen Golf stellen? Technisch war es möglich. Damit wurde Gewicht eingespart. Zum Fliegen reicht es noch nicht, aber der Verbrauch ist um ein Eck hinunter gesunken. Auf dem Querbaukasten steht nun ein Bus mit einem
Streitthema nicht nur unter Fans, auch bei VW: Geteilte
Rückleuchten. durchgehend flachen Boden im Innenraum, ohne Handbremshebel und ohne Schalthebel. Geschaltet und geparkt wird rein elektronisch.
Gleiten statt klotzen. Wie wirkt sich das aufs Fahrgefühl aus? Die Sitzposition ist vom T6 übernommen. Ein neues Gefühl, mit dem man hier unterwegs ist, macht sich allerdings schnell bemerkbar. In Kurven, beim Bergauffahren und auf der Autobahn. Es ist eine Mischung aus Limousine und Bus. Leichtfüßiger, dafür nicht mehr ganz
»Das hat mit VW-Bus nichts mehr zu tun.«
Wie fährt sich ein Kleinbus auf einer Golf-Platte? Ein Mix aus Limousine und Bus.
Bus-typisch, ein Kompromiss. Wenn es einen Ansatz gäbe, für den Klimaschutz nur noch kleinere oder leichtere Autos zu bauen, dann wäre der T7 ein Beispiel für Platz und Raum, trotz Minimierung.
Zurück zum Design. In der Anfangsphase diskutierten die deutschen Entwickler sechs verschiedene Skizzen, aus denen schlussendlich die Front von Skizze A, die Seitenpartie C und wieder eine andere Heckvariante in die finalen T7-Entwürfe flossen. Harte Entscheidungen, um die lang gerungen wurde. Trotzdem setzten sich im Vergleich zum Vorgängermodell viele optische Neuerungen durch. Etwa die länger gezogene Motorhaube, das ID-Gesicht, die geteilte A-Säule mit Dreiecksscheibe und das veränderte Heck.
Auch potenzielle Kunden entschieden in den letzten Designprozessen mit, indem ihnen Modelle in Echtgröße gezeigt wurden. Nichts wird dem Zufall überlassen. Dass der T7 völlig anders aussieht als seine Vorgänger der fünften und sechsten Baureihe, ist für eingefleischte Busfahrer Gewöhnungssache. Hätte man allerdings wieder nur minimale Änderungen durchgeführt, wäre es kein echtes neues Modell geworden. Denn Gesichtsstraffungen hat es ausreichend gegeben. Der immer wieder nachgeschärfte Vorgänger wird streng genommen seit 2003 gebaut, das sind bisher sage und schreibe 18 Jahre, genauso lang wie der legendäre T1 aus den Werken in Wolfsburg und Hannover lief.
Radikale Evolution? Blickt man heute in den T-Rückspiegel, ist das nicht die erste Revolution. Schon beim Umstieg von T3 auf T4 konnten es HeckmotorFetischisten nicht fassen: Wie kann man nur den Motor vorn einbauen? Diskussionen, ob es mit Frontmotor noch ein wahrhaftiger Bulli sein kann, halten sich bis heute.
Und doch, rückblickend kamen die T-Änderungen zur richtigen Zeit. Der VW-Bus hält sich nach wie vor auf Platz eins bei den Verkaufszahlen in Vergleichs-Segmenten. Auch wenn es ein deutschsprachiges Phänomen ist. Fast ausschließlich im D-A-CH-Markt wird so viel Bus gefahren/gekauft. Hängt neben der Leidenschaft vermutlich auch mit steuerlichen Gründen zusammen. Auch der neue Multivan bleibt in Österreich vorsteuerabzugsberechtigt.
Überhaupt erstaunlich, eine Serviettenzeichnung von VW-Großimporteur Ben Pon im Jahr 1950 gilt als Grundstein für die ganze Fahrzeugklasse Kleintransporter. Und 71 Jahre danach ist derselbe Konzern Platzhirsch, der es erfunden hat. Das schafft sonst nur ein beutelloser Staubsauger, und selbst den gibt es erst seit Mitte der Achtzigerjahre.
Panoramadach. Bisher war es den Ingenieuren nicht möglich, am hinteren Sitzbereich großartig herumzuschrauben. Durch die neue Platte ist Platz für Bodenschienen geworden, auf denen erstmals Einzelsitze auch in der hintersten Reihe ein- und umgesteckt werden können. Die schwere Sitzbank – abmontiert. Mittig entsteht ein Durchgang vom Armaturenbrett bis in den Kofferraum. Diesen Schienenweg kann auch ein Tisch nach hinten und nach vorn fahren. Im Gegenübersitzen wird der ausklappbare Tisch zum Mittelpunkt einer Besprechung.
Mit dem Glasdach im hinteren Sitzbereich, scheint zum ersten Mal von oben Tages
licht auf den fahrenden Besprechungsraum.
Auch hier hat das Wolfsburger Team bei Multivan-Kunden nachgefragt. Wie oft wendet ihr die drehbaren Einzelsitze? Meistens bleiben sie für längere Zeit in der gleichen Position. Nach diesem Handbuch wurden die
Einzelsitze umgestaltet. Zum Umstecken, nicht mehr auf einem Drehteller. Die Sitze sind so um ein Viertel leichter geworden – für Mensch und Maschine.
Multivan oder Multipla? Während dem neuen VW-Bus vor ein paar Monaten noch Fiat-Multipla-Ähnlichkeiten attestiert wurden, was selbst unter AutoLaien als hartes Urteil bekannt ist, hat sich das Blatt mittlerweile gewendet. Der erste Schock ist überwunden und in einschlägigen Foren ist häufiger von Kaufabsichten zu lesen. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass es sich beimT7umdenMultivanfürFamilien oder für den sonstigen Personentransport handelt. Für alle anderen Anwendungsfälle wird weiterhin der T6.1 gebaut. Beide rollen in Hanno ver momentan abwechselnd aus der Fertigungshalle.
Der Großteil der ersten T7 wird mit Plug-in-Hybrid ausgestattet sein, eine Premiere beim Bus. Die handelsüblichen 46–50 Kilometer schafft er rein elektrisch. Hierzulande ab 53.600 Euro abzüglich staatlicher Förderungen zu erhalten. Mit dem 100 kW/136 PS TSI-Benzinmotor hat er eine Gesamtleistung von 218 PS, die für das Gewicht von rund 2000 kg im Leerzustand locker ausreicht. Dann gibt es noch zwei Benzin-TSI-Varianten, die preislich bei 49.900 Euro starten. Für Diesel muss man sich noch bis 2022 gedulden, auch für die Allradversion. Ebenfalls im nächsten Jahr fährt dann der lang angekündigte vollelektrische ID.Buzz zwischen seinen Kollegen T6.1 und T7 in die Freiheit. Dann wird es erst recht persönlich, die Wahl zwischen drei verschiedenen Modellen in einer Fahrzeugklasse – das gab es so noch nicht.
Der T7 ist um acht Zentimeter niedriger als der T6, dennoch herrscht mehr Kopffreiheit.