»Mei G’spür, des kummt von Z’haus «
Als junger Pianist begleitet er Soul-Legenden wie Ella Fitzgerald und Dinah Washington. Später steigt Joe Zawinul aus Wien Erdberg in den Jazz-Olymp auf, spielt mit den besten Musikern des 20. Jahrhunderts – und wird bald selbst einer von ihnen.
Wie kaum ein anderer Europäer bestimmt Zawinul den modernen Jazz mit.
Roy Blacks „Ganz in Weiß“und „Marmor, Stein und Eisen von Drafi Deutscher stürmen 1966 Österreichs Hitparaden.bricht“Und in jenem Jahr schreibt in den USA mit „Mercy, Mercy, Mercy“ein Wiener Jazzer mit seinem ersten Welthit Musikgeschichte: Josef Erich Joe Zawinul. Die Soul-Jazz-Nummer, die er auf dem damals noch exotischen E-Piano in der Band des legendären Cannonball Adderley spielt, schafft es bis auf Platz elf der US-Billboard-Popcharts.
Michael Horowitz
Österreichs bedeutendster Jazzmusiker Joe Zawinul verlässt im Februar 1959 Wien. Mit 800 Dollar in der Tasche reist er per Bahn und Schiff in das Mutterland des Jazz – mit dem Vorsatz, nie wieder nach Europa zurückzukehren. Schon bald begleitet er Ella Fitzgerald am Piano. Nach einem Stipendium an der Bostoner Berkeley School of Music engagiert ihn Trompeter Maynard Ferguson für seine Bigband. Monatelang sind sie quer durch Amerika unterwegs – bis Dinah Washington Zawinul hört, engagiert und dem Publikum als Joe Vienna vorstellt. Fast zwei Jahre lang begleitet der scheue Wiener, dessen Selbstvertrauen von Auftritt zu Auftritt wächst, die Königin des Blues: „What a Diff’rence a Day Makes!“Ein halbes Jahrhundert später begeistert mit dem Washington-Hit jene weiße Sängerin, die den Soul der Schwarzen einzigartig interpretiert: Amy Winehouse, die fünffache Grammy-Gewinnerin mit einem viel zu kurzen Leben.
Bald ist der eigenwillige, ruhelose Österreicher Zawinul in Amerikas Jazzszene als Pianist und Komponist bekannt. 1968 interviewt ihn der Journalist Herbert Feuerstein in seiner New Yorker Wohnung: „Überall auf der Welt gibt es gute Musik. Ich will in die Musik, die ich schreibe und spiele, mehr als nur eine Kultur hineinbringen. So verwende ich zum Beispiel auch indische oder Balkan-Musik, aber auch Blues und Wiener Musik.“Immer wieder bekennt er später: „Des san meine Wiener Wurzeln, mei G’spür, des kummt von Z’haus . . .“
Josef Erich, der ein Leben lang stolz auf seine tschechischen und ungarischen Wurzeln ist, kommt im Sommer 1932 im Wiener Arbeiterviertel Erdberg als Sohn eines Schlossers zur Welt. Papa Josef, der im städtischen Gaswerk arbeitet, spielt in der Freizeit Mundharmonika, ist leidenschaftlicher Boxer und Gewichtheber. Das Boxen wird auch für seinen Sohn zur lebenslangen Passion. Mama Maria, eine ungarische Sintiza, singt in privatem Kreis und begleitet sich selbst am Klavier.
Die musikbegeisterten Eltern schenken ihrem sechsjährigen Sohn ein Mini-Akkordeon, bald begleitet er am Wochenende in der Küche – der Großvater stellt den selbst gebrannten Sliwowitz auf den Tisch – die Familie bei ihren Gstanzln. Josef erhält bei einem Musiklehrer Unterricht. Bereits sehr früh erkennt dieser das absolute Gehör Zawinuls, es gelingt ihm, seinen Schüler bei kostenlosem Unterricht am
Konservatorium der Stadt Wien unterzubringen. Beim Klavier-, Klarinetteund Violine-Unterricht ist der Weg zum klassischen Musiker Josef Zawinul vorgezeichnet.
Das Musical „Stormy Weather“begeistert den Elfjährigen: 24 Mal sieht er den Film, verliebt sich in die Hauptdarstellerin, Lena Horne – und will sie heiraten. Ein Jahr später hört er zum ersten Mal Jazzmusik: „Des war guad, i hob mir denkt, bumm, des is was, des g’fallt ma.“
Am 1. September 1945 spricht Josef auf der Erdbergstraße einen gleichaltrigen Buben an, ob er wisse, wo das Realgymnasium sei. Ja, sagt Thomas, er sei eh auf dem Weg dorthin. Der spätere Bundespräsident Thomas Klestil wird sein Lebensfreund. Die beiden Erdberger Lausbuben graben unter dem Zaun ein Loch und robben sich ins Stadionbad oder schwindeln sich (kostenlos) in die Nachmittagsvorstellungen des Tonkino Capitol in der Erbergstraße. Nach dem Film „Easter Parade“blasen Joe & Tommy auf Seidenpapier und verschieden großen Kämmen die Melodien nach, mit denen Fred Astaire die Nachtclubtänzerin Judy Garland bezirzt.
Als 17-Jähriger bricht Zawinul abrupt die Vorbereitungen für einen Genfer Klavierwettbewerb ab und wendet sich dem Jazz zu. Ein zwei Jahre älterer
chön langsam wird es eng: Die Liste an Regierungen, Unternehmen und Investoren, die ihren Wählern und Kunden versprechen, künftig Umweltschutz und Menschenrechte wirklich ernst zu nehmen, wird mit jedem Tag länger. In den kommenden zehn, 20, 30 Jahren wollen viele Konzerne die wundersame Wandlung vollendet haben und etwa kein CO2 mehr emittieren. Das klingt gut, aber die grüne Weltwirtschaft der Zukunft hat ein Problem: Es gibt derzeit schlicht zu wenig Ressourcen, um zu halten, was sie verspricht.
„Es ist simple Mathematik“, sagt Dave Young, Fellow am BCG Henderson Institute, zur „Presse am Sonntag“: Je mehr nachhaltige Ressourcen Staaten, Unternehmen und Investoren verlangen, desto schneller entstehen Engpässe in der Wertschöpfungskette. Die ersten Vorboten sind schon sichtbar. So gibt es etwa heute bereits Knappheit bei bestimmten Materialien, die für den Bau von Elektroautos oder Batterien benötigt werden. Nach einer Analyse der Cairn Energy Research Advisors kann mit dem heutigen Angebot an Rohstoffen wie Lithium, Nickel, Kobalt, Mangan und Graphit etwa nicht einmal ein Drittel der Batterien für Elektroautos gebaut werden, die 2030 auf der Straße sein werden.
Der Mangel wird sichtbarer. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Im kommenden Zeitalter der Nachhaltigkeitsknappheit wird der Mangel an ökologisch und sozial einwandfreien Ressourcen in fast allen Branchen sichtbar werden. Die Palette reicht von Emissionszertifikaten über recyceltes Plastik bis hin zu nachhaltiger Baumwolle.
Viele Unternehmen sind zumindest in einem ersten Schritt auf den Kauf von Emissionszertifikaten angewiesen, um ihre grünen Versprechen einlösen zu können. Bis 2030 wird in diesem Bereich ein erheblicher Mangel auftreten, schätzt die Boston Consulting Group. Jedes Jahr dürften Zertifikate für den Ausstoß von 300 Millionen Tonnen CO2 fehlen. Das jüngst vorgestellte Klimapaket „Fit for 55“der EU beschleunigt diesen Trend weiter.
Noch größer dürfte die Lücke beim grünen Wasserstoff werden, den etwa die Stahl- und Zementindustrie oder aber die Schifffahrt benötigen, um sich auf klimafreundliche Beine zu stellen. In den nächsten 30 Jahren müsste das Angebot um das 300-Fache anwachsen, so die Prognose. Eine Herkulesaufgabe angesichts der Hürden, mit denen die Branche in vielen Ländern zu kämpfen hat. Es gibt weder ausreichend Elektrolyseure noch genügend erneuerbare Energie, um diese Mengen herstellen zu können.
Auch die Versprechen der großen Konsumgüterkonzerne, ihre Produkte in Zukunft weitgehend mit recyceltem Plastik zu verpacken, sind realistisch betrachtet sehr ambitioniert. 2025 wird fast die Hälfte des benötigten recycelten Polyethylenterephthalats (rPET) nicht gedeckt sein, erwartet BCG. In der Modebranche sieht es nicht besser aus. Die meisten Modemarken wollen ab Ende 2025 nur noch nachhaltig angebaute Baumwolle für ihre Produkte verwenden. Im Jahr 2018 wurden jedoch nur 20 Prozent der weltweit angebauten Baumwolle nachhaltig erzeugt. Afrika hat zwar erkannt, dass sich hier ein neuer Markt für seine Landwirte auftut. Doch weil sich viele Kleinbauern die Umstellung auf nachhaltige Anbaumethoden nicht leisten können, wächst das Angebot zu langsam.
Ist der Traum von einer emissionsfreien und sozial verträglichen Welt bis 2050 damit schon wieder Geschichte? Nicht unbedingt, meint BCG-Partner Dave Young: „Knappheit war immer da.“Und die Firmen hätten immer noch einen Weg gefunden, ihr Ziel zu erreichen. Aber dennoch hält er es für „riskant, etwas zu versprechen, ohne zu wissen, wie man hinkommt“.
»Es ist riskant, etwas zu versprechen, ohne zu wissen, wie man hinkommt.«