Nicht gießen, sondern baden
Der großen Familie der Orchideen kann man verfallen, wenn man sie richtig pflegt und immer wieder zum Blühen bringt, was viel einfacher ist, als weitläufig angenommen wird.
Wenige Pflanzen haben eine treuere Anhängerschaft als die große Familie der Orchideen. Warum das so ist, versteht sich von selbst. Ihre Blüten sind an Üppigkeit und Vielfalt kaum überbietbar, und bis zu vier Monate lang darf man sich an ihnen erfreuen.
Sie blühen so lang, weil sie darauf warten, bestäubt zu werden. Orchideen zu ziehen ist keine Hexerei, wenn Sie ein paar einfache Grundregeln beachten und über die natürlichen Lebensräume der Orchideen Bescheid wissen. Dann werden Ihre Prachtstücke gedeihen und Sie selbst eventuell diesem Rausch verfallen, der vielen Millionen privaten Orchideenliebhabern weltweit wunderbare Momente beschert – wenn die Pfleglinge Knospen
zu treiben beginnen, und wenn sich die Blüten schließlich öffnen.
Das Jahr, in dem das Orchideenfieber über Europa hereinbrach, ist historisch belegt: 1818 erreichte eine Sendung von Pflanzen aus Südamerika die Gewächshäuser eines gewissen Sir William Cattley, der, wie viele seiner britischen Landsleute, ein Liebhaber exotischer Botanik war. Gesammelt hatte die Raritäten William Swainson, der im Auftrag Cattleys und anderer die Dschungel Brasiliens und Venezuelas als „Pflanzenjäger“durchstreifte.
Die Orchideenlegende überliefert folgende Anekdote: Swainson hatte die Kisten mit den Exoten mit allerlei unauffälligem Pflanzenmaterial für den Transport ausgepolstert. Sir William Cattley, neugierig wie er war, warf daheim im kalten England dieses unansehnliche botanische Verpackungsmaterial nicht weg, sondern grub es in den hinteren Zonen seiner Gewächshäuser ein. Gegen Ende des Jahres begannen die unscheinbaren Pflanzen plötzlich Knospen zu treiben. Sie entwickelten schließlich so dermaßen prachtvolle riesige lila Blüten, dass die Pflanzensammlerwelt der Insel in helle Aufregung geriet und das ausbrach, was bis heute anhält: Orchideenfieber.
Orchideen kommen auf dem gesamten Globus vor, mit Ausnahme von Arktis und Wüstengegenden. Die aufregendsten Pflanzen stammen aus den tropischen Wäldern Südamerikas und Asiens. Bis heute werden neue Arten entdeckt, und jedes Mal steht die Fachwelt wieder Kopf, wenn eine bis dato unbekannte Orchidee in den zahllosen Fachmagazinen präsentiert wird.
Im Topf gezogen ist es für ihr Wohlergehen wesentlich, die drei unterschiedlichen Orchideen-Gruppen zu kennen und entsprechend zu pflegen. Obwohl die schöne Blüherin gewöhnlich in den Tropen beheimatet ist, bedeutet das keinesfalls, dass alle Orchideen in feuchter Wärme am besten
Das Jahr, in dem das Orchideenfieber über Europa hereinbrach, ist belegt: 1818.
gedeihen. Im Gegenteil, viele Pflanzen lieben kühlere Phasen, und wenig kann ihnen mehr schaden, als zu häufiges Gießen. Orchideen wollen auf keinen Fall in direktem Sonnenlicht stehen, obwohl sie einen hellen Platz benötigen. Ostfenster und Abendsonne haben sich bewährt. Bei direkter Mittagssonne droht Sonnenbrand, der das Blattwerk so stark schädigen kann, dass die Pflanze eingeht. Orchideen wollen auch nicht ständig umgestellt oder gedreht werden. Um zu gedeihen, brauchen sie zudem ein spezielles Substrat, also eine sogenannte Orchideenerde. Warum das so ist, erklärt sich aus den bereits erwähnten drei Wuchsformen, die Orchideen im Laufe ihrer Evolution ausgebildet haben.
Epiphytische Orchideen, die größte Gruppe, siedeln auf Bäumen. Sie sind keine Schmarotzerpflanzen, sondern halten sich mit kräftigen Wurzeln in der Kronenzone fest und versorgen sich über dieses luftig verankerte Wurzelwerk mit Wasser und Nährstoffen. So müssen sie mit geringen Nährstoffmengen auskommen und auch gelegentliche Trockenheit bewältigen können. Sie dürfen niemals staunass oder in normaler Blumenerde stehen, sonst faulen die Wurzeln.
Lithophytische Orchideen wachsen auf Felsen und Steinen, für sie gilt Ähnliches wie für Epiphyten. Terrestrische Orchideen bilden wieder eine eigene Gruppe, sie wurzeln in Erde. Das Substrat für diese Orchideen kann entsprechend dichter sein. Gegossen wird idealerweise mittels wöchentlichem Tauchbad in kalkfreiem Wasser, dann kann wenig schiefgehen.
Blick bis ins letzte Detail nicht mehr zu überbieten ist. Da erweist sich Unschärfe als etwas Wohltuendes.
In ihren fotografischen Arbeiten sind Frauenfiguren oft auf ein Minimum ihrer Erkennbarkeit reduziert. Die schemenhaften Silhouetten erwecken nur den flüchtigen Eindruck einer weiblichen Gestalt oder einer traumhaften Erscheinung.
Mahnmal. 2015 gestaltet Eva Schlegel eine ihrer bewegendsten Arbeiten im öffentlichen Raum: das Mahnmal für die mehr als 1200 Opfer der NS-Justiz vor dem Wiener Landesgericht. Die Pyramide aus Stahl trägt den Schriftzug 369 Wochen, wird als Lichtinstallation auf die Wand des Grauen Hauses projiziert – und steht symbolisch für die Länge der nationalsozialistischen Gräuel in Wien. Schlegels Denkmal steht in Achse zur Hinrichtungsstätte im Erdgeschoß. Mit dem Fallbeil wurden die Verurteilten geköpft, darunter mehr als 600 Widerstandskämpfer, die aktiv gegen das Hitler-Regime gekämpft hatten.
Über eine Ausstellung 2017 in Bangalore schwärmt ein indisches Kunstmagazin: „Die führende österreichische Foto- und Videokünstlerin Eva Schlegel zelebriert die unerträgliche Leichtigkeit des Seins. Sie scheint ähnlich fasziniert von der Schwerkraft wie Isaac Newton. Darüber hinaus vergleicht sie das Fliegende und Fallende, spielt mit den Kontrasten zwischen Schwere und Leichtigkeit, Ruhe und Bewegung.“
Die international renommierte Tirolerin Eva Schlegel ist mit dem auch in den Tiroler Bergen aufgewachsenen Architekten Carl Pruscha verheiratet. Sein Kollege Wolf D. Prix meint: „Die Qualität der Räume, die er erzeugt, spüren selbst Blinde.“In den Vereinigten Staaten entwirft der Exzentriker
Pruscha visionäre, oft utopische Projekte. In Kathmandu realisiert er Bauwerke, die im Einklang mit der nepalesischen Natur stehen. In Wien wird der früher umtriebige Bohemien als Rektor der Akademie der bildenden Künste zu einer prägenden Figur der Architekturszene. Die Auftritte des schillernden Paares Pruscha/Schlegel beleben seit vielen Jahren die in- und ausländische Kunstszene.
Die Silhouetten erwecken nur den flüchtigen Eindruck einer weiblichen Gestalt.
Ob das subtile Spiel mit Schwere und Leichtigkeit bei ihren Installationen im öffentlichen Raum, verschwommene Architekturfotos und Frauenporträts, Auseinandersetzung mit Pornografie, Wolkenformationen oder Spiegelskulpturen – die Medienund Objektkünstlerin Eva Schlegel liebt es, immer wieder mit spektakulären Ideen zu überraschen.
Die bisher erschienenen Serienteile unter: diepresse.com/Augenblicke
Nächsten Sonntag: PAUL FLORA