Let’s Make Money
INFORMATIONEN FÜR ZEITGENOSSEN, DIE AUF IHR GELD SCHAUEN
m Ende ist natürlich alles eine Frage der Sichtweise. Man kann es mit dem in Heinrich Bölls „Irischem Tagebuch“exzessiv bemühten irischen Lieblingsspruch halten: „It could be worse“, weil ja nach dem Tod des Großvaters immerhin noch die Oma lebt und nur der Stall, aber nicht auch noch das Haus abgebrannt ist.
Oder man hält sich an die Bitte der Tante Jolesch in Friedrich Torbergs gleichnamigem Buch. Auf die Erzählung ihres Neffen, er sei bei einem Autounfall glücklicherweise nicht auf die Gegenfahrbahn, sondern ans Brückengeländer gerutscht, sagt sie: „Gott soll einen hüten vor allem, was noch ein Glück ist.“
Hätte also der ernüchternde Monatsstart an den Börsen schlimmer ausfallen können? Ja. Muss man sich deshalb darüber freuen, glimpflich davongekommen zu sein? Nein. Denn das Börsengeschehen ist momentan wirklich etwas enervierend. War das dritte Quartal schon eine Durststrecke, so der Start ins vierte eben mies, und man kann ihn nicht schönreden. Vor allem in Europa, wo wir uns nicht so schnell erfangen wie in den USA. Dort ist ja die jetzige Blitzkorrektur schon wieder weitgehend wettgemacht.
Blickt man etwas weiter, so darf man freilich nicht unbescheiden sein. Denn seit Jahresbeginn stehen die Indizes in Europa und den USA zwischen 14 und über 20 Prozent im Plus.
An unserem Rat der Vorwoche, sich jetzt nicht übereilt in den Markt zu stürzen, hat sich nichts geändert. Ja, man weiß, dass der Oktober zu den stärksten Börsenmonaten gehört. Aber man weiß auch, dass der US-chinesische Handelskonflikt schwelt und es geopolitisch vielerorts brennt. Und dass die Konjunktur abflaut. Dementsprechend haben die großen Anleger viel Kapital sicherheitshalber in Cash liegen.
Dieses ist freilich auch schnell abrufbar und würde massenweise in den Markt fließen, sobald auch nur eines der vielen Problemfelder gelöst würde. Selbst ein solider US-Arbeitsmarktbericht, vorgestellt am Freitag, reichte, um die Börsen noch kurz zu befeuern.
Ohnehin kehrt Kapital von der Seitenlinie wieder ins Spielfeld zurück. So sind etwa aktuell von zehn Banken, die an einem vergleichenden Anlagepanorama der „Neuen Zürcher Zeitung“teilnahmen, ganze sieben mit erhöhten Aktienquoten in das vierte Quartal gestartet, weil sie an eine Fortsetzung der Rallye glauben. Bezeichnend dabei ist, dass sie fast allesamt US-Aktien höher gewichten, weil sie auf die Stärke der US-Wirtschaft und relativ hohe Firmengewinne setzen, zumal die US-Notenbank Spielraum zur Zinssenkung hat.
Die inzwischen wieder gesenkten Leitzinsen sollten gerade Baumärkten Das maschinelle Lernen von Maschinen, zunehmend eine Realität in vielen Bereichen des Lebens, macht auch vor Kapitalanlagen nicht Halt. Und je mehr diese sogenannte künstliche Intelligenz (KI) hier einzudringen beginnt, umso mehr treibt alle die Frage um, ob sie vielleicht am Ende bessere Ergebnisse zeitigt als Fondsmanager mit ihren Strategien.
Wie freilich die jüngste Performance einiger KI-basierter Strategien nahelegt, brauchen Fondsmanager noch nicht so bald um ihren Job fürchten. Die Agentur Bloomberg verweist in dieser Hinsicht beispielsweise darauf, dass ein quantitatives Team beim Fondshaus Aberdeen Standard Investments im August 2018 den Artificial Intelligence Global Equity Fund mit einem Kapital von zehn Mio. Dollar gestartet hat. Die Analysten dachten, dass ein Algorithmus die komplexe Welt von Factor InvesKellogg ist berühmt für seine Getreideprodukte. Nun will es zügig im Bereich veganer Fleischersatz expandieren. ting (Anlageansatz, bei dem quantifizierende Firmenfaktoren herausgefiltert werden, die die Aktienrendite beeinflussen) besser verstehen werde als ein realer Portfoliomanager.
Ein Jahr später ist das Ergebnis ernüchternd: Der Fonds hat sich unterdurchschnittlich im Vergleich zur Rallye am breiteren Aktienmarkt entwickelt, sein Kapital ist nur um acht Prozent gewachsen, schreibt Bloomberg und untermauert den Befund mit weiteren Beispielen, etwa dem Eurekahedge Artificial Intelligence Hedge Fund Index, der Hedgefonds abbildet, die maschinelles Lernen einsetzen.
Die Conclusio: Institutionelle Anleger halten sich vorerst von KI-Anlagestrategien fern.
Warum aber kriegt es die KI nicht besser auf die Reihe? Hauptproblem seien die Finanzmarktdaten, die im Unterschied etwa zu Daten bei selbstfahrenden Autos oder beim Schachzugutekommen, meint die Investmentbank Oppenheimer und hat daher das Kursziel für die Aktie von Home Depot (ISIN: US4370761029) auf 255 von zuvor 215 Dollar hochgezogen. Das Votum bleibt bei „Übergewichten“. Home Depot ist Amerikas größter Baumarkt. Im zweiten Quartal hat der Konzern die Erwartungen der Analysten übertroffen, sicherheitshalber aber aufgrund der Risken des US-chinesischen Handelskonflikts die Jahresprognose gesenkt. Damit besteht Überraschungspotenzial bei der Vorlage der nächsten Zahlen im November. Die Nachfragedynamik sei solide, so Oppenheimer. Das Papier kostet aktuell 227 Dollar.
Viel zu bieten hat übrigens der USLebensmittelproduzent Kellogg (ISIN: US4878361082). Seine Aktie ist einerseits ein defensiver Wert für ruppige Zeiten, andererseits führt der Konzern als eigenständige Firma Morningstar Farms, die ihre gesamte Produktlinie bis 2021 auf vegan umgestellt haben will. Gedanken an einen möglichen Börsengang beizeiten sind nicht abwegig. Wie hoch so etwas fliegen kann, hat seit Mai der Fleischersatzhersteller Beyond Meat gezeigt. Interessant: Die Kellogg-Aktie zieht genau seit damals an.
Da die Leitzinsen in Europa wohl noch lang niedrig bleiben, wird das weiter den Immobilienfirmen in die Hände spielen. Die Bank Berenberg führt den deutschen Immobilieninvestor Patrizia (ISIN: DE000PAT1AG3) als Favoriten und sieht 45 Prozent Kurspotenzial für die Aktie. Die Deutsche Bank rät zur günstiger bewerteten, wenn auch riskanteren Instone Real Estate (ISIN: DE000A2NBX80) und gibt der Aktie über 110 Prozent Luft nach oben.
Die Besprechung von Wertpapieren und Investments auf dieser Seite ersetzt keine professionelle Beratung und ist nicht als Kaufempfehlung zu betrachten. „Die Presse“übernimmt keine Haftung für die künftige Kursentwicklung. spielen endlich seien, zitiert Bloomberg KI-Experten: Nur wenige zusätzliche Daten würden generiert, die Algorithmen könnten lediglich aus der Entwicklung in der Vergangenheit lernen. Dazu komme, dass KI Wörter und ihre Bedeutung – man denke beispielsweise an Donald Trumps Twittermeldungen – falsch verstehen und etwa Tippfehler nicht als solche erkennen könne, bleibt auch Nobelpreisträger Robert Shiller skeptisch.
Vor dem Hintergrund, dass der Bullenmarkt endet, nehmen Schwankungen in der Anlegerstimmung zu. In diesem Umfeld findet sich auch die KI schwer zurecht, zumal jede Krise anders gelagert ist. Erst „mit mehr Daten und mehr Historie werden die KI-Fonds besser“, so Anand Rao vom Beratungsunternehmen PwC. Vorerst jedenfalls scheinen die Maschinen überfordert. Fast menschlich.