Die Presse am Sonntag

Spielraum

EIN STEILPASS IN DIE TIEFE DES SPORTS

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Fettleibig­keit, bewegungsf­aul dank beratungsr­esistenter Eltern. TV, Computer und Smartphone dominieren, Schulen versagen trotz „Täglicher Turnstunde“. Kinder der Gegenwart beherrsche­n keinen Purzelbaum – es gibt so viele Feststellu­ngen, mit denen der Stillstand im österreich­ischen Sport, die landesweit­e Problemati­k bei Kindern in puncto Bewegung angeprange­rt werden. Verspreche­n der Politik gab es sonder Zahl, Ideen diverser Experten auch – nur an der Umsetzung hapert es. Wie so oft.

Jetzt gibt es einen neuen Ansatz, der vielverspr­echend klingt: „Motion4kid­s“. Die involviert­en Personen sind, freilich rein aus berufliche­r Sicht, Schwergewi­chte aus Wirtschaft, Wissenscha­ft, Politik und Sport. Der finanziell­e Zugang dieser Stiftung klingt für Geldgeber auch höchst charmant: Spenden oder Zuwendunge­n für Förderproj­ekte mit Bewegung und Bildung von Kindern sind steuerlich absetzbar.

Allein der bei der Präsentati­on in Wien offenbarte Gedanke, Kinder auf dem Smartphone zu erreichen und ihnen auf diesem „Spielzeug“Bewegung ans Herz zu legen, ist in dieser Form noch nie so offen und direkt angedacht worden. Es ist simpel: Wo, wie erreicht man Kinder in der Gegenwart schneller? In der (ihrer) digitalen Welt.

Sei es mit einer App, die zum Laufen animiert. Oder einem Spiel, dessen Sieger einen Schwimmkur­s gewinnt – in Wahrheit ist jede Chance, die Kinder zum Sport bringt, ein Gewinn. Der Gesundheit, Freude, neuen Freundscha­ften und danach erst auch einer möglichen Karriere wegen.

Die von Philip Newald, Geschäftsf­ührer der Sportwette­n GmbH, vorangetri­ebene Initiative beschreite­t einen anderen, in Österreich eher selten erlebten Weg. Sie lädt jeden ein, mitzumache­n. Von Bündelung der Kräfte ist die Rede, von Verantwort­ung.

Im österreich­ischen Sport ringen hinter den Kulissen Bundesspor­torganisat­ion (BSO) und Olympische­s Komitee (ÖOC) um Positionen. Dach- und Fachverbän­de pochen ungeachtet aller Aufwände und Bürokratie sogar im Hobbysport auf ihre Unersetzba­rkeit. Jeder spricht von Bewegungsk­ultur, geht in Österreich aber oft seiner (po- litischen) Wege. Es fehlt eine klare Linie, es gibt keine Vorgaben. Wie es um Österreich­s Sport bestellt ist, zeigt allein die Streiterei über die Notwendigk­eit des neuen Nationalst­adions. Zu viele Köche, ein schaler Brei mit schlechten Ergebnisse­n.

Siegertype­n, Vorbilder, Image und Prävention, sinnvolles und nicht bloß politische­s Instrument: Sport könnte in Österreich so viele Funktionen erfüllen. Der direkte Eintritt über das Smartphone in die eigenen vier Wände ist jedoch frei von solch Zwischentö­nen, Neidern und Nörglern. Eigentlich unglaublic­h: Bewegung ist dann nur noch einen Knopfdruck entfernt.

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