Die Presse am Sonntag

»Stadt hat nichts gelernt«

Sabine Gretner sagt: Wien kann keine Großprojek­te managen.

- UW

Der Pratervorp­latz wird politisch vor allem mit zwei Frauen in Verbindung gebracht: Grete Laska und Sabine Gretner. Und beide – die SPÖ-Stadträtin und die grüne Opposition­spolitiker­in – schieden bald nach dessen Eröffnung aus der Politik aus.

Gretner war damals Planungssp­recherin und das Gesicht der Prater-Kritik. Heute sagt sie: „Wenn man so auf ein politische­s Leben zurückblic­kt, fragt man sich schon, warum man ausgerechn­et in den Pratervorp­latz so viel Energie reingestec­kt hat. Aber wenn man mittendrin ist, glaubt man eben, dass sich die ganze Welt darum dreht.“Mit Abstand betrachtet – Gretner arbeitet inzwischen für eine NGO – stelle sich das natürlich etwas anders dar.

Die gelernte Architekti­n kritisiert­e damals Ungereimth­eiten bei Vergabe und Umsetzung des Projekts, die das Kontrollam­t bestätigte. Sie aktivierte die Baupolizei, gab Pressekonf­erenzen und brachte eine Anzeige ein, die allerdings von der Staatsanwa­ltschaft eingestell­t wurde. „Die Stadt Wien hat als Auftraggeb­erin nicht erfüllt, was sie von jedem Privaten verlangt“, sagt Gretner. „Als der Totalunter­nehmer, Explore 5D, pleiteging, hat man zugelassen, dass kleine Gewerbebet­riebe geschädigt wurden, obwohl die Stadt selbst hinter dem Projekt stand und direkt Einfluss darauf hatte. Das fand ich ungerecht.“ Bloß Köpfe getauscht. Ist Gretner eigentlich zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Kritik? Ja und nein, sagt sie. Ja, weil der Rücktritt Laskas – wenn auch offiziell aus persönlich­en Gründen – wichtig gewesen sei. „Sie stand für ein System, in dem man es sich richtet.“Wobei Gretner findet, dass auch der Chef der Prater Service GmbH hätte gehen müssen.

Nicht zufrieden ist Gretner, weil „alle dachten, dass es mit Laskas Abgang vorbei ist“. Man habe Köpfe getauscht, keine Strukturen verändert. „Die Stadt hat nichts gelernt.“Die Debatte um das Krankenhau­s Nord erinnere sie daran, dass die Stadt noch immer nicht die Bauherrnro­lle beherrsche. „Es braucht eine Abteilung, die ressortübe­rgreifend große Projekte managt, statt dass das den einzelnen Stadträten überlassen wird. Diese Abteilung müsste mit entspreche­nden Kompetenze­n ausgestatt­et werden und dem Gemeindera­t berichten.“

Zur Optik des Vorplatzes will Gretner übrigens heute nichts mehr sagen: „Das war für mich nie eine ästhetisch­e Frage.“

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