Lardo aus dem Burgenland
Winzer Bernhard Liszt macht die Hauptzutaten seines Heurigen – Wein, Brot und Schweinefleisch – lieber selbst. Die Freilandschweine wohnen nebenan.
Bei Bernhard Liszt scheinen die Uhren rückwärts zu gehen. „Einen Schritt zurück“steht auf einer Tafel in seinem Heurigenlokal geschrieben. Und wenn der Winzer und Heurigenbetreiber über seine Arbeit spricht, dann fallen des Öfteren die Worte „wie früher“. Auch wenn das auf den ersten Blick abgedroschen klingen mag – denn mit Omas Rezept werben selbst die Großen seit Langem –, so scheint das hier ernsthaft betrieben zu werden. „Wie früher“beschränkt sich bei dem Winzer aus dem burgenländischen Leithaprodersdorf (Eisenstadt-Umgebung) nicht nur auf das Weinmachen. Wie früher werden hier vor allem auch die Produkte, die beim Heurigen verkauft werden, hergestellt.
„Es gibt drei wichtige Dinge beim Heurigen: Wein, Brot und Schweinefleisch, das versuchen wir alles selbst zu machen.“Also wird nicht nur das Brot im eigenen Holzofen selbst gebacken, sondern auch der Roggen, der dafür verwendet wird, selbst angebaut. Das Fleisch, der Speck und die Würste stammen von den eigenen Schweinen, die am Fuße des Pfefferbüchsels leben. Deren Futter (etwa Wiesenkräuter, Klee oder Mairüben) wächst gleich daneben – oder besser gesagt mittendrin. „Turopoljeschweine können Grünflächen zu 100 Prozent verwerten, sie könnten nur davon leben. Eine normale Sau kann das nicht.“Liszt spricht gern von einem in sich geschlossenen Kreislauf, wenn er von seiner Landwirtschaft spricht. „Natürlich geht das nicht alles auf einmal, aber in kleinen Schritten.“So sind in den letzten Jahren zum normalen Weinbaubetrieb eben die Schweine – und alles, was sie brauchen –, Bienen und ein kleiner Gemüsegarten dazugekommen. Seit dem Vorjahr wird der komplette Betrieb biologisch bewirtschaftet.
Derzeit werden gerade neue Produktionsräume für den Wein, aber auch Fleischreiferäume gebaut. Im Juni soll der Neubau – inklusive 150 Quadratmeter großem Dachgarten, auf dem auch Obstbäume Platz haben – eröffnen. In den neuen Reiferäumen will man dann vor allem die LardoProduktion forcieren, jener zarte, weiße Rückenspeck, den man vorwiegend aus Italien kennt.
„Die Freilandschweine eignen sich dazu besonders gut, weil sie einen sehr hohen Fettgehalt haben“, sagt Alex Walzer, Küchenchef im Heurigen, der zuvor unter anderem im Kussmaul und im Palais Coburg in Wien, aber auch in New York tätig war. „Dort haben wir überall mit tollen Produkten gearbeitet. Aber was mir hier so gut gefällt, ist, dass hier auch gleich die Produkte entstehen“, sagt Walzer auf dem Weg zum Pfefferbüchsel. Auf dem Hügel – der seinem Namen dem historischen Friedhofsturm verdankt – leben derzeit rund 30 Schweine der Rassen Mangalitza, Duroc und Turopolje. Auf Letztere will sich der Winzer spezialisieren. „In den 90er-Jahren gab es nur mehr 18 Stück davon, man braucht auch eine Gentypisierung, damit man sie züchten kann. Sie sind von der Fleischqualität unerreicht und auch vom Gemüt. Das sind sehr gemütliche Tiere.“Liszt vergleicht das Fleisch gern mit dem Koberind. Die Mangalitzaschweine sind hingegen ein bisschen schreckhafter. „Was aber nicht heißt, dass sie blöd sind, im Gegenteil“, sagt Alex Walzer, der die Tiere gern beobachtet. „Manchmal setzten wir uns am Abend mit einem Glas Wein her. Es ist eine Freude, ihnen beim Fressen zuzuschauen.“ Dry-aged-Mangalitza. Erst letzte Woche wurden die ersten Schweine geschlachtet. Diese Arbeit übernimmt ein Schlachter und Bio-Bauer aus Parndorf, der Winzer und sein Küchenchef erhalten die Schweinehälften inklusive Innereien, die sie dann zur Gänze im Lokal verwerten. „Wir lassen das Fleisch nicht nur eine Woche reifen, sondern fünf, sechs Wochen, wie beim Rindfleisch“, sagt Liszt. Im neuen Reiferaum soll das Dry-aged-Mangalitza dann auch für die Gäste zu besichtigen sein.
Das Fleisch der wolligen Mangalitzaschweine wird auch für den Lardo verwendet, da es noch ein bisschen fetter ist. Liszt hat sich für dessen Reifung einen Trog aus Wachauer Marmor machen lassen. Eigentlich habe er zuerst an italienischen Carrara-Marmor gedacht, den man traditionell dafür verwendet. Ein Bekannter habe ihn dann aber auf die Idee mit dem Wachauer Marmor gebracht. „Das liegt näher“, sagt Liszt und holt gleich etwas aus, um die Geschichte des Specks zu erzählen: „Lardo war ja früher das Essen der Bergarbeiter in Carrara, sie haben das gebraucht für die Kraft. Da hatte jeder eine Truhe daheim, in der er seinen Rückenspeck mit Meersalz und Gewürzen gelagert hat. Nach einem Jahr wurde der Lardo gegessen.“
Ähnlich wird nun auch der burgenländische Lardo hergestellt. Je eine
Das Brot wird nicht nur selbst gebacken, der Roggen dazu wird auch hier angebaut. Der Rückenspeck reift mit Salz und Kräutern ein Jahr lang in einer Truhe aus Marmor.
Schicht Salz, Rückenspeck und Kräuter werden in die Marmortruhe im Keller geschichtet, diese wird mit einem Marmordeckel verschlossen, und der Speck hat dann zwölf bis 18 Monate Zeit zu reifen. „Je länger, desto besser. “Heraus kommt ein feiner weißer Lardo mit leicht rosa Farbe.
Verwendet werden soll der Lardo, genauso wie die anderen Fleischprodukte auch, vorwiegend im eigenen Heurigen. „Wir wollen schon auch einen Shop machen, aber was da ist, ist da. So viel haben wir auch nicht, und die Lardoproduktion dauert ein Jahr, Schinken ein bis zwei Jahre“, sagt Liszt.
Im Ort sei er anfangs schon ein bisschen komisch angeschaut worden, weil er auf einmal wieder so arbeitet, wie seine Großeltern arbeiteten. „Man muss auch einen Spinner haben, um das zu machen.“Es sei viel Arbeit, sich um die Tiere, den Wein und die Landwirtschaft zu kümmern. „Aber es zahlt sich eben aus.“ Weingut und Heuriger Liszt Hauptstraße 10, 2443 Gemeinde Leithaprodersdorf, Ausstecktermine: 17. bis 30. Oktober, 29. 11. bis 11. 12.,
022 55/6227, www.lisztwein.at Sautanz: Ursprung Pfefferbüchsel Sechsgang-Degustationsmenü rund ums Pfefferbüchselschwein: 16. und 17. 9. (ab 17.30 Uhr; mit Empfang beim Schweinegehege; Restplätze)