Die Presse am Sonntag

Die Geister, die ich rief

Mit seiner Neuverfilm­ung der Achtzigerj­ahre-Kultkomödi­e »Ghostbuste­rs« schrieb HollywoodR­egisseur Paul Feig erneut Kinogeschi­chte – allerdings anders, als er es sich das ursprüngli­ch vorgestell­t hatte.

- VON GINI BRENNER UND KURT ZECHNER

Die Horrorkomö­die „Ghostbuste­rs“von Ivan Reitman war 1984 eine der ganz großen Kinoüberra­schungen. Horror war damals nicht Mainstream. Klassiker wie „The Shining“oder „Evil Dead“waren etwas für düstere Gemüter. „Ghostbuste­rs“dagegen war zwar gruselig, aber auch lustig, also für ein breites Publikum – und vor allem der erste Blockbuste­r, dessen Zielgruppe die bis dato als komische Randfigure­n dargestell­ten Nerds waren. Die pickeligen Comic-Fans, die Mathe-Genies, die Star-Trek-Fans waren in den Augen Hollywoods in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen.

„Ivan suchte damals seine Geisterjäg­er nicht unter den Hollywood-Stars, sondern unter den besten Comedians. Dasselbe war auch meine Ausgangsba­sis“, erzählt nun Paul Feig, der (mithilfe von Reitman als Produzent) den Stoff neu verfilmte. Mit Melissa McCarthy hatte Feig schon mehrmals zusammenge­arbeitet (in „Brautalarm“, „Taffe Mädels“und „Spy – Susan Cooper undercover“), daher war sie eine naheliegen­de Wahl. Kristen Wiig als „Brautalarm“-Ko-Star war ebenfalls naheliegen­d, dazu kamen die US-Star-Comedians Kate McKinnon und Leslie Jones. Damit holte Feig nun auch die weiblichen Nerds erstmals ins Kinorampen­licht. Und wurde dadurch zur Zielscheib­e für eine Welle an Misogynie. Wovor haben Sie sich am meisten gefürchtet, als Sie an diesen Popkultur-Klassiker herangegan­gen sind? Paul Feig: Eigentlich vor allem. Wenn man so ein Projekt angeht, ist von Anfang an klar: Es stehen sehr viele Erwartunge­n im Raum. Man greift etwas an, was schon einmal bestens funktionie­rt hat. Etwas, was in den Köpfen von Millionen Menschen fest verankert ist. Dennoch haben Sie sich getraut. Ich habe vor „Ghostbuste­rs“ja noch kein einziges Remake gemacht. Aber diese Geschichte noch einmal anzupacken, mit den großartige­n technische­n Möglichkei­ten, die wir heute haben, und mit dieser ganz neuen Partie urkomische­r Menschen – da konnte ich dann doch nicht Nein sagen. Ihre Entscheidu­ng, weibliche Protagonis­ten einzusetze­n, erwies sich als unerwartet kontrovers­iell. Hat Sie der extreme Hass, der dem Film schon lang vor Fertigstel­lung entgegenge­schlagen ist, überrascht? Ja, sehr. Mir war klar, dass viele Fans

Paul Feig

wird am 17. September 1962 in Royal Oak, Michigan, geboren.

1984

schließt er die USC School of Cinema-Television ab, tritt in TV-Serien, Filmen und als Komiker auf.

2011

gelingt Feig mit der Komödie „Brautalarm“ein großer Erfolg bei Kritikern und an Kinokassen.

2016

zeichnet er als Regisseur und Drehbuchau­tor für die Neuverfilm­ung von „Ghostbuste­rs“verantwort­lich. uns nicht gerade dafür lieben würden, weil wir es gewagt haben, einen Klassiker anzutasten. Aber was wir erlebt haben, war schlicht und einfach erschrecke­nd. Es gibt sicher tausend legitime Gründe, meinen Film nicht zu mögen, und nicht alle Kritiker meines Films sind misogyne Frauenfein­de – aber viele sind genau das. Es ist ziemlich niederschm­etternd, diese Sachen zu lesen. Ich meine, wir schreiben 2016. Verfolgen Sie soziale Medien? Ja, ich bin total twittersüc­htig. Nicht so sehr, dass es ungesund ist – hoffe ich zumindest. Ich bin keiner, der eine Million Selfies postet. Aber das Tolle am Internet ist, dass wir damit einen Grad an Interaktio­n mit dem Publikum erreichen, den es in der Geschichte der Menschheit noch nie gegeben hat. Und auch wenn darunter viele Verrückte sind – die Mehrheit der Menschen, mit denen ich über Twitter Kontakt habe, sind wundervoll. Inwiefern? Worüber unterhalte­n Sie sich? Väter haben mir beispielsw­eise Bilder geschickt von ihren kleinen Töchtern, die sich ihre eigenen Ghostbuste­rsUniforme­n gebastelt haben, mit aufgepickt­en Streifen und selbst gebastelte­n Proton-Guns. Als ich das gesehen habe, bin ich wirklich in Tränen der Rührung ausgebroch­en. Besonders nach all der Häme, die ich mir von Männern mittleren Alters habe anhören müssen. Und da dachte ich: Ihr Kerle, euch gehört nicht die ganze Welt. Ihr habt eure Filme schon, jetzt lasst mal die neue Generation ran. Für welches Publikum hätten Sie persönlich diesen Film eigentlich gedacht? Für jedes. Es sollte kein Kinderfilm werden, aber durchaus einer, zu dem man Kids mitnehmen kann. Wir hatten ursprüngli­ch ein paar nicht ganz jugendfrei­e Witze mehr drinnen, haben aber einiges rausgeschn­itten. So viele Leute haben im Vorfeld zu mir gesagt: „Ich hoffe doch, dieser Film ist genauso geeignet für die ganze Familie wie das Original.“Da musste ich immer lachen. Ich meine, wann haben die das Original zum letzten Mal gesehen? Da wird ständig geflucht, es gibt Blowjob-Witze, und alle rauchen die ganze Zeit.

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Imago/ZUMA Press für Erwachsene, sondern eine Komödie keinen Kinderfilm machen, Wollte mit „Ghostbuste­rs“Paul Feig. mitnehmen können: Regisseur die ihre Kinder ins Kino

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