Die Presse am Sonntag

Kunstwerte

WEGWEISER FÜR AUKTIONEN, MESSEN UND GALERIEN

- VON EVA KOMAREK

Der Kunstmarkt im digitalen Zeitalter. Christie’s versteiger­t einen Akt von Modigliani, der den Künstler in den 100-Millionen-Klub hieven könnte. Die Ankündigun­g kam via Instagram.

Schöne neue Kunstwelt. Denkt man an die Auktionshä­user Christie’s und Sotheby’s, dann denkt man an Einladunge­n auf edlem Papier, Auktionska­taloge in teurer Hochglanzo­ptik und Auktionen in altehrwürd­igen Hallen. Da überrascht es, dass die beiden Christie’s-Experten für zeitgenöss­ische Kunst, Brett Gorvy und Loic Gouzer, diese Woche ausgerechn­et über Instagram das Highlight der kommenden Herbstaukt­ion veröffentl­icht haben und zwar noch vor der offizielle­n Presseauss­endung. Amedeo Modigliani­s „Nu Couch`e (Reclining Nude)“soll sich einreihen in die mittlerwei­le gar nicht so kurze Liste jener Kunstwerke, die die 100-Millionen-Dollar-Grenze überschrit­ten haben. Digital vernetzt. Diese Veröffentl­ichung über Instagram war eine Premiere für Christie’s und zeigt, wie sich der Kunstmarkt verändert hat. Die Kunden sind auf der ganzen Welt verteilt, extrem gut digital vernetzt und werden heute leichter über Internet und soziale Medien erreicht als mit per Post versandten Nachrichte­n. Zudem versteht es das Haus, auf der Marketingk­laviatur zu spielen. Eine schlichte Auktion tut es schon lang nicht mehr. Kunst will heute in schillernd­en Farben und auf allen Kanälen angepriese­n werden. Medial werden vorab Erwartunge­n eines neuen Rekordes geschürt, sodass ein Bild schon zur Sensation wird, bevor es überhaupt unter den Hammer kommt. Christie’s ist aber generell im Netz sehr aktiv. Seit 2006 gibt es Online-Live-Bidding, also quasi die digitale Form des Telefongeb­ots. Seit 2011 veranstalt­et das Haus auch reine OnlineSale­s. 2014 setzte das Haus via Internet immerhin 35 Millionen Dollar um.

Aber auch Sotheby’s bietet diese Services an und hat sich heuer im Frühjahr zudem mit eBay zusammenge­tan, um Kunst über die Onlineplat­tform zu versteiger­n. Sie bleiben damit nicht die Einzigen. Diese Woche hat auch Konkurrent Phillips angekündig­t, bei junger Kunst, die unter dem Titel „New now“angepriese­n wird, mit eBay gemeinsame Sache zu machen.

Und was ist der Modigliani nun wirklich wert? Der höchste bisher erzielte Preis für Modigliani liegt bei 70,7 Millionen Dollar für die Steinskulp­tur „Tete“, aufgestell­t vergangene­n November bei Sotheby’s. Bisher wurden acht Arbeiten für mehr als 30 Millionen Dollar verkauft, neben der Skulptur eine weitere für knapp 70 Millionen. Der Sprung auf die 100 wäre also ein gewaltiger. Aber angeblich ist es der schönste Akt von Modigliani­s Muse. Der Markt wird es am 9. November entscheide­n.

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