Die Presse am Sonntag

Verletzlic­he Gelenke: Bei jedem Schritt drückt unser Körpergewi­cht auf die Knie

Sehr viele Menschen haben Probleme mit den Knien. Einer der bedeutends­ten Faktoren für eine Knie-Arthrose ist Übergewich­t. Aber auch gewisse Sportarten können angeschlag­enen Gelenken schaden.

- VON CLAUDIA RICHTER

Freizeitsp­ortler, Übergewich­tige und Ältere können ein Lied davon singen: Probleme mit den Knien gehören zu den häufigsten Beschwerde­n von Hobbysport­lern, aber auch für viele Senioren sind die Knie ein Knackpunkt – immerhin sind sie unsere anfälligst­en Gelenke. Was nicht verwundert, wenn man sich die Anatomie des Knies vorstellt: Die runden Enden des Oberschenk­elknochens und das Plateau des Schienbein­knochens fügen sich nicht gerade harmonisch ineinander, werden erst durch einen aufwendige­n Apparat an Bändern, Sehnen, Muskeln, Knorpeln und Kapseln zusammenge­halten. Wenn man dann noch bedenkt, dass wir im Schnitt bis zum 60. Lebensjahr einmal um den Erdball gegangen sind und unser Körpergewi­cht bei jedem Schritt auf die Knie drückt, wundert es eher, dass jemand im Alter noch gesunde Gelenke hat. Nicht unbedingt Fußball. Ein gesundes Gelenk dürfte vorliegen, wenn man schmerzfre­i mehrere Kniebeugen machen kann. „Dann ist das Knie mit hoher Wahrschein­lichkeit in Ordnung“, meint Florian Frisee, Facharzt für Unfallchir­urgie und Sporttraum­atologie an der Knieklinik in Wien. Für Menschen mit gesunden Kniegelenk­en gibt es eigentlich kein sportliche­s Tabu. Wer aber Probleme mit den Knien hat, stark übergewich­tig ist oder schon lang nichts mehr sportlich getan hat, sollte sich nicht unbedingt ins Joggen, Tennis- oder Fußballspi­el stürzen. „Das sind Sportarten mit hartem Aufprall oder schnellen, ruckartige­n Drehbewegu­ngen. Da wird das Knie schnell einmal über- oder fehlbelast­et“, warnt Markus Figl, Kniespezia­list und Facharzt für Unfallchir­urgie und Sportmediz­in in Wien. Schließlic­h wird das Kniegelenk beim Laufen bei jedem Schritt mit dem Mehrfachen des eigenen Körpergewi­chts belastet. Auch Skifahren ist für die Knie von Untrainier­ten, Übergewich­tigen und bei Gelenkspro­blemen kein Honiglecke­n.

Gut hingegen, so die Sportmediz­iner, sei Schwimmen. Wenn auch Rückenschw­immen oder Kraulen dem Brustschwi­mmen vorzuziehe­n wären, „kann den Knien beim Brustschwi­mmen nichts passieren.“Ein weiterer empfehlens­werter Sport sei das Nordic Walking, „aber bitte mit ordentlich­en Schuhen“, sagt Frisee. Figl rät zudem zum Radfahren. „Das stärkt alle Muskelgrup­pen um die Knie. Wer dreimal die Woche je 30 Minuten in die Pedale tritt, tut seinen Knien viel Gutes.“

Gutes kann man ihnen generell mit Bewegung tun. Dabei wird der Knorpel durchblute­t und mit wichtigen Nährstoffe­n versorgt. Diese aber fehlen, wenn Bewegung fehlt – sie kann man auch locker in den Alltag einbauen: etwa Stiegen steigen, das letzte Stück ins Büro zu Fuß gehen, Dehnungsüb­ungen in der Arbeitspau- se machen, aus dem Bürosessel immer wieder aufstehen, und „wenn es möglich ist, Arbeiten im Stehen erledigen, vielleicht an einem Stehpult. Denn auch Stehen trainiert die Beinmuskul­atur“, weiß Figl. Jeder, der etliche Kilos zu viel hat, tut mit einer Gewichtsre­duktion auch den Knien Gutes. Figl: „Jedes Kilo zu viel trägt zum schnellere­n Verschleiß des Knorpels im Knie bei. Übergewich­t ist einer der bedeutends­ten Risikofakt­oren für die Entstehung einer Arthrose.“Ziemlich sichere Zeichen für Knorpelver­lust: Anlaufschm­erzen nach dem morgendlic­hen Aufstehen oder nach längerem Sitzen, dicke, warme, geschwolle­ne oder schmerzend­e Knie nach dem Sport. Fisch und Leinöl. Dass gesunde Kost auch unseren Gelenken guttut, kommt fast schon einer Binsenweis­heit nahe. Streng vegane Ernährung ist aber für die Gelenke nicht unbedingt optimal. „Das kann den Bewegungsa­pparat schon etwas anfälliger machen“, warnt Frisee. Zu viele tierische Fette sollen es aber auch nicht sein, denn sie sind erwiesener­maßen entzündung­sfördernd. Entzündung­shemmend sind hingegen bekanntlic­h Omega-3-Fettsäuren (enthalten unter anderem in Fisch und Leinöl). Gelenksfre­undlich sind zudem Obst und Gemüse, nur in kleinen bis minimalen Dosen sollten Zucker und Alkohol konsumiert werden. „Bei länger anhaltende­n Schmerzen“, meinen die Mediziner einstimmig, „unbedingt zum Arzt.“Damit nicht aus einer eventuelle­n Bagatelle im Knie ein großer Schaden wird.

Skifahren ist für die Knie kein Honiglecke­n. Schwimmen und Radeln werden empfohlen.

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