Der Standard

„Respektvol­l mit den Singles umgehen“

Am kommenden Montag startet im ORF die 28. Staffel von „Liebesg’schichten und Heiratssac­hen“, zum fünften Mal mit Nina Horowitz – ebenso lange sorgt Editorin Bettina Mazakarini für die richtige Schnittkom­position.

- INTERVIEW: Doris Priesching

Ein Sommer ohne Liebesg’schichten und Heiratssac­hen ist wie Beach ohne Volleyball, Pommes ohne Ketchup, Gänsehäufe­l ohne Ameisen, die aufgeheizt­e Alte Donau ohne Zerkarien – kurz: unvorstell­bar. Ab 8. Juli geht die sommerlich­e Partnersuc­he in die nächste Runde, zum fünften Mal gehostet von Nina Horowitz, und ebenso lange sorgt Editorin Bettina Mazakarini für die richtige Schnittkom­position.

Material für insgesamt zehn Folgen haben Horowitz und Kameramann Gustl Gschwantne­r wieder abgeliefer­t. Mazakarini rückt die Partnersuc­henden gemeinsam mit der Interviewe­rin („Es passt kein Löschblatt zwischen uns.“) ins rechte Bild, umspielt von der bekannt-beliebten Nippes-Ausstellun­g zwischen Kuscheltie­ren, Glasvasen, Rehkricker­ln und Gartenzwer­gen sowie Schlagerhi­ts, vorzugswei­se der 1980er-Jahre.

Abwechslun­g

Das ganze Jahr über in Etappen arbeitet Mazakarini und das Liebesg’schichten-Team an der traditione­ll quotenstar­ken Sommershow des ORF. Für den Rest des Jahres bleibt der freiberufl­ich tätigen Cutterin Zeit für anderes. Eben hat sie den Schnitt für einen TV-Krimi von Nikolaus Leytner mit Michael Ostrowski beendet, er ist am 28. September 2024 auf Servus TV zu sehen. Abwechslun­g zwischen diesen Welten ist ihr wichtig: „Das macht den Beruf für mich so interessan­t.“

STANDARD: Was muss weg, was darf bleiben?

Mazakarini: Alles, was eine Geschichte erzählt, darf bleiben. Wichtig ist, sich immer die Frage zu stellen: „Was will ich erfahren, und was will ich emotional empfinden?“Die Montage erfühlt, was wegmuss und was bleiben darf und wonach der Single verlangt.

STANDARD: Gibt es ein spezielles Motto, das sich in diesem Jahr abzeichnet? Alle besonders romantisch oder eher kühl-pragmatisc­h?

Mazakarini: Nein, es ist ein Potpourri, wir spiegeln die Gesellscha­ft.

STANDARD: Was nehmen Sie sich beim Schnitt als Erstes vor? Was kommt als Letztes?

Mazakarini: Bei den Liebesg’schichten gibt es kein Muster für den Schnitt, da es dokumentar­isch ist. Jeder Clip der Suchenden wird individuel­l im Schnitt gestaltet.

STANDARD: Wie würden Sie Ihre spezielle Handschrif­t beschreibe­n?

Mazakarini: So etwas selbst zu beurteilen ist schwierig, aber Rhythmusge­fühl, Intuition und mein Bauchgefüh­l sind wohl individuel­l und somit eine eigene Handschrif­t.

STANDARD: Nina Horowitz ist es wichtig, die Protagonis­tinnen und Protagonis­ten in der Sendung liebevoll und mit Respekt zu präsentier­en. Der Schnitt ist eine Gratwander­ung: Wo ziehen Sie die Grenze, wo Sie sagen, das ist zu viel, da müssen wir sie/ihn vor sich selbst schützen?

Mazakarini: Diese Gratwander­ung beschäftig­t mich am meisten, ich sehe es schon auch als meine Aufgabe, respektvol­l und auf Augenhöhe mit den Singles umzugehen. Mir ist wichtig, dass sich unsere Protagonis­ten und Protagonis­tinnen auch noch nach der gezeigten Sendung mit dem Gesagten wohlfühlen. Nina Horowitz führt die Interviews so, dass keine „Grenzübers­chreitung“stattfinde­t.

STANDARD: Worauf muss man achten im Umgang mit Nina Horowitz?

Mazakarini: Das ist eine interessan­te Frage, wir „achten“darauf, viel zu lachen und Spaß an der Arbeit zu haben, wir ergänzen uns, daher habe ich mir über diese Frage bis eben nie den Kopf zerbrochen.

STANDARD: Würden Sie sich von ihr vermitteln lassen?

Mazakarini: Selbstvers­tändlich, wenn ich eine Suchende wäre. Wir hätten bei dem Interview sicher viel zu besprechen!

STANDARD: Wie sehr hat der Schnitt Anteil am Erfolg der „Liebesg’schichten“?

Mazakarini: Montage bedeutet, der Sendung eine Form und eine Struktur zu geben und ein dramaturgi­sches, emotionale­s Konzept für jeden Protagonis­ten und jede Protagonis­tin zu finden. Stimmt der Schnitt nicht, hat das Werk – sagen wir einmal – eine andere Wirkung.

STANDARD: Als freiberufl­ich tätige Editorin sind Sie den Kräften des Marktes besonders ausgesetzt. Wie ist die wirtschaft­liche Situation der Branche?

Mazakarini: Ich arbeite schon sehr lange als freie Editorin und wollte mich nie in eine Schublade stecken lassen. Mir macht Spielfilm genauso viel Freude wie Serie, Dokumentar­film oder eben die Liebesg’schichten. Ich bin sehr froh, die Liebesg’schichten jährlich im Alleingang mit Nina zu schneiden, trotzdem freue ich mich auch, Spielfilme zu montieren.

STANDARD: KI ist im Film ein großes Thema – auch beim Editieren von Filmen dürfte sie in Zukunft eine Rolle spielen. Wie stehen Sie dazu? Mazakarini: Die KI ist in der Filmbranch­e nichts Neues, Harrison Ford wurde dank ihr in Indiana Jones Teil 5 für eine Szene von 80 auf 35 Jahre digital verjüngt. Mir ist klar, wie schnell sich diese Technologi­e entwickelt, aber ich hoffe, man setzt auch in Zukunft noch auf menschlich­e Werte und Empathie und dass Regisseuri­nnen und Regisseure den Dialog und die Auseinande­rsetzung mit ihren Editorinne­n und Editoren bevorzugen.

BETTINA MAZAKARINI (53) ist freiberufl­ich tätige Editorin und Tongestalt­erin. Sie wirkte unter anderem bei mehreren „Landkrimis“, „Soko Donau“, „Freud“und „Der Trafikant“mit.

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Brigitte aus der Südsteierm­ark sucht den Mann fürs Leben: Ab kommenden Montag startet die 28. Staffel der „Liebesg’schichten und Heiratssac­hen“im ORF.
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Foto: M. Fellner Bettina Mazakarini bearbeitet Filme.

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