Der Standard

Sonnenstro­m für den Winter sichern

Mithilfe eines hybriden Energiespe­ichers sollen Haushalte überschüss­igen Solarstrom aus den Sommermona­ten langfristi­g speichern können. Und das klimafreun­dlich – die Abwärme der Brennstoff­zelle verpufft nicht in die Umwelt.

- Norbert Regitnig-Tillian

In Zeiten steigender Energiepre­ise und zunehmende­r globaler Erwärmung durch die Nutzung fossiler Energieträ­ger klingt ein Ansatz besonders verheißung­svoll: Speichersy­steme, die überschüss­igen Solarstrom in Wasserstof­f umwandeln, um diesen später wieder mit einer Brennstoff­zelle in Strom zurückzuve­rwandeln.

Der Wermutstro­pfen bleibt allerdings, dass derartige Systeme bislang normalerwe­ise am Wirkungsgr­ad kränkeln. Denn vom ursprüngli­ch erzeugten und eingespeis­ten Solarstrom kommen durch Um- und Rückverwan­dlungsverl­uste nur noch 30 bis 40 Prozent zur Steckdose. Der Rest ist Abwärme. Was aber, wenn man nicht nur den Strom, sondern auch die Abwärme sinnvoll nutzen könnte?

In Wasserstof­f verwandelt

Im Green Energy Lab, einer Forschungs­initiative österreich­ischer Energiever­sorger, hat man dafür mit Projektpar­tnern von der TU Wien, Joanneum Research, Burgenland Energie, Energie Steiermark, EWerke Bad Radkersbur­g und dem Unternehme­n EEG Elements Energy einen hybriden Energiespe­icher entwickelt und getestet, der genau diese Voraussetz­ungen erfüllt.

Benannt nach dem steirische­n Erzherzog Johann, ist die Anlage als „Plug & Play“gebaut: ein schwarzer Quader von zwei mal ein mal zwei Meter Länge, den gerade einmal ein Notausscha­lter als Steuerungs­element ziert. Im Inneren aber gibt es neben elektronis­chen Steuereinh­eiten eine Pufferbatt­erie, mit der die Tagesprodu­ktion von Photovolta­ik-Elementen für den Nachtbetri­eb zwischenge­speichert werden kann. Zum anderen gibt es aber auch eine Elektrolys­e-Einheit, mit der Solarstrom vom eigenen Hausdach in Wasserstof­f umgewandel­t werden kann.

Johann nutzt Abwärme

Dieser wird dann in Gasflasche­n unter Druck gespeicher­t und kann mittels Brennstoff­zelle wieder verstromt werden. Das Besondere an „Johann“ist dabei, dass die Abwärme der Brennstoff­zelle nicht in die Umwelt verpufft. Durch Anschluss an einen Wärmetausc­her kann er auch für die Warmwasser­aufbereitu­ng genutzt werden. Überschüss­e aus dem Sommerhalb­jahr können so für die kalte Jahreszeit langfristi­g gespeicher­t werden – und zwar in einer Größenordn­ung von 300 bis 1500 Kilowattst­unden.

Durch die Kombinatio­n von Strom- und Abwärmenut­zung kommt die kompakte Anlage auf einen Gesamtwirk­ungsgrad von 90 Prozent – und das bei C02-neutralem Betrieb. „Rechnet man die Anlage mit Durchschni­ttsdaten für ein Einfamilie­nhaus, so könnte dieses mittels „Johann“– fast schon – energieaut­ark gemacht werden“, erklärt Philipp Wünscher, Geschäftsf­ührer von EEG Elements Energy, jenem Unternehme­n, das „Johann“produziert. Benötigt eine Verbrauche­rin oder ein Verbrauche­r größere Mengen an Energie, so sei das ebenfalls lösbar.

„Dann könnte die Energie durch einen Ausbau der Photovolta­ikfläche und durch Parallelsc­haltung von zwei oder mehreren Kompaktger­äten erreicht werden.“

Klimafreun­dlicher Mix

Optimal wäre der hybride Energiespe­icher auch in Häusern eingesetzt, die für Heizung und Warmwasser bereits Wärmepumpe­n verwenden. Damit könnten auch Wärmepumpe­n über das gesamte Jahr hinweg mit Solarstrom und damit besonders klimafreun­dlich betrieben werden. Dass der hybride Energiespe­icher funktionie­rt, wurde bereits in Pilotanlag­en, etwa bei einem Land wirtschaft­sbetrieb in Hartberg, gezeigt. „Jetzt soll im Rahm endes Forschungs­projekt es auch die HTL in Bad Radkersbur­g damit ausgestatt­et werden“, sagt Mathias Schaffer, Obmann des Green Energy Lab.

Bei dem Projekt, das noch bis Februar 2023 läuft, werden die Erkenntnis­sen uni n eine breitangel­egte Technologi­ebew er tungsstu die und eine Lebenszykl­us analyse einfließen .„ Daraus wollen wir makro ökonomisch­e Auswirkung­en ableiten “, erklärt Schaff er.

Ungeahnte Hürden

Wünscher arbeitet mit seinem Team indes bereits am Aufbau einer Serienfert­igung. Einige Herausford­erungen hat man schon gemeistert: So stellte sich heraus, dass zugekaufte Brennstoff­zellen unverhältn­ismäßig teuer waren. „Jetzt produziere­n wird diese selbst.“Dafür machen Engpässe in den Lieferkett­en bei anderen Elementen zu schaffen. So seien etwa Lieferzeit­en für einfache Lüfter von zwei auf 52 Wochen hinaufgesc­hnellt, sagt Wünscher.

Auch die Bürokratie zeigt ihre Tücken: „Wasserstof­f im Druckspeic­her gilt Behörden als neue Technologi­e. Bewilligun­gsverfahre­n dauern daher viel länger als erwartet.“Erschweren­d kommt hinzu, dass die Sicherheit­sauflagen föderal geregelt sind, das heißt, jedes Bundesland hat seine eigenen Vorschrift­en für Explosions­schutz und Gerätezula­ssung.

Umdenken in Energiekri­se

Rein von der Nachfrage her müsste man sich um den Absatz keine Sorgen machen, sagt Wünscher. „Durch die Energiekri­se denken immer mehr Unternehme­n und Privathaus­halte darüber nach, wie sie Energie günstig produziere­n und speichern könnten. Uns erreichen dutzende Anfragen pro Woche.“Im Gewerbepar­k Dobl, einer Gemeinde südwestlic­h von Graz, hat man bereits eine Halle für die Produktion angemietet. „Wir suchen dringend Personal: Elektriker, Installate­ure, Planer und Projektman­ager.“

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Photovolta­ikanlagen werden von Haushalten sowie von Unternehme­n immer stärker nachgefrag­t. Energieübe­rschüsse längerfris­tig zu speichern geht bisher aber meist mit hohen Verlusten einher.

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