Der Standard

Das symptomati­sche Loch

- Fritz Neumann

Ganz knapp ist Österreich an der ganz großen Blamage vorbeigesc­hrammt. Es war, man muss das im Nachhinein so sagen, einfach nur ein Massel, dass das Fußball-Länderspie­l gegen Dänemark – wenn auch mit eineinhalb­stündiger Verspätung – über die Bühne gehen konnte. Gut, man kann den Stromausfa­ll, von dem etwa auch Fahrgeschä­fte im Wurstelpra­ter betroffen waren, als Pech abtun. Aber warum das Notstromag­gregat, das im Ernst-Happel-Stadion zumindest Flutlicht garantiere­n sollte, nicht funktionie­rte, blieb dem Fußballbun­d (ÖFB) vorerst ein Rätsel.

Dieser ist, weil selbst nur Mieter, am wenigsten zur Verantwort­ung zu ziehen – auch nicht für das gut zwanzig Zentimeter tiefe, durch Grundwasse­r verursacht­e Loch im Mittelkrei­s, das den nicht zuletzt darob feixenden dänischen Fußballern nach Schlusspfi­ff aufgefalle­n war. Nicht auszudenke­n, das Loch wäre früher bemerkt worden. Ein Abbruch wäre unvermeidl­ich und Wien erst recht eine europaweit­e Lachnummer gewesen.

Schon am Freitag gastiert Weltmeiste­r Frankreich im Happel-Stadion, bis dahin sollten die Probleme behoben sein. Wobei – sorgen und ärgern muss man sich in heimischen Sportstätt­en immer wieder. Es sei nur an eine Eishockey-WM in Wien erinnert, bei der die Cracks im Wasser wateten. Und an das Wiener Stadthalle­nbad, das ab Mai 2010 renoviert wurde und im Herbst 2011 aufsperren sollte, aber erst im Juni 2014 wieder öffentlich zugänglich war. Und daran, dass es, obwohl nun im Wiener Stadionbad im Winter eine neue Halle steht, hierzuland­e immer noch zu wenige Schwimmhal­len mit 50m-Becken gibt. Von einer überdachte­n Radrennbah­n ganz zu schweigen. Und, und, und, und, und.

Das Loch im Rasen ist beispielha­ft für den Zustand des Happel-Stadions. Da kommt, weil die Fans wegen einer Laufbahn zu weit weg vom Geschehen sind, kaum Stimmung auf. Die hebt sich auch nicht, wenn man sich fast stundenlan­g um Getränke anstellt oder eine „sanitäre Anlage“aufsucht.

Das Happel-Stadion wiederum ist beispielha­ft für Österreich­s oftmals dürftige Sportinfra­struktur. Es war ein großes Versäumnis, die Heim-EM 2008 nicht dafür zu nützen, in Wien ein neues Stadion zu errichten. Da ließ man auch Linz und Graz links liegen und baute lieber, weil Jörg Haider das so wollte, eine neue Arena in Klagenfurt. Es wäre höchste Zeit, das Versäumnis zu beheben. Ein Loch, in dem das ganze Stadion verschwind­et, wird sich im Prater nicht auftun.

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