Der Standard

Rohbau mit Bürden

Ein unfertiges Hotelproje­kt in Bad Gastein wurde vor zwei Jahren zwangsvers­teigert. Weitergeba­ut wird bis heute nicht. Mittlerwei­le liegt der Fall beim OGH. Er zeigt, wie Investoren in Winterspor­torten immer wieder versuchen, Zweitwohns­itzverbote auszuheb

- Franziska Zoidl

Dort, wo heute das Hauptgebäu­de mit Lobby, Restaurant und Wellnessbe­reich stehen sollte, liegt ein riesiger Erdhaufen, der von Brennnesse­ln überwucher­t wurde. Auf einer Verstrebun­g auf einem der Balkone wächst ein kleiner Baum. In Badbruck, einem Ortsteil unterhalb Bad Gasteins, steht ein unvollende­ter Ferienpark. Mehr als 400 Hotelbette­n hätten hier in 15 Gebäuden entstehen, Touristinn­en und Touristen ins Tal locken und Arbeitsplä­tze schaffen sollen. Stattdesse­n stehen hier nun Rohbauten, an denen schon lange nicht mehr gearbeitet wird.

Das Geisterdor­f sticht heraus, denn es befindet sich neben schmucken Pensionen, liebevoll in Schuss gehaltenen Einfamilie­nhäusern und dem Gasthaus Bäckerwirt­sgut, das seit dem 18. Jahrhunder­t im Familienbe­sitz ist. Ganz so lang beschäftig­en die Rohbauten die Gemeinde zwar noch nicht. Für Anrainerin­nen und Anrainer ist es dennoch eine Ewigkeit. Dabei hatte es vielverspr­echend begonnen: Investoren aus den Niederland­en haben 2004 den Plan entwickelt, in bester Lage ein Feriendorf zu errichten.

Sechs dieser Gebäude mit 32 Wohneinhei­ten wurden 2008 errichtet, einige davon bereits an niederländ­ische Anleger verkauft. In Badbruck erinnert man sich heute noch an die Geschäftsm­änner, die in den Anfangsjah­ren unterwegs waren. Sie seien großspurig aufgetrete­n und gute Verkäufer gewesen, immerhin hätten sie überwiegen­d ältere Damen und Herren überzeugt, zu investiere­n, als das Projekt noch nicht ansatzweis­e fertig war.

Doch das Getriebe geriet ins Stocken. Laut Angaben der Projektent­wicklungsg­esellschaf­t mit Sitz im Lungau kamen die Probleme wegen der Finanzkris­e, aber auch, weil eine vom Land verlangte Umweltvert­räglichkei­tsprüfung eine Million Euro Zusatzkost­en verursacht­e und Umplanunge­n notwendig machte.

Strenge Auflagen

Außerdem gab es Brösel mit der Gemeinde, die, wie viele Winterspor­torte, ein gebranntes Kind ist: Sie befürchtet­e hinter dem Ferienpark die Entstehung illegaler Zweitwohns­itze und knüpfte strenge Auflagen an die nötige Flächenwid­mungsänder­ung.

Daher wurde ein Ablaufplan vorgegeben, erzählt der Bad Gasteiner Bürgermeis­ter Gerhard Steinbauer (ÖVP): Nach den ersten sechs Gebäuden musste das Zentralgeb­äude mit Hotelinfra­struktur, wie einem Restaurant, gebaut werden. Damit sollte sichergest­ellt werden, dass hier tatsächlic­h einmal ein Hotel betrieben wird und die Anlage nicht plötzlich ohne Betreiber dasteht und über Umwege zur Wohnanlage wird. Erst danach sollten die übrigen acht Gebäude errichtet werden. „Die Investoren wollten die Bewilligun­g für das Zentralgeb­äude und die restlichen acht Gebäude aber gleich in einem Schritt“, erinnert sich

Steinbauer. Das habe man nicht gemacht, „weil dann bauen die acht Gebäude, und für das Zentralgeb­äude geht ihnen das Geld aus“. Der Verdacht dürfte nicht unbegründe­t gewesen sein: „Das war das Ende des Projekts.“

Nach vielen Jahren Stillstand wurde 2019 schließlic­h das Konkursver­fahren über die Projektges­ellschaft eingeleite­t. Die Passiva beliefen sich auf 20,5 Millionen Euro, rund 30 Gläubiger waren betroffen. Es war der größte Konkurs im Land Salzburg des Jahres 2019.

2020 folgte die Zwangsvers­teigerung. Die Baufirma Spiluttini mit Sitz in St. Johann im Pongau hat laut Medienberi­chten für einige Millionen Euro den Zuschlag bekommen. Heute, zwei Jahre später, prangt der Firmenname der neuen Besitzer am Baustellen­zaun. Anrainer erzählen, dass sich einmal Bauarbeite­r gezeigt hätten. Weitergeba­ut wird immer noch nicht.

Als Eigentümer steht nach wie vor die Projektman­agement Ferienpark Gastein GmbH im Grundbuch. Die niederländ­ischen Anleger, denen zwischen 2008 und 2016 eine „Zusage der Einräumung von Wohnungsei­gentum“gemacht wurde, stehen ebenfalls im Grundbuch. Der Hintergrun­d: Seit Februar des Vorjahres liegt der Fall beim Obersten Gerichtsho­f, wie Masseverwa­lter Wolfgang Kleibel berichtet. „Es gibt einen konkursger­ichtlich genehmigte­n Kaufvertra­g“, sagt der Salzburger Rechtsanwa­lt. Wie der Kaufpreis des Projekts, das in einer Phase vor der Begründung von

Wohneigent­um „steckengeb­lieben ist“, aufzuteile­n ist, sei juristisch­es Neuland und daher Sache des OGH. Kleibel rechnet „jederzeit“mit einem Entscheid. Erst dann wird es mit dem Projekt weitergehe­n. Der Eigentümer war für eine Stellungna­hme nicht erreichbar.

Wohnen statt Hotel

Im Gemeindeam­t ist man seit dem Baustart vor 15 Jahren umgeschwen­kt: Man wünsche sich kein weiteres Hotel mehr, betont Bürgermeis­ter Steinbauer, der 2004 ins Amt gekommen ist und somit damals schon ein Wörtchen mitreden durfte: „Man muss das immer aus der Zeit heraus sehen“, sagt er heute. Damals hätte es mit einem anderen Investor, Franz Duval, dem Gebäude im Ortszentru­m gehörten, Probleme gegeben. Dieser habe sich immer öffentlich beklagt, dass ihm die Gemeinde Steine in den Weg lege. Daher war man mit den Niederländ­ern auf Kooperatio­n aus. „Und denen waren wir im Wort, auch als sich unsere Sichtweise geändert hat. Aber mit dem neuen Eigentümer ist nichts ausgemacht“, sagt Steinbauer.

Die neue Sichtweise: Im Ort wünscht man sich jetzt Eigentumsw­ohnungen, Reihenoder Doppelhäus­er im Eigentum als Erstwohnsi­tz anstatt des Hoteldorfs. Das habe er dem Eigentümer so mitgeteilt, sagt Steinbauer, „dann habe ich nie wieder etwas von ihm gehört“. Der Baum auf dem Balkon könnte noch ein bisschen wachsen.

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Foto: Zoidl Das Hoteldorf im Ortsteil Badbruck steht neben schmucken Einfamilie­nhäusern und einem alten Wirtshaus.

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