Neubeginn mit Hürden
Ein Vierteljahr nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine ringen viele der nach Österreich geflohenen Menschen mit den Tücken des schwerfälligen Versorgungssystems. Doch es gibt auch Erfolgsstorys.
In den kommenden Tagen dürften die Landeshauptleute eine der vielen Hürden meistern, die es für eine adäquate Versorgung der Ukraine-Vertriebenen und anderer Flüchtlinge zu überwinden gilt. Bei der Landeshauptleutekonferenz in Bregenz am Freitag sagte der aktuelle Konferenzvorsitzende Markus Wallner (ÖVP), eine Vereinbarung, mit der die Tagsätze in der Grundversorgung erhöht werden, stehe vor der Unterzeichnung.
Danach müssen noch die neun Landesparlamente der Erhöhung von 21 auf 25 Euro pro Tag zustimmen. Dieser Satz gilt für einen Erwachsenen in einem organisierten Quartier. So lange jedoch im Rahmen der Bund-Länder-Vereinbarung nicht mehr Geld fließt, werde „Mikado“gespielt, wie Insider sagen. Keiner bewege sich, in manchen Bundesländern warten Ukraine-Flüchtlinge schon seit Monaten auf Geld. Für sie arbeitet das System viel zu langsam. Drei Monate nach dem Überfall Russlands auf ihr Land suchen die bis dato 71.850 kriegsgeflüchteten, in Österreich registrierten Personen dringend Boden unter den Füßen. Es sind zu 70 Prozent Frauen und Mädchen, 30 Prozent sind minderjährig.
Laut Standard-Recherchen gelingt die Integration vor allem Menschen, die einen Job bekommen und nicht mehr auf Grundversorgung angewiesen sind. Der prinzipielle Zugang zum Arbeitsmarkt wurde auf Grundlage der EU-Massenzustromrichtline gewährt. Die Geschichte der 29-jährigen PR-Expertin Kateryna Slatina etwa (Foto links), die bei einer international tätigen Firma unterkam, ist eine Erfolgsstory.
Der überwiegende Teil der Ukraine-Flüchtlinge hat das bisher nicht geschafft. Bis dato wurden 3600 Vertriebenen Arbeitsbewilligungen gewährt, 5800 Personen sind beim Arbeitsmarktservice (AMS) vorgemerkt. Um überhaupt so weit zu kommen, braucht es eine blaue Vertriebenenkarte und eine E-Card. Um auch wirklich einen Job zu finden, muss der potenzielle Arbeitgeber um Bewilligung ansuchen, das AMS muss sein Okay dazu geben.
Hinzu kommt, dass UkraineFlüchtlinge, die aus der Grundversorgung heraus Arbeit suchen, an der extrem niedrigen Zuverdienstgrenze zu scheitern drohen. Wer mehr als 110 Euro monatlich verdient, verliert Unterkunft und Betreuung. Um die Erhöhung der Zuverdienstgrenze ist ein Konflikt entbrannt. Die ÖVP will verhindern, dass eine solche Erleichterung auch Asylwerbern zugutekommt.
Ähnliches gilt für Sozialleistungen, ohne die viele alleinerziehende ukrainische Frauen wohl nur schwer werden arbeiten können. Ob und wie die Vertriebenen Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld erhalten sollen oder ob man sie ganz in die Sozialhilfe überführen sollte, ist ungeklärt.