Omikron-Lockdown liegt in der Luft
Am Donnerstag tagen der Gecko-Krisenstab, die Regierung und die Länder. Angesichts der neuen Coronavirus-Variante müssten die Fallzahlen so niedrig wie möglich gehalten werden. Von der Regierung werden mehr Transparenz und schnelleres Handeln eingefordert.
Angesichts der raschen Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus lautet die große Frage zu Beginn des neuen Jahres: Werden schärfere Maßnahmen ausreichen, um die zunehmende Verbreitung einzugrenzen, oder droht der nächste Lockdown? Für Donnerstag steht in puncto Pandemiebekämpfung die nächste Sitzung von Mitgliedern der Bundesregierung, Landeshauptleuten und den Expertinnen und Experten der Gesamtstaatlichen Covid-Krisenkoordination (Gecko) an. Dabei soll laut Aussendung des Gremiums von Sonntag die Wirksamkeit der bisherigen Maßnahmen evaluiert werden.
Die Vorkehrungen haben laut Regierungsangaben bislang einen allzu steilen Anstieg der Neuinfektionen verhindert. Alle weiteren Anstrengungen müssten nun darauf abzielen, die Fallzahlen so niedrig wie möglich zu halten, hieß es in der Stellungnahme: Es gelte, Zeit zu gewinnen, da Omikron-bedingt „sehr rasche Veränderungen zu erwarten sind“.
Elling fordert mehr Transparenz
Mit der Frage, wie die Zahlen möglichst gedrückt werden können, hat sich das GeckoTeam über die Feiertage beschäftigt. Der unter Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) neu eingerichtete 25-köpfige Krisenstab ist aktuell mit der Beantwortung eines von der Bundesregierung übermittelten Fragenkomplexes zum weiteren Management der Pandemie beschäftigt. Über die Ergebnisse der Beratungen soll die Öffentlichkeit am Donnerstag in einer Pressekonferenz informiert werden.
Vorab wird bereits am Dienstag hinter verschlossenen Türen diskutiert. Dass nicht schon früher in aller Öffentlichkeit debattiert werde, kritisierte am Wochenende der Mikroson biologe Ulrich Elling vom Institut für molekulare Biotechnologie (IMBA). Das IMBA ist das größte Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, das zu den führenden biomedizinischen Forschungsinstituten in Europa gehört. Elling poche deshalb so auf „Transparenz in der Information“, wie er am Sonntag auf Twitter festhielt, „weil der Staat allein es nicht richten kann“.
Zu den allermeisten Infektionen würde es dort kommen, „wo der Staat kaum Einfluss hat. Mitdenken/helfen muss jeder selbst!“. Omikron bringe hierfür wichtige Änderungen
mit sich: etwa dass die Ansteckungen pro Per
nicht deutlich mehr seien, sondern diese viel schneller passierten. Bei der Ansteckung von einer Person auf die nächste vergehen jetzt nicht mehr vier Tage, sondern nur noch zwei Tage, und nach drei Tagen ist man krank, fasste es der Genetiker zusammen.
Der tote Winkel sei damit geschrumpft, Freitesten sei so schneller möglich. Italien und Frankreich haben aus diesem Grund die Quarantäneregeln für Geimpfte bereits gelockert. Das österreichische Gesundheitsministerium
prüft gerade eine Verkürzung. Dass die österreichische Regierung bei ihren Entscheidungen zu langsam reagiere, hatte Elling zuvor auch schon in einem Interview mit dem Kurier kritisiert. Die Reaktionszeit sei „wieder viel zu langsam“. Zudem kritisierte er die Kommunikation der Regierung: „Trotz der Gecko-Kommission schaut transparentes Fahren durch die Pandemie für mich anders aus. Auch ich weiß nicht genau, was in der Gecko läuft. Für mich ist das jetzt noch ein Hinterzimmerdebattierklub.“
Chancen für Lockdown hoch
Er befürchte, dass die Entscheidung so lange vertagt werden könnte, „bis uns Omikron die Entscheidung abgenommen hat. Was dann passiert, ist Durchseuchung.“Dann müssten Feldbetten aufgestellt werden, um die vielen parallel Erkrankten zu versorgen. Außerdem würde ein solcher Schritt einen Paradigmenwechsel zur Folge haben, der den Menschen auch erklärt werden müsse. Eine Strategie müsse „jetzt definiert werden, bevor wir wohl im Jänner noch die 50.000er-Marke knacken“, sagte Elling im Kurier.
Auch die SPÖ-Vorsitzende Pamela RendiWagner forderte mehr Transparenz bei den Gecko-Beratungen ein. Die Regierung drohte die anstehende Welle „über die Feiertage zu verschlafen“, sagte die SPÖ-Chefin im Gespräch mit der Nachrichtenagentur APA. Sie plädierte für eine sofortige Umstellung auf Homeoffice, wo immer das möglich sei, sowie für eine starke Offensive für die Boosterimpfungen. Der Epidemiologe Gerald Gartlehner erwartete in der Presse ebenfalls, dass Omikron das Gesundheitssystem im Jänner und Februar vor große Herausforderungen stellen werde. Die Chancen für einen neuerlichen harten Lockdown sieht Gartlehner „höher als die dagegen“.