Entspannung, aber Omikron-Sorgen
Das Börsenjahr 2021 war von der Covid-Erholung geprägt. Trotz Lieferkettenproblemen und steigender Inflation konnten Anleger profitieren. Das Umfeld für Zugewinne werde 2022 bleiben, sagt Blackrock-Experte Martin Lück.
Das zu Ende gehende Börsenjahr lässt sich mit folgendem Satz zusammenfassen: „Die Erholung aus Covid heraus ist gut gelungen“, sagt Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie bei Blackrock für Deutschland, die Schweiz, Österreich und Osteuropa. Unternehmen würden derzeit auf Kunden treffen, die bereit sind, das Geld auszugeben, das sie in den Lockdowns gespart haben. Die Kunden sind laut Lück auch bereit, für Produkte mehr zu bezahlen – womit es Unternehmen leichter haben werden, ihre gestiegenen Kosten für Logistik oder Rohstoffe weiterzugeben.
Obwohl derzeit offen ist, ob und wie das Infektionsgeschehen wegen Omikron die wirtschaftliche Erholung stören wird, geht Lück davon aus, „dass die Grundstruktur erhalten bleibt und der ökonomische Neustart sich fortsetzen wird“. Die Zinsen werden sich aber von ihren Tiefstständen lösen. Die US-Notenbank Fed hat bereits angekündigt, im kommenden Jahr drei Zinserhöhungen vornehmen zu wollen. In der Europäischen Zentralbank ist man davon noch entfernt – es herrscht Uneinigkeit darüber, ob und wann an der Zinsschraube gedreht wird. „Notenbanken sollten jetzt keine politischen Fehler machen“, sagt Lück und meint damit, dass sie sich nicht zu sehr unter Druck setzen lassen und zu schnell ihre Programme stoppen sollten.
Auch in der Geopolitik schlummern freilich Risiken. Der sich zuspitzende Konflikt Russland – Ukraine – USA ist nur ein Krisenherd, den Anleger im Blick haben. Auch der Konflikt USA und China bleibt auf der Agenda. China hat heuer deutlich gezeigt, wie die wirtschaftliche Entwicklung im Land weitergehen soll. Das hat für große Kursverluste jener Tech-Konzerne aus dem Reich der Mitte gesorgt, die an der Wall Street notieren. Einige haben bereits den Rückzug vom Parkett und die Verlagerung der Notiz angekündigt. Laut Lück gehen Börsianer aber davon aus, dass sich die Eingriffe Chinas wieder beruhigen. Die Regierung habe immer wieder mit Vorgaben gesteuert. Im November 2022 steht jedoch der 20. Parteitag an, bei dem sich Staats- und Parteichef Xi Jinping der Wiederwahl stellt. Die bisherige Limitierung seiner Amtszeit auf insgesamt zehn Jahre hat er jedenfalls schon aus der chinesischen Verfassung streichen lassen.
„China ist in Summe aber ein systemrelevanter Rivale geworden“, sagt Lück. Der Wettbewerb zwischen China und dem Westen werde also weitergehen. Entspannung sieht Lück bei der Inflation, die laut dem Experten von Basiseffekten getrieben werde. Bereits im Jänner werde man in Deutschland eine Entspannung sehen. Auch im Bereich Angebot und Nachfrage werde es eine Erholung geben.