Fünf weitere Beschuldigte in Causa des türkischen Ex-Spions
Prozesstermin gegen angeblichen Auftragskiller wurde abberaumt – Berîvan Aslan empört über „politischen Skandal“
IVanessa Gaigg Jan Michael Marchart
m September letzten Jahres meldete sich ein Mann mit einer brisanten Information bei den österreichischen Sicherheitsbehörden: Er habe vom türkischen Geheimdienst den Auftrag bekommen, auf die Wiener Gemeinderätin Berîvan Aslan (Grüne) einen Anschlag zu verüben. Auch die Namen von ExPolitiker Peter Pilz (früher Liste Jetzt, Grüne) sowie Andreas Schieder (SPÖ) sollen bei den Einvernahmen des Mannes gefallen sein.
Der italienische Staatsbürger mit türkischen Wurzeln kam in Untersuchungshaft, aus dieser wurde er kürzlich entlassen. Direkt danach wurde er nach Italien abgeschoben – und das trotz der Tatsache, dass bereits eine rechtswirksame Anklage vorlag: Am 4. Februar sollte dem 53Jährigen wegen militärischen Nachrichtendiensts für einen fremden Staat der Prozess gemacht werden.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) belegte den Mann allerdings mit einem unbefristeten Aufenthaltsverbot, da von ihm eine Gefährdung für die nationale Sicherheit ausgehe. Der Prozess wurde vorerst wieder abberaumt.
Aufenthaltsort geändert
Der Mann befindet sich nun offenbar in Nordafrika. Das berichtet der Telegraph. Die Kooperationsbereitschaft seines Mandanten habe durchgehend bestanden und sei noch anhaltend, sagt Anwalt Daniel Mozga. Dass er außer Landes geschafft wurde, sei jedoch ein „deutliches Zeichen gewesen“. Man überlasse ihn somit seinem Schicksal.
Wie konnte es zu einer solchen Situation kommen? Aslan sieht in diesen Vorgängen einen „politischen Skandal“. Die Befürchtung, dass der Mann für seinen Prozess nicht mehr greifbar sein könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. Es eröffnen sich noch weitere Probleme: Der Mann würde nicht nur in seinem eigenen Prozess eine Rolle spielen, sondern ist auch als Zeuge für andere Verfahren relevant. Denn die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen mögliche Hintermänner.
Konkret geht es um einen unbekannten Beschuldigten, gegen den wegen Anstiftung zum Mord ermittelt wird. Zusätzlich konnten vier weitere Beschuldigte ausgeforscht werden. Gegen sie wird ebenfalls wegen militärischen Nachrichtendienstes für einen fremden Staat ermittelt.
Unglücklicher Vorgang
Dass der Mann abgeschoben wurde, sei „unglücklich gelaufen“, bedauert eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Zuständig für die Abschiebung ist aber nicht die Staatsanwaltschaft, sondern das Innenministerium. Dort hält man sich aber bedeckt, was das Zustandekommen der Einschätzung des BFA betrifft. Zum Zeitpunkt der Entlassung aus der U-Haft sei die Einschätzung des BFA hinsichtlich der Gefährlichkeit des mutmaßlichen Ex-Spions allerdings nicht vorgelegen, heißt es seitens der Staatsanwaltschaft. Mit der Abschiebung habe man nicht gerechnet.
Dem Gericht liegt bisher keine Adresse des angeblichen Spions vor – man geht aber davon aus, sie von den Verteidigern „problemlos“zu erhalten. Der Termin für Anfang Februar sei jedenfalls zu knapp. Laut dem Gericht sei es jedenfalls keine Seltenheit, dass Angeklagte abgeschoben werden. Es bestehe aber kein Zeitdruck mehr, da es sich um keine Haftsache mehr handle, und einer „geordneten Organisation“stehe nichts im Wege.