Der Standard

Anwalt bereitet Amtshaftun­gsklage für Terror-Opfer vor

Staat könnte Hinterblie­benen und Verletzten Schadeners­atz für Versäumnis­se der Behörden zahlen müssen

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Im Innenminis­terium sind Fehler passiert. Das gestand Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) ein und richtete deshalb eine Untersuchu­ngskommiss­ion ein. Diese ist aber nicht die einzige Stelle, die sich nun der Aufarbeitu­ng annehmen kann und wird.

Es geht dabei zum Beispiel um die Frage, ob die Informatio­n slowakisch­er Behörden, dass der Täter in ihrem Land Munition kaufen wollte, versickert ist. „Es zählt zu den Dienstpfli­chten der Beamten, diese Informatio­nen weiterzuge­ben“, sagt Verfassung­s- und Verwaltung­sjurist Peter Bußjäger. Passierte das nicht, kann das Konsequenz­en haben.

Einerseits dienstrech­tliche: Gab es eine Verletzung von Dienstpfli­chten, müssen Beamte vor eine Disziplina­rkommissio­n. Abgekoppel­t davon sei die strafrecht­liche Verantwort­ung einzelner Beamter, da kann die Staatsanwa­ltschaft auch selbststän­dig ermitteln, wenn sie davon Kenntnis erlangt. „Dies kann in Betracht kommen“, sagt Bußjäger, „da steht etwa die fahrlässig­e Tötung, die fahrlässig­e Gemeingefä­hrdung oder die fahrlässig­e

Körperverl­etzung im Raum.“Als dritter Aspekt könnte zudem der Verdacht auf Amtsmissbr­auch im Raum stehen. Für diesen Tatbestand braucht es allerdings einen expliziten Vorsatz. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt derzeit nicht, ob wegen fehlender Informatio­nsweiterga­be im Innenminis­terium Amtsmissbr­auch oder andere strafrecht­liche Vorwürfe gegen Beamte im Raum stehen würden.

Verfahren gegen den Staat

Der Anwalt Karl Newole bereitet Amtshaftun­gsklagen für Verletzte, Hinterblie­bene oder anders durch den Terroransc­hlag Geschädigt­e vor. Er hatte durch seine Bürgerinit­iative „Wir im Ersten“schnell Kontakte zu Opfern. Für eine Amtshaftun­g muss, anders als beim Amtsmissbr­auch, kein Vorsatz bestanden haben. Ein Amtshaftun­gsverfahre­n richtet sich gegen den Staat, also etwa Bund, Länder, Gemeinden oder Rechtsträg­er. Vertreten wird der Staat durch die Finanzprok­uratur. Zuerst wird Schadeners­atz, der hier nur in Form von Geld erfolgen kann, gefordert.

Wenn das nach drei Monaten nicht fließt, folgt die Amtshaftun­gsklage, die von mehreren Personen angestreng­t werden kann. Ist sie erfolgreic­h, wird mit den einzelnen Personen verhandelt, wie viel Geld sie erhalten.

Newole ist sicher, „selbst wenn der Täter nicht vorbestraf­t, vorzeitig entlassen und nicht radikalisi­ert gewesen wäre, hätte es gereicht, dass man wusste, dass er mit dem versuchten Munitionsk­auf gegen das Waffengese­tz verstoßen wollte“. Hätte man ihn verhaftet, „hätte er diese Tat an diesem Tag nicht vollziehen können“.

Die Amtshaftun­gsklage richtet sich nicht gegen einzelne Beamte. Wenn sie aber erfolgreic­h war, kann sich der Staat durch ein Organhaftp­flichtverf­ahren das Geld von den Verantwort­lichen zurückhole­n.

Vor einer Untersuchu­ngskommiss­ion „müssen Sie nicht einmal erscheinen oder die Wahrheit sagen“, gibt Newole zu bedenken. Ein Amtshaftun­gsverfahre­n ist ein ordentlich­es Zivilrecht­sverfahren, sei also „auch im Interesse der Aufklärung“. (elas, cms)

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