Die Opfer
Es ist ein Video, das einen verfolgt. Ein junger Mann steht in der Seitenstettengasse vor einem Lokal, man sieht, wie er erschrickt, sich an die Mauer drückt, da kommt schon ein Feuerstoß aus einem Sturmgewehr, der junge Mann fällt in sich zusammen. Der Attentäter läuft an ihm vorbei, ist aus dem Bild, aber Sekunden später kehrt er zurück, beugt sich über den Gefallenen, tötet ihn endgültig mit einer Pistole.
Der junge Mann war nordmazedonisch-albanischer Abstammung. Ein Muslim. Genauso wie sein Mörder. Ein Hobbyfußballer, laut Freunden ein netter, lustiger Typ. Opfer und Täter hatten den gleichen Hintergrund, aber waren himmelweit auseinander – der eine wollte ein gutes Leben führen, der andere, der sich in eine finstere, freudlose Hassideologie verbohrt hatte, wollte ihn dafür bestrafen. Ohne etwas von ihm zu wissen, einfach weil er da war.
Die Opfer des Anschlags sind jetzt in Umrissen bekannt. Der junge Hobbyfußballer; eine junge Deutsche, die kellnerte, um ihr Studium an der Angewandten zu finanzieren; eine Mittvierzigerin, Angestellte eines Tech-Konzerns, und ein Österreicher chinesischer Abstammung, der sich am Schwedenplatz bei einem Fastfoodlokal aufhielt.
Unterschiedliche Leben, unterschiedliche Schicksale, zusammengeführt durch die Unterschiedslosigkeit eines mörderischen Fanatikers: Sie waren für ihn lebensunwerte „Ungläubige“. Wie wir alle.