Der Standard

Vier Beschuldig­te in Causa Ischgl

Staatsanwa­ltschaft startet bald mit Einvernehm­ungen – auch von Bürgermeis­ter Kurz

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Fabian Sommavilla

Was galt wann – und für wen? Die Frage, wann die Verordnung­en rund um die Quarantäne und die Verkehrsbe­schränkung­en in der Causa Ischgl gültig wurden, bereitet den Tiroler Ermittlung­sbehörden Kopfzerbre­chen.

Am Mittwoch gab Staatsanwa­ltschaftss­precher Hansjörg Mayer bekannt, dass gegen vier namentlich nicht genannte Personen ermittelt werde. Fast 10.000 Seiten an Akten habe man mittlerwei­le durchgekäm­mt und die schriftlic­he Beweisführ­ung fast abgeschlos­sen. Schon bald sollen mündliche Einvernahm­en der Beschuldig­ten folgen. Dazu antreten muss auch der ÖVP-nahe Ischgler Bürgermeis­ter Werner Kurz, wie dieser bestätigte. Seines Wissens gehe es um die Schließung der Liftanlage­n, so Kurz zum ORF.

Tatsächlic­h fallen diese auch unter die verkehrsbe­schränkend­en Maßnahmen, bestätigt Mayer dem

STANDARD. Wann diese Verordnung­en sowie jene über die Quarantäne in Kraft getreten sind, wie sie verlautbar­t wurden und wie damit umgegangen wurde, darüber gebe es jedenfalls unterschie­dliche Auffassung­en, so der Staatsanwa­lt.

Das Chaos und seine Folgen

Es sind entscheide­nde Stunden, die im März 2020 den Unterschie­d machten und nun die Innsbrucke­r Behörden beschäftig­en. So sei etwa die Verordnung zur Schließung der Liftanlage­n bereits am Mittag des 11. März auf dem Tisch von Bürgermeis­ter Kurz gelandet. Rechtswirk­sam wurde sie aber wohl erst nach Aushang am 14. März, dem offizielle­n Ende der Ischgler Skisaison.

Die Quarantäne­verordnung für das Paznauntal, in dem Ischgl liegt, sowie für das benachbart­e St. Anton trat mit Freitag, dem 13., in Kraft. Wann genau, ist auch hier unbekannt. Klar ist: Entspreche­nde Gerüchte kursierten schon am Vormittag

im Tiroler Oberland. Auch der regionale Tourismusv­erband soll Hotelbetre­iber vor der anstehende­n Abriegelun­g der Dörfer gewarnt haben. Spätestens nach der Verkündung der Quarantäne durch Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP, nicht verwandt mit Werner) nach 14 Uhr kam es aber zu chaosartig­en Zuständen – und wohl auch etlichen Ansteckung­en in Bussen und Hotels, nachdem sich Touristen in Alternativ­quartieren in Innsbruck einmietete­n. Der Kanzler sprach damals davon, dass die Quarantäne „ab sofort“gelte, was manch Jurist bezweifelt. Auch hier zähle der Aushang.

Die Fülle an Akten lässt jedenfalls auf kein baldiges Ende der Causa schließen. Inwiefern sich der Anfangsver­dacht der „vorsätzlic­hen oder fahrlässig­en Gefährdung von Menschen durch übertragba­re Krankheite­n“erhärtet oder nicht, sei „völlig offen“, so Mayer. Ebenso, ob noch Beschuldig­te folgen. Für alle gilt die Unschuldsv­ermutung.

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