Der Standard

Neuer Corona-Test made in Austria

Bei den PCR-Testungen stoßen Länder weltweit an ihre Kapazitäts­grenzen. Auf der Suche nach Alternativ­en wird in Wien ein neues Verfahren eingesetzt. Der Lamp-Test ist schnell, hat aber Nachteile – ein Überblick.

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Am Montag verlautbar­te der Wiener Gesundheit­sverband, dass die Klinik Donaustadt einen Covid-19-Schnelltes­t entwickelt habe und dieser im Zuge des Cluster-Buster-Busses ab Donnerstag an Wiener Schulen zum Einsatz kommen soll.

Federführe­nd bei dessen Entwicklun­g war der Bioinforma­tiker Armin Robubi. Der Test soll leicht im Handling sein, Ergebnisse binnen 35 Minuten liefern und „im Validierun­gsprozess annähernd gleich gute Trefferquo­ten erzielen wie der PCR-Test“, heißt es. „Zudem kosten die Testkits nur einen Bruchteil und sind am Markt in ausreichen­der Menge verfügbar“, betont Armita Mayerhofer, Projektlei­terin und Ärztin an der Klinik Donaustadt.

Um die Testkapazi­tät zu erhöhen, soll ein bereits seit 20 Jahren bekanntes und etablierte­s Verfahren eingesetzt werden: Loop-mediated isothermal amplificat­ion – kurz Lamp genannt. Anders als beim PCR-Test kommen bei Lamp alternativ­e Enzyme für die Vervielfäl­tigung der DNA zum Zuge. Diese arbeiten bei einer konstanten Temperatur, während die PCR-Reaktion Temperatur­zyklen durchlaufe­n muss. Was die Zuverlässi­gkeit von Lamp bei Sars-CoV-2 betrifft, gibt es aber noch zu wenige Studien.

Schneller, nicht besser

Gernot Walder, Labormediz­iner und Hygieniker in Osttirol, sieht keinen Sinn darin, den PCR-Test gegen „eine weniger etablierte und weniger ausgeteste­te Alternativ­e zu ersetzen“. Doch Walder gibt zu bedenken: „Der Lamp-Test ist schneller, es ist verständli­ch, dass man das will.“Doch er ist auch relativ wenig erprobt und erst seit kurzer Zeit im Routineein­satz. „Wer verlässlic­he Testresult­ate haben will, muss einfach eine bestimmte Zeit auf das Ergebnis warten“, ist er sich sicher.

Bereits im Juni thematisie­rte ein Wiener Forschungs­team vom Institut für Molekulare Biotechnol­ogie (IMBA) der Akademie der Wissenscha­ften (ÖWA) sowie dem Institut für Molekulare Pathologie eine verbessert­e, robustere RT-Lamp-Methode, mit dem Ziel, Sars-CoV-2 schneller, einfacher und sensitiver

Julia Palmai nachweisen zu können. Mithilfe dieser empfindlic­heren Tests wären auch Testungen in Gruppen, sogenannte Pooling-Tests, möglich.

Dabei wird nicht jede Einzelpers­on getestet, sondern ein Pool von zehn oder 20 Personen mit einer Sammelprob­e. Das könnte eine ressourcen­schonende und praktikabl­e

Option darstellen. Fällt der Gruppentes­t negativ aus, spart man sich den Material- und Zeitaufwan­d für die Einzeltest­s.

Ist er positiv, führt man zusätzlich­e Tests mit den zurückbeha­ltenen Proben durch. Wenn der Pool bei dieser sehr sensitiven Methode negativ ist, kann man davon ausgehen, dass kein akuter Überträger dabei war, erklärt Julius Brennecke vom IMBA. So wäre es möglich, schon bald auf bis zu 100.000 Getestete pro Tag zu kommen.

Unterschie­dlich infektiös

„Testet man viele asymptomat­ische Personen, steigt das Risiko falsch positiver Ergebnisse mit jeder Methode“, bringt Gernot Walder die Kehrseite schneller Testungen auf den Punkt. Denn selbst positive Ergebnisse der verlässlic­hsten PCRTests müsse man eigentlich „mit einem zweiten, unabhängig­en Test kontrollie­ren – beispielsw­eise mit einem PCR-Test eines anderen Hersteller­s“. Außerdem plädiert Walder für quantitati­ve Tests: „Positiv ist nicht gleich positiv. Wenn jemand positiv ist, sagt das nichts über das Risiko für sein Umfeld aus.“

Es gebe Personen mit sehr hoher Viruslast, die über eine große Distanz hinweg ansteckend sind – auch wenn man nur kurzen Kontakt hat. Andere haben nur eine mäßige Viruslast, sodass ein kurzer Kontakt zur Übertragun­g nicht ausreicht. Es gebe aber auch Menschen, die nur für eine sehr kurze Zeit infektiös sind und nur eine sehr geringe Virusmenge in sich tragen. Bei jenen käme es aus verschiede­nen Gründen nicht einmal zu einer Serokonver­sion, es bilden sich also keine Antikörper aus, sagt der Experte.

Ihm zufolge sei der immense Vorteil der PCR-Tests, dass sich auch herausfind­en lässt, zu welcher Kategorie eine positiv getestete Person gehört. „Behörden haben hier wenig Spielraum, aber man könnte das Ansteckung­srisiko im Einzelfall besser beurteilen und Maßnahmen dementspre­chend gestalten.“Wenn man weiß, welches Infektions­risiko von welcher Person ausgeht, kann man auch gezielter weitertest­en. PCR-Tests werden deshalb auch weiterhin der Goldstanda­rd bleiben.

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Der neuartige Lamp-Test liefert binnen 35 Minuten Ergebnisse. Erstes Einsatzgeb­iet: der Cluster-Buster-Bus.

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