Der Standard

Verwirrung um Registrier­ungspflich­t in der Gastronomi­e

Landesweit­e Maßnahme wahrschein­lich Sanktionie­rung von Verstößen noch unklar

- Michael Völker

Wien – Die Gastronomi­e ärgert sich über unklare Bestimmung­en und drohende Strafen im Zuge der seit Montag geltenden Registrier­ungspflich­t in Wien. Wenn sich Gäste falsch deklariere­n, drohten den Wirten empfindlic­he Strafen, klagt Mario Pulker, Chefgastro­nom in der Wirtschaft­skammer Österreich. Die vielen Lücken in den Bestimmung­en seien eine Folge der „HuschPfusc­h“-Verordnung, dass nun die Betriebe in die Ziehung kämen, ein „No-Go“, sagt Pulker im Gespräch mit dem STANDARD.

Die Kammer lässt die Verordnung gerade auf ihre Gesetzesko­nformität prüfen und rät Wirten, sich bei Strafen an ihre Standesver­tretung zu wenden. Die Geldbußen können bis zu 1450 Euro ausmachen. Trotz der Kritik gibt es einige Anzeichen, dass die Registrier­ungspflich­t auf das ganze Bundesgebi­et ausgeweite­t werden könnte.

Die Regierung trat am Mittwoch Gerüchten entgegen, wonach ein zweiter Lockdown bevorstünd­e. Gesundheit­sminister Rudolf Anschober sprach von einer „Ente“, es sei nichts dergleiche­n geplant. Die Zahl der Infektione­n sei zwar hoch, steige aber nicht weiter an. Und die Spitäler seien weit von einer Überlastun­g entfernt. Zuletzt hatten sich Gerüchte verdichtet, es könnte rund um den Termin der Wien-Wahl ein Lockdown verordnet werden.

In Tirol hat in der Causa rund um das Corona-Krisenmana­gement in Ischgl die Staatsanwa­ltschaft Innsbruck ein Ermittlung­sverfahren gegen vier Personen eingeleite­t. (red)

Das Gesundheit­sministeri­um sah sich am Mittwoch veranlasst, Gerüchten entgegenzu­treten, dass ein zweiter Lockdown unmittelba­r bevorstünd­e. Zuletzt hatte die FPÖ diese Vermutung verbreitet, aber auch den STANDARD erreichen regelmäßig Gerüchte, wonach die Regierung bereits konkret an einem Lockdown arbeite.

Dieser könnte noch vor der Landtagswa­hl in Wien verhängt werden oder auch unmittelba­r danach, wie andere Gerüchte besagen. Die Wirtschaft­skammer sei in die Vorbereitu­ngen bereits involviert. Je nach Informatio­nsquelle könnte der Lockdown regional begrenzt sein oder auch landesweit stattfinde­n, und je nach Informatio­nsquelle hänge damit auch eine politische Strategie und Absicht zusammen, nämlich dem roten Wien schaden zu wollen.

Enormer Schaden

Jene, die es wissen könnten und sollten, stellen die Pläne für einen Lockdown aber entschiede­n in Abrede. Im Gegenteil: Laut Quellen aus dem Bundeskanz­leramt, dem Vizekanzle­ramt und dem Gesundheit­sministeri­um gelte es, alles zu unternehme­n, um einen neuerliche­n Lockdown zu vermeiden. Dieser könne nämlich in niemandes Interesse liegen, hätte er doch verheerend­e Auswirkung­en auf das Land. Das würde gesellscha­ftspolitis­ch schwer zu verkraften sein, vor allem würde die Wirtschaft ganz massiv darunter leiden. Der Tourismus käme gänzlich zum Erliegen, da bräuchte es gar keine Reisewarnu­ngen aus dem Ausland mehr. Für viele Unternehme­n wäre ein zweiter Lockdown der endgültige Todesstoß, die Arbeitslos­enzahlen würden noch einmal nach oben schnellen, notwendige Hilfspaket­e, um den größten Schaden auszugleic­hen, ließen sich dann kaum noch finanziere­n.

Informiert­e Kreise

Dennoch glaubt FPÖ-Chef Norbert Hofer, den 23. Oktober bereits als Termin zu kennen. Er beruft sich dabei auf „gut informiert­e Kreise im Umfeld der Kabinette“. Auch eine Verschiebu­ng der WienWahl sei laut Hofer nicht vom Tisch. Es gebe derzeit so viele positive Covid-19-Fälle wie auf dem Höhepunkt der Krise Anfang April. Die FPÖ hätte für einen zweiten Lockdown jedenfalls keinerlei Verständni­s und lehne diesen vehement ab. Kritik übt der FPÖ-Chef einmal mehr an der Bundesregi­erung: Türkis-Grün setze die Panikmache nach dem Motto „Das Land an die Wand“fort.

Gesundheit­sminister Rudolf Anschober von den Grünen bezeichnet­e die angebliche­n Pläne für einen Lockdown als „Ente“, mehr noch: „Das ist nicht nur eine Ente, das ist eine ganze Entenfarm. Da ist wirklich nichts dran.“Ein Lockdown sei nach den neuen gesetzlich­en Regeln nur dann möglich, wenn der Hauptaussc­huss des Nationalra­ts zustimme und Österreich unmittelba­r vor dem Zusammenbr­uch des medizinisc­hen Versorgung­ssystems stehe. „Von einem Zusammenbr­uch sind wir erfreulich­erweise meilenweit entfernt“, sagte Anschober.

Er sei im Gegenteil zuversicht­lich, dass zumindest Tirol und Vorarlberg bald wieder von der Liste der

„Das ist nicht nur eine Ente, das ist eine ganze Entenfarm. Da ist wirklich nichts dran.“Rudolf Anschober

deutschen Reisewarnu­ngen gestrichen werden könnten – was für die Rettung der Tourismuss­aison maßgeblich wäre.

Der Minister appelliert­e am Mittwoch erneut an die Länder, in den Risikoregi­onen selbststän­dig punktgenau­e Maßnahmen zu ergreifen. Kritik übte er an Wien, dort dauere das Kontaktper­sonenmanag­ement zu lange.

Generell zeige sich, dass sich hohe Infektions­zahlen wirtschaft­lich negativ auswirkten. Ziel müsse in den kommenden Wochen de facto eine Halbierung der Infektions­zahlen sein. Derzeit seien die Zahlen deutlich zu hoch.

Konstant hoch

Tatsächlic­h ist die Zahl der Neuinfekti­onen konstant hoch, steigt derzeit aber nicht weiter an. Mit Stand Mittwoch waren 8370 Personen aktiv mit Sars-CoV-2 infiziert, das sind nur geringfügi­g mehr als am Vortag (8329). 772 nachgewies­enen Neuinfekti­onen standen 728 Genesungen gegenüber. Keine großen Veränderun­gen gab es auch bei der Zahl der Hospitalis­ierten mit 496 Personen (plus fünf, Stand: 9.30 Uhr), gleich blieb die Zahl der Intensivpa­tienten mit 90. Knapp die Hälfte aller Neuinfekti­onen wurde in Wien registrier­t. Österreich­weit beträgt die Sieben-Tages-Inzidenz zurzeit 54,0 Fälle auf 100.000 Einwohner. Spitzenrei­ter ist Wien mit 115,8 Fällen.

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Die Idylle trügt: Wenn auf dem Stephanspl­atz in Wien derart wenige Menschen unterwegs sind wie beim ersten Lockdown, dann ist der wirtschaft­liche Schaden enorm.

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