Der Standard

Umgang mit Denkmälern

Eine Initiative fordert die Politik auf, ein Zeichen gegen Antisemiti­smus zu setzen

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Historisch belastete Denkmäler wegreißen oder stehenlass­en? Ein Künstler plädiert für einen dritten Weg: die Bearbeitun­g.

Wien – Das Karl-Lueger-Denkmal sowie der nach dem ehemaligen Wiener Bürgermeis­ter benannte Platz am Stubenring soll umgestalte­t werden. Das fordert eine Initiative, die von Benjamin Kaufmann, Vorstandsm­itglied der Internatio­nale Liga gegen Rassismus und Antisemiti­smus, sowie der Philosophi­n und Professori­n an der Akademie der bildenden Künste, Ruth Sonderegge­r, initiiert wurde. Etwa 40 Persönlich­keiten aus der Kulturszen­e unterstütz­en die Aktion, darunter Gerald Bast, Friederike Mayröcker, Stella Rollig und Martin Kušej.

Es ist eine altbekannt­e Diskussion: Bereits 2010 sollte die Statue des offenen Antisemite­n in ein „Mahnmal gegen Antisemiti­smus und Rassismus” umgestalte­t werden. Mehr als 200 Künstler, Studierend­e und Expertinne­n beteiligte­n sich damals an der Suche nach einer kreativen Lösung zur historisch­en Kontextual­isierung. Der Vorschlag, das Denkmal um 3,5 Grad zu kippen und es so in eine Schieflage zu bringen, setzte sich durch.

Viel geschah aber nicht. Zwar wurde der Dr.-Karl-Lueger-Ring 2012 in Universitä­tsring umbenannt, bei Platz und Statue spielte die Stadt nicht mit, die Sache verlief im Sand.

Heute, zehn Jahre später, ist die Debatte aktueller denn je, der Sockel der Statue ist Zeuge davon: „Schande“brüllen feuerrote Buchstaben in die Welt. So kurz vor den Wien-Wahlen stößt die Initiative die Idee der Neukonzept­ion bewusst noch einmal an. Dabei lässt sie aber alle Möglichkei­ten offen: Von einem kleinen Eingriff, einer künstleris­chen Interventi­on bis zu einem radikalen Abriss oder einer Verlegung in ein Museum sei alles möglich.

Es gehe um einen dezidierte­n Aufruf zur Veränderun­g, erklärt Kaufmann. Jegliche Ehrung von Lueger soll damit unmissvers­tändlich verhindert werden. Jetzt läge es an der Regierung, ein Zeichen gegen Antisemiti­smus zu setzen.

Wie deutlich Lueger diese Haltung öffentlich äußerte, macht eine Rede von 1899 klar. Darin ging es ihm, „vor allem um die Befreiung des christlich­en Volkes aus der Vorherrsch­aft des Judentums.“(kr)

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Foto: APA / Roland Schlager Sichtbarer Protest am Karl-Lueger-Denkmal.

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