Der Standard

Maske tragen ist zumutbar

Der Mund-Nasen- Schutz schafft Bewusstsei­n und fordert Abstand ein

- Bernadette Redl

Im Laufe dieser Pandemie haben sich viele Meinungen gedreht. Ein wunderbare­s Beispiel dafür ist die Maske. Erst rieten WHO und RobertKoch-Institut (RKI) vom Mund-NasenSchut­z für Gesunde ab, dann empfahlen sie ihn. Auch Experten hierzuland­e revidierte­n ihre Einschätzu­ngen.

Nach Zunahme der Corona-Neuinfekti­onen übers Wochenende wird derzeit diskutiert, ob die Maskenpfli­cht womöglich zu früh gefallen ist. Viele Experten glauben – ja. Anfangs war ihre Befürchtun­g, dass die Menschen sich durch das Tragen von Masken in falscher Sicherheit wiegen, weniger Abstand halten und dadurch die Infektions­zahlen steigen. Das hat sich nicht bewahrheit­et. Noch ist unklar, welche Maßnahmen genau zum Rückgang geführt haben, die Masken haben aber sicher nicht geschadet.

Die Schutzwirk­ung von MundNasen-Schutz wird nach wie vor nur vermutet und ist nicht wissenscha­ftlich belegt, es gibt aber auch noch einen anderen Effekt: Die Maske ist ein Zeichen. Sie ist nicht nur das Symbol dieser Pandemie, sie ist auch eine Art Warnschild, das jeder vor sich her trägt, der sie nutzt. Sie symbolisie­rt, wie auch schon früher auf Bildern aus Asien, dass etwas nicht in Ordnung ist. Wer Maske trägt, so dachten wir vor Corona, der ist krank oder besonders anfällig. Auch wenn heute Gesunde Masken tragen, die Botschaft bleibt gleich: lieber Abstand halten. Genau um diesen Effekt geht es.

In Österreich ist die bundesweit­e Maskenpfli­cht gefallen. Obwohl auch jetzt, im Supermarkt, Restaurant oder in kleinen Geschäften, der Mindestabs­tand nicht immer eingehalte­n werden kann. Wer genau beobachtet, dem fällt auf: Mit den Masken ist auch die Vorsicht verschwund­en. Genau deshalb sollten wir in Innenräume­n weiter Mund-Nasen-Schutz tragen, wenn Abstand halten nicht möglich ist. umal es zumutbar ist und nicht wehtut – was macht es schon, wenn wir beim Einkauf im Supermarkt eine halbe Stunde eine Maske anziehen? Statt Geschäfte und Restaurant­s zu schließen und Ausgangssp­erren zu verhängen, ist Maskentrag­en eine Kleinigkei­t. Diese Maßnahme macht es möglich, dass wir in vielen Bereichen zu einem Leben, wie wir es vor der Krise kannten, zurückkehr­en, uns trotzdem vor dem Virus schützen und damit vielleicht sogar

Zverhinder­n, dass im Herbst die Infektions­zahlen wieder steigen.

Vor allem viele Ärzte verstehen nicht – und zwar zu Recht –, wieso Kellner und Verkäufer nun keine Masken mehr tragen müssen. Sie selbst tun es schon immer – zum Schutz der Patienten, nicht zu ihrem eigenen. Sie wissen, was viele Menschen in ihrer Angst vor dem Virus vergessen: Die Maske schützt nicht den Träger, sondern sein Umfeld – da durch die Barriere weniger Tröpfchen in die Umgebung geschleude­rt werden. Weil viele infiziert sind, ohne es zu wissen, sind letztendli­ch auch WHO und RKI umgeschwen­kt. Allerdings wirkt diese Strategie nur, wenn alle Maske tragen.

Ein Szenario, von dem wir in Österreich derzeit weit entfernt sind. Denn kaum einer trägt einen Mund-NasenSchut­z, und wer es tut, wird schief angeschaut und ins Eck der besonders Ängstliche­n gestellt – schließlic­h ist es nicht mehr Pflicht. Kann es sein, dass die Österreich­er sich immer nur an das halten, was ihnen vorgeschri­eben wird? Es liegt an jedem selbst, zu bestimmen, wie es weitergeht. Fakt ist: Diese Pandemie ist noch nicht vorbei. Und am Ende ist die Maske vor allem eines: ein Zeichen der Solidaritä­t.

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